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Saul Niguez: Spaniens Taktgeber bei der U21

12. Juni 2017 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Der Kader der spanischen U21-Auswahl ist nicht nur gespickt mit hochklassigen, vielversprechenden Talenten. Trainer Albert Celades hat außerdem einige absolute, international erfahrene Hochkaräter im Team, unter anderem Jose Gaya, Hector Bellerin, Inaki Williams oder Marco Asensio. Einer der wichtigsten Spieler im Kader der Spanier ist Saul Niguez von Atletico Madrid. Der vielseitig einsetzbare zentrale Mittelfeldspieler bestimmt den Rhythmus, bringt sich überall dort ein, wo er benötigt wird. Dass der 22-jährige „nur“ in der U21 aufläuft, beweist die unglaubliche Breite im Mittelfeld Spaniens.

Die spanische U21-Nationalmannschaft ist der Topfavorit bei der Europameisterschaft. In allen Mannschaftsteilen ist man sehr gut besetzt, verschiedene Ausrichtungen können gewählt werden. Gerade das Mittelfeld ist mit unterschiedlichen Spielertypen besetzt, kann je nach Gegner und Spielstand angepasst werden. Der jetzt schon erfahrene Saul Niguez ist hierbei eine Schlüsselfigur und will sein letztes großes Turnier im Nachwuchsbereich natürlich mit einem Titel krönen.

Atletico seit 2008

Der im November 1994 geborene Saul spielte in seiner Jugend zuerst für Real Madrid, ehe er 2008 zum Stadtrivalen wechselte. Dort erkannte man sein Talent sehr früh, setzte ihn bereits 2010 in der B-Mannschaft ein, wo er in Ruhe reifte und sich an das höhere Niveau, das gestiegene Tempo im Vergleich zum Juniorenbereich gewöhnen konnte. 2012 wurde er mit der U19 Spaniens Europameister, seit 2013 gehörte er regelmäßig zum Profikader und sammelte erste Erfahrungen, debütierte in der Primera Division im April gegen den FC Sevilla. Die Saison 2013/14 verbrachte Saul Niguez dann bei Rayo Vallecano, wo er in der Liga 34 Pflichtspiele absolvierte, insgesamt stand er über 3200 Pflichtspielminuten auf dem Platz. Diese Saison war für seine persönliche, fußballerische Entwicklung enorm wichtig.

(Photo by CRISTINA QUICLER/AFP/Getty Images)

Danach ging es wieder zurück zu Atletico und Diego Simeone, der Saul weiter förderte. 2014/15 war die Konkurrenz im Mittelfeld noch sehr groß, neben den erfahrenen Tiago und Gabi, die für Simeones fußballerische Ideologie unverzichtbar waren, spielte auch Mario Suarez eine nicht unerhebliche Rolle. Auch Koke wurde punktuell im Zentrum eingesetzt. Saul kam in dieser Saison auch häufiger auf der Außenbahn zum Einsatz und bestach dort mit enormer Ballsicherheit, klugem Passspiel und einer enormen läuferischen Qualität. 2015/16 wurde seine Einsatzzeit bei den Colchoneros mehr als verdoppelt. Saul zeigte teilweise brillante Leistungen, erzielte unter anderem ein Traumtor beim Sieg gegen den FC Bayern in der Königsklasse. Auch in der vergangenen Saison war Saul wieder einmal Dauerbrenner bei Atletico, absolvierte über 4000 (!) Minuten und wurde sowohl im Zentrum, als auch auf der Außenbahn eingesetzt.

Beeindruckende Konstanz

Nicht nur die kontinuierliche Entwicklung von Saul Niguez ist beeindruckend, sondern vor allem die Konstanz. Er liefert seit Jahren hervorragende Leistungen ab, hat höchstens einmal unauffällige Spiele, aber keinesfalls wirklich schlechte. Sobald Saul in seinem Rhythmus ist, kann er jederzeit eingesetzt werden, er spult Kilometer um Kilometer ab, versucht dem Offensivspiel Impulse zu geben, Chancen zu initiieren und, sofern sich die Möglichkeit ergibt, auch selbst den Abschluss zu suchen. 13 Scorerpunkte in 53 Spielen gelangen Saul in der abgelaufenen Saison, wenngleich man diesen Spieler keinesfalls nur danach beurteilen sollte.

Sein Wert für die Mannschaft ist extrem hoch. Bisher spielte Saul 21-mal für die U21, debütierte im September 2016 sogar für die A-Nationalmannschaft, zu dessen Kader er nach diesem Turnier wohl regelmäßig gehören wird. Saul ist technisch versiert, kann sich auf engstem Raum hervorragend bewegen und ist zudem pressingresistent. Er vereint offensive und defensive Fähigkeiten, ist stark im Tackling und gibt keinen Ball verloren. Der 22-jährige, der noch bis 2021 bei Atletico Madrid unter Vertrag steht, ist noch nicht am Ende seiner Leistungsfähigkeit angekommen, kann sich noch weiter verbessern, punktuell noch mehr Risiko gehen, sich selbst mehr zutrauen.

Ein absoluter Trainerliebling

Einen Spieler wie Saul wünscht sich im Grunde jeder Trainer. Er stellt sich in den Dienst der Mannschaft, ist taktisch hervorragend ausgebildet, kann Anweisungen von Außen jederzeit genauso umsetzen, wie der Trainer es verlangt. Überdies ist es für einen Trainer optimal, wenn er Spieler hat, die er beliebig auf dem Platz hin- und herschieben kann. Saul bringt so viele Fähigkeiten mit, dass er in fast jedes taktische Konstrukt passen würde. Zudem arbeitet er permanent hart an seinen Schwächen, wie seine stetige Entwicklung zeigt.

(Photo by Paolo Bruno/Getty Images)

Auch bei der spanischen U21 genießt der fleißige Saul ein enorm hohes Ansehen. Die Mitspieler respektieren ihn, hören auf seine Kommandos, akzeptieren, dass er den Rhythmus vorgibt. Hier ist er Führungsspieler, verlängerter Arm von Trainer Celades. Das liegt auch an dem unbändigen Willen, den Saul verkörpert. Eingeimpft wurde ihm das vor allem von Atletico-Coach Simeone, der diese Charaktereigenschaft selbst an der Seitenlinie vorlebt. Damit infiziert er seine Spieler, die das nicht nur in der Atletico-Gemeinschaft, sondern auch außerhalb umsetzen können. Zudem konnte er von Größen wie Gabi, Tiago oder Godin lernen, wie man als Führungsspieler auf dem Platz fungiert, welche Handlungen produktiv sind – oder eben welche nicht.

Mögliche Mittelfeldformationen

Die Flexibilität eines Saul Niguez verschafft den Spaniern mit ihrem ohnehin breiten Kader viele Möglichkeiten. Im Dreiermittelfeld kann Saul zusammen mit dem defensiv ausgerichteten Marcos Llorente und einem ebenfalls technisch versierten, kreativen Spieler wie Denis Suarez oder Dani Ceballos auflaufen. Dieses Mittelfeld würde – trotz einer defensiven Absicherung – zahlreiche offensive Akzente setzen können. Auch Carlos Soler oder Mikel Merino können eine defensivere Aufgabe übernehmen, Llorente hat dort aber die Nase vorn. In einer offensiven Ausrichtung könnte Saul zusammen mit Ceballos und Suarez beginnen, sich die Aufgaben teilen und immer wieder rotieren.

Die Lösung mit Ceballos/Suarez und dem defensiven Llorente scheint aber zunächst favorisiert zu werden, so spielten die Spanier im Testspiel gegen Italien im März sehr erfolgreich. Saul agierte dort mit einigen Freiheiten, konnte seine Dynamik in der Offensive einbringen und stopfte dennoch einige Löcher in der Rückwärtsbewegung. Eine weitere Möglichkeit ist, dass man Marco Asensio von Real Madrid im Mittelfeld aufbietet, als kreativen Freigeist, der auch einmal auf die Außenbahnen ausweichen kann. Celades sieht Asensio aber eher als Linksaußen, der in der Offensive zusammen mit zwei anderen Spielern aus Deulofeu, Williams, Oyarzabal, Mayoral und Sandro wirbeln soll. Wie auch immer die spanische Mannschaft auflaufen wird, sie wird nur sehr schwer zu bezwingen sein. Nicht nur, aber auch wegen Saul Niguez, dem Taktgeber.

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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