Gladbach vs. Manchester City: Wird die Borussia in der Champions League wieder zum Favoritenschreck?

24. Februar 2021 | Vorschauen | BY Victor Catalina

Vorschau | Am Mittwochabend will Borussia Mönchengladbach die Sorgen des Bundesligaalltags für einen Moment hinter sich lassen und versuchen, in der Champions League mit Manchester City dem nächsten Favoriten ein Bein zu stellen. Doch die sind in Topform – und auf dem Weg, einen Weltrekord aufzustellen.

Anpfiff der Partie ist am Mittwoch, 21:00 Uhr, Live auf DAZN (Registriere dich jetzt auf DAZN und erhalte einen Gratismonat).

  • Borussia Mönchengladbach: Mit „einer Menge Leidenschaft, Mut aber auch Leidensfähigkeit“ ins Duell gegen den haushohen Favoriten
  • Manchester City: Perfektion durch Gelassenheit
  • Phil Bonney: Champions-League-Titel für City „nur eine Frage der Zeit“

Vor dem Spiel haben wir uns mit Phil Bonney (freiberuflicher Kommentator, meistens für den World Feed der Bundesliga tätig) unterhalten.

Borussia Mönchengladbach: Ablenkung Königsklasse – Ohne Druck den Favoriten ärgern

Eigentlich hätte das Jahr für Borussia Mönchengladbach kaum besser beginnen können. Trotz 0:2-Rückstands haben sie noch alle drei Punkte gegen den FC Bayern im Borussia-Park behalten. Und wenn man schon dabei ist, hat man mit dem 4:2  zwei Wochen später die seit 2015 andauernde Sieglosserie gegen den BVB mit elf verlorenen Bundesligaspielen am Stück auch noch beendet.

(Photo by THILO SCHMUELGEN/POOL/AFP via Getty Images)

Danach aber verflog der Zauber der Gladbacher. Gegen ebenfalls formschwache Unioner kam man an der alten Försterei nicht über ein 1:1 hinaus und verlor zudem sowohl das Derby mit 1:2, als auch am letzten Wochenende gegen Mainz mit demselben Ergebnis. Dazu kommt, dass Marco Rose (44) bekanntgab, zur kommenden Saison Borussia Dortmund zu trainieren. Für Phil Bonney ist das aber nur einer von vielen Faktoren, die zur jüngsten Gladbacher Formdelle geführt haben.

„Ich habe das Gefühl, dass Gerüchte – oder sogar der Fakt – dass Marco Rose geht, die Kabine getroffen und das Team demoralisiert und destabilisiert haben. Es war generell eine schwere Zeit für die Fohlen. Max Eberl (47) hat sich einen Monat freigenommen, was eine mediale Schwachstelle offenlegte. Der kommende Wunderspieler Marcus Thuram (23) hat eine lange Sperre und schlechte Presse für seinen unangenehmen Zwischenfall bekommen, was durch die Pandemie nur noch schlimmer wurde. In gewisser Hinsicht trug auch der Sieg gegen Dortmund zu dieser ungünstigen Situation bei, da sich dadurch die Gerüchte in der Presse nur weiter verstärkt haben. Dazu kommt die große Rotation von Marco Rose im Derby, die das Team aus dem Tritt gebracht hat und aus der Köln Kapital zu schlagen wusste. Alles in allem waren es schwere Wochen, aber ihre Form zuvor war beeindruckend.“

Borussia Mönchengladbach: Formdelle in der Bundesliga, Favoritenschreck in Europa

In der Champions League lief es hingegen bislang blendend. Obwohl Borussia Mönchengladbach mit Real Madrid, Shakhtar Donezk und Inter Mailand in eine der schwersten Gruppen gelost wurde, wussten sie zu überraschen. In den Hinspielen gegen Real und Inter holten sie jeweils ein 2:2, was für die großen Tanker des europäischen Fußballs letztendlich glücklicher war, als für die Gladbacher selbst. Shakhtar Donezk, eine Mannschaft, die in der Vorsaison im Halbfinale der Europa League stand, wurde über zwei Spiele locker 10:0 abgefertigt.

In der Crunchtime der Gruppenphase bekamen sie allerdings die Erfahrung und Cleverness eines europäischen Schwergewichts zu spüren. 2:3-Heimniederlage gegen Inter, 0:2 in Valdebebas gegen Real Madrid. Dafür war ihnen aber im entscheidenden Moment das Glück hold, das ihren Gegnern an den ersten beiden Spieltagen noch einen Punkt ermöglichte. Weit nach Abpfiff versammelte sich die Mannschaft an der Bank um ein Tablet und fieberte, dass Shakhtar in San Siro irgendwie das 0:0 hält – mit Erfolg. Gladbach wurde Gruppenzweiter und steht erstmals seit dem Finale 1977, einer 1:3-Niederlage gegen Liverpool, wieder in der K.O.-Runde der Königsklasse.

Marco Rose: Gegen Manchester City „mit einer Menge Leidenschaft, Mut aber auch Leidensfähigkeit“

Das sei „grundsätzlich eine große Sache für den Verein“, so Marco Rose auf der Pressekonferenz. Das Spiel gegen Manchester City wolle man „mit einer Menge Leidenschaft, Mut aber auch Leidensfähigkeit angehen. Wir werden versuchen, mit dem Ball immer wieder Akzente und Nadelstiche nach vorne zu setzen. Wenn meine Mannschaft morgen ihre ganze Power raushaut, ist sie absolut in der Lage dazu.“ Zu viel Druck will er seiner Mannschaft aber nicht machen: „Wenn man als Borussia Mönchengladbach ein Achtelfinale in der Champions League gegen Manchester City spielt, kann man in erster Linie nur gewinnen.“

(Photo by Marco Luzzani/Getty Images)

Dem schließt sich auch Phil Bonney an: „Ich glaube, zwar dass die Situation ihre Vorbereitung und und ihr Selbstbewusstsein vor dem Champions-League-Spiel ein wenig beeinflussen. Aber dadurch, dass sie sich erstmals in ihrer langen und edlen Geschichte für das Achtelfinale der Champions League qualifiziert haben (erstmals seit der Neugründung des Wettbewerbs 1992, Anm. d. Red.), glaube ich nicht, dass die Spieler speziellen Zuspruch brauchen. Sie werden komplett dazu bereit sein. Sie haben einen Kader, der eine Mannschaft wie Manchester City überraschen kann. Real Madrid weiß das zu bezeugen. Sie sind Profis und werden den Job bestmöglich erledigen. Wie gut, das werden wir am 24. sehen. Sie sind die Underdogs, das stimmt. Aber klischeemäßig wird sie das beflügeln, weil niemand erwartet, dass sie Man City wehtun.“

Verzichten müssen die Gladbacher auf Torben Müsel (21), „der sich noch im Reha-Training befindet, und auch Famana Quizera (18) ist noch nicht wieder ins Training eingestiegen. Ansonsten sind alle Jungs dabei und ich glaube auch, dass morgen alle Spieler frisch sein werden“, so Marco Rose.

Manchester City: Mit Einfachheit zur Perfektion

Man kann Aufgaben erledigen, sehr gut erledigen, perfekt erledigen – oder, wie Manchester City im Moment: „Pep-fekt“. Am 15. Dezember gab es für die Cityzens ein überraschendes 1:1 gegen West Brom – und seitdem 18 Pflichtspielsiege in Folge. Erst Ende September gewann der FC Bayern mit dem 2:1 gegen Sevilla nicht nur den UEFA Supercup, sondern auch sein 23. Pflichtspiel am Stück und stellte damit einen neuen Weltrekord auf. Eine Serie, die nur ein halbes Jahr später in massiver Gefahr ist.

Was auffällt, ist, dass City diesen Zustand erreicht hat, indem sie eben nicht mehr in jedem Spiel danach streben, den Sport neu zu erfinden. Oft wurde Pep Guardiola (50) vorgeworfen, er „zerdenke“ die Spiele zu sehr, scheitere weniger am Gegner auf dem Platz, als vielmehr an seinem eigenen Genius.  Das, was er auf der Pressekonferenz sagte, klang fast so, als wolle er es diesmal einfacher angehen: „Es ist ein Fußballspiel, 90 Minuten. Wir versuchen, ein gutes Spiel zu zeigen und werden dann an West Ham denken.“

Pep Guardiola und die Champions League – (K)Eine Liebesgeschichte?

Zweimal gewann Guardiola die Champions League mit dem FC Barcelona, 2009 und 2011. Seitdem waren – als Trainer des FC Bayern – entweder die ehemaligen Rivalen aus La Liga auf Revanche aus oder er scheiterte mit Manchester City auf groteskeste Art und Weise. 2017, in Guardiolas erstem Jahr, gab man gegen die AS Monaco im Achtelfinale ein 5:3 noch aus der Hand. Ein Jahr später wurden die Cityzens von Liverpool und Jürgen Klopp (53) im Viertelfinale komplett auf links gezogen (0:3, 1:2). 2019 lieferte man mit dem 4:3 gegen Tottenham wahrscheinlich eine der unterhaltsamsten und dramatischsten Partien der jüngeren Champions-League-Geschichte. Da man das Hinspiel allerdings 0:1 verlor, war erneut in der Runde der letzten acht Endstation. Genau wie auch vergangene Saison beim 1:3 gegen Lyon. „Wir waren jedes Mal nah dran, wir waren besser als Lyon“, so der Katalane auf der Pressekonferenz.

(Photo by MIGUEL A. LOPES/POOL/AFP via Getty Images)

Aber in den entscheidenden Momenten verpassten sie es, sich zu belohnen. Das soll diesmal anders laufen. Die Problemzone Defensive ist nach dem Abgang von Kapitän Vincent Kompany (34) dank Rúben Dias (23) eine ehemalige. Zusammen mit John Stones (26), der zwischenzeitlich überhaupt keine Zukunft in hellblau mehr hatte, bildet er das stabilste Innenverteidigerpärchen der Premier League. Links hat sich Oleksandr Zinchenko (24) inzwischen festgespielt. Und auch João Cancelo (26), der im August 2019 im Tausch mit Danilo (29) von Juventus kam, hat sich mittlerweile an die Insel gewöhnt und entfaltet volles Aroma.

Lesen Sie hierzu auch unsere Analyse zur neuen taktischen Ausrichtung Manchester Citys

Phil Bonney: Titel für Manchester City „nur eine Frage der Zeit“

Darüber hinaus verfügt City nicht nur über einen breiten Kader, sondern auch über eine sehr gute Altersstruktur. Zu Talenten im Alter von 19-24 Jahren, wie Eric García (20), Rúben Dias, Ferrán Torres (20), Phil Foden (20) oder Gabriel Jesus (23) kommen Spieler im besten Fußballeralter. Dazu gehören Stones, Cancelo, Ilkay Gündogan (30), Bernardo Silva (26), Kevin De Bruyne (29) und Raheem Sterling (26). Abgerundet wird das Ganze von den Klublegenden Fernandinho (35) und Sergio Agüero (32).  

 

 

 

„Mit der Unterstützung, den Ressourcen und den Spielern, die sie haben, ist es nur eine Frage der Zeit (bis Manchester City den Titel gewinnt, Anm. d. Red.). Ihr Trainer ist ein ausgewiesener Gewinner und seine Spieler sind es ebenfalls. Früher oder später wird ihre Zeit kommen“, so Phil Bonney. Auf ihre Zeit vorerst warten müssen Nathan Aké (26/Oberschenkelverletzung) und Philippe Sandler (24/Knie-OP). Ansonsten kann Pep Guardiola personell aus dem Vollen schöpfen.

Prognose von Phil Bonney:

Am Ende denke ich, dass sich das Geld und die individuelle Qualität durchsetzen. Aber ich glaube, dass Man City beide Spiele brauchen wird, um die Aufgabe endgültig zu erledigen. Wenn man mich zwingen würde, würde ich 3:1 für City sagen. Aber im Sinne eines spannenden Rückspiels hoffe ich, dass Gladbach wenigstens ein Unentschieden holt!  

 

 

Mögliche Aufstellungen:

Borussia Mönchengladbach: Sommer – Lainer, Ginter, Elvedi, Wendt – Kramer, Neuhaus – Hofmann, Stindl, Thuram – Pléa

Manchester City: Ederson – João Cancelo, Stones, Ruben Dias, Zinchenko – Rodrigo – Bernardo Silva, Gündogan – Sterling, De Bruyne, Foden

(Photo by Lars Baron/Getty Images)

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Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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