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Weißt du noch..? 25.04.2004: Als die Invincibles von Arsenal beim Erzrivalen Tottenham Meister wurden

5. Dezember 2020 | Spotlight | BY Lukas Draeger

Die Tottenham Hotspur kämpfen in diesem Jahr um die Meisterschaft in der Premier League, während der Arsenal FC im Niemandsland herumdümpelt. Doch das war nicht immer so. Arsenal wurde 2004 ausgerechnet an der alten White Hart Lane beim Erzrivalen Meister.

Tottenham vs Arsenal 2004: Die Vorzeichen

April 2004: Während die Spurs im unteren Mittelfeld festhingen und mit sechs Punkten Vorsprung auf Leeds United auf dem ersten Abstiegsplatz sich sogar noch Sorgen um den Klassenerhalt machen mussten, reisten die Gunners mit einer Bilanz von 23 Siegen und elf Unentschieden zum Rivalen. Durch die vorherige Niederlage des Chelsea FC in Newcastle (1:2) stand Arsenal knapp zehn Minuten vor Spielbeginn als Meister fest. Dennoch wollte man natürlich das Spiel gewinnen, weiter ungeschlagen bleiben und die Spurs tiefer Richtung Abgrund zweite Liga schießen.

Nachdem man im Jahr zuvor „nur“ Zweiter hinter Manchester United wurde, gab man vor der Saison die zum damaligen Zeitpunkt hohe Gesamtsumme von 30 Millionen Euro aus. Der Großteil des Geldes floss in Jose Antonio Reyes, der für 20 Millionen aus Sevilla geholt wurde. Aus Dortmund wurde Torhüter Jens Lehman geholt. Ansonsten wurde vornehmlich in Talente investiert. Die weiteren Neuzugänge Philippe Senderos, Gael Clichy und Daniel Karbassiyoon waren alle 18 Jahre, Cesc Fabregas sogar erst 16.

Weltklasse auf der einen Seite, Durchschnitt auf der anderen

Insgesamt war das Team von Arsenal gespickt mit Weltklassespielern. Lehmann wurde direkt zur unumstrittenen Nummer 1 und absolvierte alle 54 Pflichtspiele. Davor stand mit Sol Campbell einer der besten Innenverteidiger dieser Zeit und neben ihm der damals gerade einmal 22 Jahre junge, hochtalentierte Kolo Toure. Genauso alt war Linksverteidiger Ashley Cole, der ebenfalls am Beginn einer Weltkarriere mit drei Meistertiteln und einem Champions-League-Triumph stand.

Das Mittelfeld bildeten mit Patrick Vieira, Robert Pires und Gilberto Silva gleich drei Weltmeister, komplettiert wurde dieses mit zwei weiteren Weltklassespielern, Freddie Ljungberg und Edu Gaspar. Im Sturm wurde die Riege der absoluten Ausnahmespieler von Thierry Henry abgeschlossen, bis heute einem der besten Stürmer dieses Jahrtausends. Und auch Dennis Bergkamp, wenn auch mit 34 Jahren bereits im Herbst seiner Karriere, war immer noch ein Spieler, der den Unterschied machen konnte.

(Photo by Ben Radford/Getty Images)

Auf der anderen Seite stand ein Team bestehend aus einer ganzen Menge Mittelmaß. Heraus ragten dabei Innenverteidiger Ledley King und Stürmer Robbie Keane. Ledley King ist eine absolute Ikone der Spurs. Er kam 1998 aus der eigenen Jugend, hielt dem Verein Zeit seiner Karriere die Teure und wurde bei seinem Karriereende einer der nur noch ganz wenigen One-Club-Player. Hätte er nicht seit 2009 durchgehend Probleme mit der Leiste gehabt, die ihn nicht mehr schmerzfrei spielen ließen, wäre er den Spurs wohl noch deutlich länger als bis 2012 erhalten geblieben.

Robbie Keane war quasi das genaue Gegenteil von King. Er stand insgesamt bei elf Vereinen unter Vertrag. Der Rekordspieler und -torschütze der irischen Nationalmannschaft galt als etwas verrückter, aber auch torgefährlicher Stürmer. Für die Spurs traf er in 305 Spielen 122 mal, insgesamt konnte er sogar fast 300 Pflichtspieltreffer erzielen. Doch ähnlich wie Ledley King blieben auch ihm trotz der vielen Wechsel die ganz großen Titel verwehrt.

Aufstellungen und Torfolge

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Tottenham: Keller – Taricco (90. Bunjevcevic), Gardner, King, Kelly (79. Poyet) – Brown, Jackson (45. Defoe), Redknapp, Davies – Kanoute, Keane

Trainer: David Pleat

Arsenal: Lehmann – Lauren, Toure, Campbell, Cole – Pires, Silva, Viera, Parlour (67. Gaspar) – Bergkamp (80. Reyes), Henry

Trainer: Arsene Wenger

Schiedsrichter: Mark Halsey

Tore: 0:1 Viera (3.); 0:2 Pires (35.); 1:2 Redknapp (62.); 2:2 Keane (90.)

Gunners legen los wie die Feuerwehr

Arsenal wechselte im Vergleich zum 5:0 in der Vorwoche gegen Leeds United lediglich einmal. Für Flügelstürmer Sylvain Wiltord spielte der zentrale Mittelfeldspieler Ray Parlour. Man wollte den Schwung der Vorwoche mitnehmen und nicht zu viel ändern. Und so ging man das Spiel auch an. Bereits nach drei Minuten gingen die Gäste in Führung. Patrick Vieira verwandelte eine flache Hereingabe von Dennis Bergkamp freistehend aus fünf Metern zentral vor dem Tor mit einem Ausfallschritt. Auch im Anschluss blieben die Gunners spielbestimmend. In der 35. Spielminute traf Robert Pires nach schöner Kombination zwischen Dennis Bergkamp und Patrick Vieira aus knapp acht Metern halblinks versetzt zum 2:0.

Anschlusstor aus dem Nichts, Ausgleich in der Nachspielzeit

(Photo by Ben Radford/Getty Images)

In der Folge versuchten die Hausherren alles, um zurückzukommen. Vor allem Robbie Keane war sehr bemüht, zog immer wieder Freistöße und war stets gefährlich. Mitte der zweiten Hälfte fasste sich Kapitän Jamie Redknapp ein Herz und zog aus knapp 25 Metern einfach mal ab. Der Ball landete unhaltbar im vom Schützen aus gesehenen linken unteren Eck. In der 78. Spielminute hatte Robert Pires die große Chance auf die Vorentscheidung, doch er scheiterte am Aluminium. Und so geschah es, dass die Heimfans in der Nachspielzeit den nicht unverdienten Ausgleich bejubeln durften. Jens Lehmann foulte Robbie Keane elfmeterreif, der Gefoulte trat selbst an und verwandelte sicher oben rechts.

Tottenham vs. Arsenal: Was danach geschah

Für Tottenham endete die Saison halbwegs zufriedenstellend. Durch zwei Siege aus den beiden letzten Spielen belegte man am Ende Platz 14. Dennoch musste Trainer David Pleat nach der Saison seinen Hut nehmen, als er durch Jacques Santini ersetzt wurde, der seinerseits jedoch nur knapp drei Monate auf dem Trainerstuhl blieb. Bereits im November übernahm Martin Jol, der den Verein in deutlich ruhigere Fahrwasser lenkte und mit zwei fünften Plätzen in Folge den Anstoß dazu gab, damit die Spurs langfristig um die internationalen Plätze mitspielen konnten. Dieser Weg wurde langfristig durch Harry Redknapp und dann vor allem Mauricio Pochettino vollendet. In dieser Saison scheint man sogar ein ernsthafter Anwärter auf die Meisterschaft zu sein.

Für Arsenal gab es in der Saison noch ein ganz großes Ziel. Aus der Champions League war man zweieinhalb Wochen zuvor denkbar knapp im Viertelfinale ausgeschieden (1:1 und 1:2 gegen Chelsea FC), in den beiden heimischen Pokalen war jeweils im Halbfinale gegen Manchester United (0:1) respektive Middlesbrough FC (0:1 und 1:2) Schluss. Daher konnte man sich ganz darauf konzentrieren, auch die letzten drei Ligaspiele ungeschlagen zu bleiben. Dies gelang durch zwei Siege und ein Unentschieden auch. Damit war man die erste Mannschaft seit Preston North End 1888/89, der es in England gelang, eine ganze Saison in der Liga ungeschlagen zu bleiben. Bis heute ein unerreichter Meilenstein!

Entwicklungen genau entgegengesetzt

Die Meisterschaft 2003/04 war die letzte des Vereins bis heute. Zwar landete man seither zweimal auf dem zweiten Tabellenplatz (2004/05 und 2015/16), doch beide Male hatte man einen zweistelligen Rückstand auf den jeweiligen Meister. Trainer Arsene Wenger blieb noch bis zum Ende der Saison 2017/18 und beendete damit seine fast 22 Jahre lange Zeit auf dem Trainerstuhl der Gunners, doch bereits zu seiner Endzeit ging es kontinuierlich noch weiter nach unten. 2016/17 konnte man sich erstmals seit 19 Jahren nicht für die Champions League qualifizieren. Seither ist man deutlich hinter die Konkurrenz zurückgefallen, inzwischen ist man nicht einmal mehr im Dunstkreis der Qualifikation für die Königsklasse, geschweige denn im Kampf um die Meisterschaft.

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Und so gehen inzwischen die Spurs als klarer Favorit in dieses Nordlondon-Derby. Wer hätte sich das damals ausmalen können, an diesem Abend im April 2004, als die Invincibles von Arsenal im Stadion des Erzrivalen ihre 13. Meisterschaft feierten…

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(Photo by Shaun Botterill/Getty Images)


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