Lazio vs. FC Bayern: Gegen das formstarke Lazio zurück zur Topform?

23. Februar 2021 | Vorschauen | BY Victor Catalina

Vorschau | Am Dienstagabend greift mit dem FC Bayern auch der Titelverteidiger wieder ins Champions-League-Geschehen ein. Für die Münchner geht es ins Olimpico, zu Lazio. Die Römer hatten im Herbst zwar ein Formtief, haben sich davon inzwischen aber vollständig erholt – und sind bereit, den deutschen Rekordmeister herauszufordern.

Anpfiff der Partie ist am Dienstag, 21:00 Uhr, Live bei Sky

  • S.S. Lazio: Mit Rückenwind – und variablem Pressing
  • FC Bayern: Mit Willen und Charakter aus der Negativspirale
  • Rieker: FC Bayern Favorit, aber kein klarer

Vor dem Spiel haben wir uns mit Mario Rieker (Kommentator DAZN/Podcast #SERIEAMORE) unterhalten.

S.S. Lazio: Mit Rückenwind gegen den Titelverteidiger

Zum ersten Mal seit der Saison 1999/2000 steht Lazio wieder in der K.O.-Runde der Champions League. Damals unterlagen sie als späterer Doublesieger dem Finalisten Valencia im Mestalla 2:5. Der 1:0-Sieg im Olimpico war selbstredend zu wenig für den Einzug unter die besten Vier. Man sollte meinen, 21 Jahre später, würden alle rund um die Mannschaft Lazios Traumsaison nur noch vom Hörensagen kennen. Auf die Spieler selbst trifft das auch zu. Ihr Trainer aber, Simone Inzaghi (44), stand selbst auf dem Platz und erzielte den zwischenzeitlichen Anschlusstreffer zum 1:2 im Hinspiel. Ihr damaliger Trainer, Sven-Göran Eriksson (73), spricht trotz der klaren Niederlage von „der besten Vereinsmannschaft, die ich jemals trainiert habe“. Inzaghi, Alessandro Nesta, Sinisa Mihajlovic, Pavel Nedved, Diego Simeone, Roberto Mancini und Marcelo Salas gehörten unter anderem zu den Boliden, die Eriksson regelmäßig auf den Platz schickte – vornehmlich im 4-5-1.

Photo by Claudio Villa /Allsport

So verwundert es nicht, dass der ehemalige Stürmer und heutige Trainer der Laziali dieses System als Grundlage genommen – und auch einige der Profile beibehalten hat. Der heutige italienische Nationaltrainer Mancini war zu seiner aktiven Zeit ein hochbegabter Zehner und der kreative Kopf des Lazio-Spiels. Position und Trikotnummer gehören inzwischen Luis Alberto (28). Hinter ihm hatte er die beiden Argentinier Matías Almeyda und Diego Simeone als Absicherung. Die Rollen teilen sich heute Lucas Leiva (34) und Sergej Milinkovic-Savic (25). Generell hat sich am Fünf-Mann-Mittelfeld nur wenig geändert. Dafür spielt Inzaghis Lazio bevorzugt mit Dreierkette und zwei Spitzen im 3-5-2.

Rieker: „Lazio ist besser einzuschätzen, als der aktuelle Tabellenplatz“

Das hat letzte Saison besonders gut funktioniert. Zwischenzeitlich waren sie auf einen Punkt an Juventus dran, gewannen ihr Heimspiel gegen den italienischen Rekordmeister sowie die Supercoppa je 3:1. Gegen Ende der Spielzeit mussten sie allerdings Federn und Inter sowie Atalanta vorbeiziehen lassen. Letzten Endes Makulatur, denn den Scudetto kann nur einen Mannschaft bekommen, die restlichen drei qualifizieren sich für die Champions League. Die Gruppenphase hielt für sie mit Borussia Dortmund schon einen Bundesligisten bereit, gegen den sie zwar den direkten Vergleich gewannen (3:1, 1:1), aber trotzdem tabellarisch den Kürzeren zogen. Club Brügge und Zenit St. Petersburg komplettierten die Gruppe auf den Plätzen drei und vier. In der Serie A tat sich Lazio vor allem im Herbst schwer, lieferte eine Reihe von fragwürdigen Ergebnissen. Auch das jüngste Topspiel im San Siro bei Inter verlor man 1:3. Trotzdem warnt Mario Rieker davor, die Mannschaft zu unterschätzen.

„Die Niederlage gegen Inter sollte man definitiv nicht überwerten, Antonio Contes Truppe läuft gerade zur Hochform an und ist die aktuell stärkste Mannschaft in Italien. Lazio ist schleppend in die Saison gekommen, was auch mit ein paar Verletzungsproblemen zu tun hatte. Der Kader ist qualitativ nicht so breit, wie bei anderen Topteams und da hat sich, gerade während der Champions-League-Gruppenphase, die Belastung schon stark bemerkbar gemacht. Zum Start in 2021 folgten dann aber sechs Pflichtspiele ohne Niederlage, unter anderem der souveräne 3:0-Derbysieg gegen die Roma. Das Ausscheiden im Pokal-Viertelfinale gegen Atalanta wurde in der Liga gut gekontert und bis zum Topspiel gegen Inter waren es dann sogar sechs Serie-A-Siege in Serie. Also: Immobile und Co. sind durchaus besser einzuschätzen als der aktuelle Tabellenplatz.“

Gegen die Münchener wird sich Lazio, so Mario Rieker „auf Ihre Stärken konzentrieren: kompakt stehen, auf Konter lauern, ab und an mal plötzlich hoch anlaufen und auf Ballverluste im Spielaufbau der Bayern spekulieren und dann eiskalt zuschlagen“

Ciro Immobile – Lazios offensive Lebensversicherung

Ein wichtiger Faktor für Lazio wird Ciro Immobile (31) sein. Letzte Saison traf er 36 Mal in der Serie A und stellte damit nicht nur den Rekord von Gonzalo Higuaín (33) aus der Saison 2015/16 ein, sondern gewann auch den Golden Boot, knapp vor Robert Lewandowski (32/34 Saisontore). Er selbst sagte kürzlich in einem Interview mit der UEFA dazu: „Es war verrückt, ihn (Lewandowski, Anm. d. Red.) im Rennen um den Golden Boot zu besiegen. Große Spieler wie ihn und Cristiano Ronaldo (36) herauszufordern, hat mich sehr glücklich gemacht.“

(Photo by Paolo Bruno/Getty Images)

Nach eher erfolglosen Stationen beim BVB und in Sevilla, hat Simone Inzaghi ihn über die Jahre wieder in Topform gebracht: „Er passt einfach perfekt in das angesprochene Spiel Inzaghis. Er ist unheimlich schnell, alle kennen seine Laufwege und er sucht sofort den Abschluss. Zudem benötigt er sehr viel weniger Abschlüsse als zum Beispiel Cristiano Ronaldo oder andere Angreifer der Serie A, um dann auch zum Torerfolg zu kommen“, so Mario Rieker über die Stärken von Lazios Nummer 17. Sie hatten in der bisherigen Saison ihre Schwierigkeiten, doch nun, mit Platz fünf in der Serie A und der Chance auf eine erneute Qualifikation für die Königsklasse, ist die Mannschaft von Simone Inzaghi bereit für die K.O.-Runde – und will es vor allem besser machen als noch vor 21 Jahren.

FC Bayern München: Raus aus der Negativspirale

Der Rekordmeister entwickelt sich immer mehr zum Sorgenkind. Zwar konnte man das Pokalaus in Kiel (7:8 n.E.) mit sieben Pflichtspielsiegen am Stück sowie dem Gewinn der FIFA Klub-WM kontern. Doch in den jüngsten beiden Partien fiel die Mannschaft von Hansi Flick (55) wieder in alte Muster zurück. Gegen Bielefeld (3:3) wie auch in Frankfurt (1:2) leistete man sich jeweils eine äußerst passive erste Halbzeit und lag verdient 0:2 zurück. Anstatt nach der Pause um den Sieg zu spielen, befand man sich zweimal im Aufholmodus. Als unerwünschten Nebeneffekt verspielte man binnen weniger als einer Woche fünf Punkte Vorsprung auf RB Leipzig.

(Photo by DANIEL ROLAND/POOL/AFP via Getty Images)

31 Gegentore kassierten die Münchener in bislang 22 Bundesligaspielen. Zum Vergleich: Nach der kompletten letzten Saison standen deren 32 zu Buche. Sollte sich der FC Bayern defensiv nicht verbessern, stünde er mit dieser Quote am Ende der Spielzeit bei 48 Gegentoren. Das wäre der mit Abstand höchste Wert in diesem Jahrtausend. Aber nicht nur die Auftritte auf dem Platz machen Sorgen sondern vor allem auch die Personalsituation. Neben den Verletzungen, die während einer Saison unvermeidlich sind, hat COVID-19 nun auch die Säbener Straße für sich entdeckt. Leon Goretzka (26), Javi Martínez (32), Thomas Müller (31) und auch Benjamin Pavard (24) wurden in den letzten Wochen allesamt positiv getestet, wobei die beiden Erstgenannten wieder voll erholt im Spieltagskader stehen. Laut Informationen der Bild würde allerdings schon ein weiterer Fall reichen, um das Gesundheitsamt München über eine Gruppenquarantäne nachdenken zu lassen.

Deshalb hat der Verein sein Hygienekonzept nochmal erweitert. Die Spieler dürfen beispielsweise nicht mehr Einkaufen gehen, auch nicht mit Maske. Zudem gibt es tägliche Tests, an manchen Tagen sogar deren zwei. Medien- und Sponsorenaktivitäten wurden vorerst auf Eis gelegt. Zudem wurde es den Spielern untersagt, sich mit Außenstehenden zu treffen, auch hier, selbst mit Maske nicht.

FC Bayern: Zwei zweite Halbzeiten für die Mission Titelverteidigung

Nachdem mit dem Pokalaus die Tripleverteidigung weiterhin ein süßer Traum bleibt, will der FC Bayern alles daran setzen, wieder in Topform zu kommen und die beiden verbleibenden Titel, Bundesliga und Champions League, zu holen. Vor allem in der Königsklasse lieferten die Münchener in der Vorsaison mustergültig ab. Elf Spiele, elf Siege, 43:8 Tore. Ersteres ist Höchstwert für einen Titelgewinner. Deshalb hat Hansi Flick für Dienstagabend „absolutes Urvertrauen in die Mannschaft. Es ist ein besonderes Spiel für uns. Da erwarte ich, dass die Mannschaft besonders motiviert ist.“ So sehr sie in den vergangenen Wochen dazu neigten, zu unterperformen, so kann man ihnen den Willen und Charakter keineswegs absprechen.

In einer Phase, in der sie vor Weihnachten achtmal hintereinander in Rückstand gerieten, verloren sie keines dieser Spiele. Gegen Bielefeld steckten sie den Nackenschlag des schnellen 1:3 weg und holten immerhin noch einen Punkt. Auch in Frankfurt lieferten sie eine äußerst aggressive zweite Halbzeit, sodass aus einer hochverdienten zumindest noch eine unglückliche Niederlage wurde. Wenn die Mission Titelverteidigung weitergehen soll, dann darf es für die Münchener am Dienstagabend keine erste, sondern zwei zweite Halbzeiten geben.

Prognose von Mario Rieker:

Die Bayern kommen für Lazio auf jeden Fall zu einem sehr guten Zeitpunkt. Die Römer haben Selbstvertrauen und der deutsche Rekordmeister ist verwundbar, auch wenn sich in zwei Spielen vermutlich trotzdem Hansi Flicks Mannschaft durchsetzen wird. Aber so klar wie einige Medien dieses Duell sehen, mit Bayern als haushohem Favorit, ist es für mich persönlich ganz sicher nicht.  

 

 

Mögliche Aufstellungen:

S.S. Lazio: Reina – Patric, Acerbi, Musacchio – Lucas Leiva – Lazzari, S. Milinkovic-Savic, Luis Alberto, Marusic – Correa, Immobile

FC Bayern München: Neuer – Süle, Boateng, L. Hernández, Davies – Kimmich, Alaba – L. Sané, Goretzka, Coman – Lewandowski

(Photo by DANIEL ROLAND/POOL/AFP via Getty Images)

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Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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