U21 EM | Der letzte Schritt zur Krönung – Deutschland vs. Spanien

30. Juni 2019 | Vorschau | BY Manuel Behlert

U21 EM | Deutschland und Spanien treffen am Sonntagabend um 20:45 Uhr im Endspiel der U21-Europameisterschaft aufeinander. Beide Mannschaften haben es verdient im Endspiel zu stehen, beide haben viel vor. Doch wie sind die Vorzeichen?

Ein präziseres Umschaltspiel

Nach einer guten Gruppenphase hat sich die DFB-Elf im Halbfinale gegen Rumänien mit 4:2 durchgesetzt. Gerade in der ersten Halbzeit hatte die deutsche Mannschaft aber Probleme mit dem aggressiven Anlaufen der Rumänen und den schnellen Angriffen, die sehr geradlinig zu Ende gespielt wurden. Der Rückstand zur Halbzeit war dementsprechend folgerichtig. Doch die deutsche Mannschaft zeichnet vor allem aus, dass sie nicht aufgibt und an ihre eigenen Stärken glaubt. Nach einer, wie Benjamin Henrichs sagte, sehr guten Halbzeitansprache arbeitete sich Deutschland sukzessive ins Spiel und erzielte die nötigen Treffer um ins Endspiel einzuziehen.

Doch dafür wird man gerade gegen Spanien mehr benötigen als nur eine gute Einstellung und eine gute Reaktion auf den Gegner. Vor allem die Umschaltmomente, die die Kuntz-Elf in der Gruppenphase auszeichneten, fehlten gegen Rumänien über weite Strecken, auch wenn das 1:0 durch Amiri so fiel. Häufig war der erste Pass unpräzise oder der Ball wurde viel zu lange gehalten. Das muss sich dringend ändern, die Chancen, die man gegen die Iberer bekommt, wird man deutlich besser nutzen müssen. Das wird Stefan Kuntz in der Vorbereitung auch ansprechen, denn wenn man sich der eigenen Stärken beraubt wird es nicht für die Titelverteidigung reichen.

Henrichs kehrt zurück – was ist mit Richter?

Personell wird es möglicherweise die ein oder andere Änderung geben. Benjamin Henrichs wird nach der Gelbsperre im Halbfinale für Mittelstädt in die Mannschaft rücken, der offensiv seine Qualitäten hat, aber defensiv in der ein oder anderen Situation wackelte. Zudem könnte Marco Richter für den im Halbfinale blassen Öztunali in die Mannschaft rücken, sofern er wieder bei 100 % ist. Das Mittelfeld wirkte gegen Rumänien gerade in der 1. Halbzeit phasenweise lethargisch, allerdings hat sich die Besetzung aus Neuhaus, Eggestein und Dahoud als sehr gut ausbalanciert erwiesen und sollte neben der läuferischen Qualität auch die nötigen spielerischen Fähigkeiten mitbringen um Spanien Paroli bieten zu können.

(Photo by Alessandro Sabattini/Getty Images )

Ein weiterer Faktor ist die Innenverteidigung aus Tah und Baumgartl. Gerade der Stuttgarter offenbarte gegen die Rumänen Probleme im Stellungsspiel, verursachte einen Elfmeter und wirkte phasenweise unsicher. Gegen die fluide Offensive der Spanier muss die DFB-Defensive sehr aufmerksam sein, gerade Oyarzabal, der zuletzt in der Sturmmitte spielte und sich immer wieder zurückfallen lässt, reißt viele Lücken. Insgesamt muss sich bei der deutschen Mannschaft einiges ändern, an Kleinigkeiten muss gearbeitet werden. Die mentale Komponente spricht aber ganz klar dafür, dass sich die Mannschaft auch gegen einen individuell starken Gegner behaupten kann. Weitere Faktoren für den Erfolg sind eine enorme Disziplin, mögliche Anpassungen von Stefan Kuntz und natürlich Faktoren wie Glück, die man nicht beeinflussen kann.

Spielfreude und Kontrolle

Die spanische Mannschaft hatte in der Gruppenphase teilweise noch Probleme, vor allem mit dem aggressiven Spiel, das die italienische Mannschaft an den Tag legte. Auch gegen Belgien brauchte man etwas um in das Spiel zu finden. Gegen Polen und im Halbfinale gegen Frankreich zeigte Spanien aber seine ganze Klasse. Mit Fornals und Olmo auf den Außenbahnen und dem oftmals ausweichenden Oyarzabal im Sturmzentrum wurde das Spiel der Spanier flexibler, die Mannschaft konnte sich mehr Torchancen erspielen und hatte mehr Ballbesitzmomente, die zielführend waren.

Aber nicht nur die Offensive blühte durch die Umstellung auf, auch die Mittelfeldbesetzung aus dem defensivstarken Marc Roca, der überdies noch über ein gutes Passspiel verfügt, dem dynamischen Fabian Ruiz, der Defensiv- und Offensivaufgaben erledigt und Dani Ceballos, der im Schaltzentrum als Denker und Lenker agiert und eine gewisse kreative Freiheit genießt, macht Spanien stärker. Die Iberer haben eine Besetzung gefunden, in der sie nicht nur dominanten Ballbesitzfußball spielen, sondern auch die Konter des Gegners gut vereidigen können. Und: Spanien nutzt selbst gerne auch einmal den ein oder anderen Umschaltmoment, um zu Torgefahr zu kommen.

Außenverteidiger im Blick, Mayoral als Edeljoker?

Ein weiterer wichtiger Faktor sind die anschiebenden Außenverteidiger. Aguirregabiria auf der rechten Seite ist ein sehr gut ausbalancierter Verteidiger, während Junior Firpo, der im Halbfinale links spielte und einen hervorragenden Job in der Offensive erledigte, ein sehr umtriebiger Antreiber ist, der immer wieder hinterlässt und in Lücken vorstößt. Auf ihn muss die DFB-Defensive, vor allem Lukas Klostermann auf der rechten Seite, besonders achten. Wichtig für die Spanier ist auch, dass man über Alternativlösungen verfügt, wenn „Plan A“ nicht den gewünschten Erfolg mit sich bringt. Und hier kommt Borja Mayoral ins Spiel.

(Photo by Giuseppe Bellini/Getty Images)

Zu Turnierstart, als Mayoral von Beginn an auflief, hinterließ er keinen besonders guten Eindruck. Als Joker, der für mehr Wucht sorgt, ist er hingegen eine hervorragende Option. Mayoral ist kein Kombinationsspieler, aber ein Angreifer, der schnell den Abschluss sucht, im Strafraum gegnerische Verteidiger binden kann. Gegen Frankreich kam Mayoral aufs Feld und traf prompt, einen ähnlichen Effekt erhofft man sich von ihm auch im Endspiel. Die großen Schwächen sucht man bei den Spaniern vergeblich. Die Hoffnung, dass diese Mannschaft möglicherweise zu verspielt ist, bewahrheitete sich bisher nicht. Lediglich die Defensive ist nicht immer sattelfest und nicht frei von Fehlern. Hier kann für Deutschland möglicherweise ein Ansatz zu finden sein.

Mögliche Aufstellungen:

Deutschland: Nübel – Klostermann, Tah, Baumgartl, Henrichs – Neuhaus, Eggestein, Dahoud – Richter (Öztunali), Amiri, Waldschmidt

Spanien: Sivera – Aguirregabiria, Vallejo, Jorge Mere, Junior Firpo – Roca, Fabian Ruiz, Ceballos, Fornals, Olmo – Oyarzabal

Manuel Behlert

(Photo by Alessandro Sabattini/Getty Images )

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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