Serie A Vorschau Teil 5: Juventus, Neapel, Bologna, Spezia

18. September 2020 | Serie A | BY 90PLUS Redaktion

Der Auftakt der Serie A steht unmittelbar vor der Tür! Im fünften und letzten Teil unserer 90PLUS-Saisonvorschau nehmen wir Meister Juventus, die SSC Neapel, den FC Bologna und Aufsteiger Spezia unter die Lupe.

Teil 1: Inter, Fiorentina, Parma, Crotone

Teil 2: Milan, Cagliari, Udinese, Genoa

Teil 3: Atalanta, Roma, Hellas, Benevento

Teil 4: Lazio, Sassuolo, Sampdoria, Torino

  • Juventus will den Titel verteidigen
  • SSC Neapel: Große Ziele unter Gattuso
  • Spezia: Neuling in der Serie A!

Juventus Turin

Letzte Saison: Meister

In der abgelaufenen Spielzeit stand am Ende wie immer das altbekannte Resultat: Juventus Turin feierte den Gewinn der italienischen Meisterschaft. Für die „Bianconeri“ ist dies der neunte Triumph in der Serie A in Folge. Doch im Gegensatz zu den meisten Vorjahren präsentierte sich die „Alte Dame“ 2019/20 nicht von der souveränsten Seite. Sieben Niederlagen und vor allem 43 Gegentore passen eigentlich gar nicht zum gewohnten Schema.

Juventus wirkte in der abgelaufenen Runde deutlich verwundbarer, doch wirklich Kapital konnten die Verfolger Lazio, Inter oder Atalanta letztendlich nicht daraus schlagen. Der eine Punkt Vorsprung am Ende auf die „Nerazzurri“ ist vor allem den laschen Auftritten der Mannschaft nach dem vorzeitigen Titelgewinn geschuldet. Daneben sollten die mäßigen Leistungen bei den beiden anderen Unternehmungen nicht zum Folg führen. Im Finale der Coppa Italia verlor man gegen die SSC Napoli im Elfmeterschießen, in der Champions League schied Juve blamabel gegen den krassen Underdog Olympique Lyon aus.

(Photo by Valerio Pennicino/Getty Images)

Bei der Saisonanalyse konnte man eigentlich nur zu der Feststellung gelangen, dass die letzte Spielzeit die wahrscheinlich schwächste des Vereins in den letzten Jahren war. Die Konsequenz: Trainer Maurizio Sarri (61) musste nach nur einem Jahr im Amt seinen Hut nehmen. Die Wahl seines Nachfolgers war durchaus überraschend. Vereinsikone Andrea Pirlo (41) ist bei seiner ersten Station im Profibereich der neue Übungsleiter des Rekordmeisters. Damit geht Juventus fraglos ein gewisses Risiko ein.

Juventus: Generationswechsel deutet sich an

Nicht nur auf der Trainerbank, sondern auch im Kader deuten sich Veränderungen an. Juventus wirkt in diesem Fenster durchaus versucht, seinem Team etwas frischen Wind einzuhauchen. Im Wesentlichen spielt der Kern der Mannschaft bereits seit mehreren Jahren zusammen – und trotz der überragenden Errungenschaften in nationaler Hinsicht, schaffte man es dennoch niemals die große Sehnsucht zu stillen: Den ersten Gewinn der Champions League seit 1996. Nach diesem Triumph scheiterte die Mannschaft gleich fünf Mal im Finale. Dass dieser ultimative Wurf mit der jetzigen Generation noch zu gelingen vermag, ist zurecht anzuzweifeln – und genau so agierte Juventus in den letzten Wochen in personalpolitischer Hinsicht.

Die langjährige Stammkraft Blaise Matuidi (33) verließ den Rekordmeister und schloss sich Inter Miami an. Daneben ist Juventus laut Medienberichten äußerst bemüht, Sami Khedira (33) von der Gehaltsliste zu bekommen. Indes wurde der Vertrag mit Stürmer Gonzalo Higuain (32) bereits aufgelöst. Den Argentinier soll es, ebenso wie Matuidi, zu dem neu gegründeten Verein und Florida ziehen. Mit dem deutschen Weltmeister von 2014 streben die „Bianconeri“ eine Auflösung des Vertrags an, wohin es den Mittelfeldspieler ziehen könnte, ist derweil noch unklar. Borussia Dortmund verpflichtete den zuvor ausgeliehenen Emre Can (26) nur fest und spülte damit 25 Millionen Euro in die Turiner Kassen.

(Photo by Francois Nel/Getty Images)

Für einige Skepsis sorgte außerdem das vielfach kritisch beäugte Tauschgeschäft für Miralem Pjanic (30) mit dem FC Barcelona. Denn offenbar kam der Deal vornehmlich aus Bilanzgründen zustande. Mag diese wahre Intension zu einem solchen Schritt durchaus negativ zu sehen sein, so hat Juventus seinen Spielmacher gegen einen ähnlichen Spieler getauscht, welcher aber dabei noch sechs Jahre jünger ist: Arthur (24). Für den gleichen Mannschaftsteil kam Weston McKennie (21) für eine Leihgebühr von eta 4,5 Millionen Euro von Schalke. Dank einer Kaufoption kann die „Signoria Vecchia“ den Deal dann im nächsten Sommer perfekt machen. Von ihren Leihgeschäften kehrten Linksverteidger Luca Pellegrini (21/Cagliari) und Offensivspieler Dejan Kulusevski (20/Parma) nach Turin zurück.

Ansonsten wird durch den bevorstehenden Higuai-Abgang eine Rolle im Sturm frei. Juventus soll sich dahingehend vor allem mit Luis Suarez (33/FC Barcelona) beschäftigen. Ob dieser schwierige Deal tatsächlich vollzogen werden kann, ist aktuell noch unklar. Wahrscheinlicher ist ein Transfer vn Edin Dzeko (34/AS Roma), mit dem man sich weitestgehend einig sein soll. Ob der Serie-A-Torschützenkönig der Saison 2016/17 tatsächlich zu den „Bianconeri“ wechselt, hängt angeblich vor allem davon ab, ob die AS Roma den umworbenen Arkadiusz Milik (26/Napoli) verpflichten kann, hier fehlt allerdings lediglich noch grünes Licht durch den Medizincheck. Eine weitere Option im Angriff ist jedenfalls bitter nötig, da…

Juventus: Zu abhängig von Cristiano Ronaldo

… man in der letzten Saison viel zu abhängig von Superstar Cristiano Ronaldo (35) war. Der mehrfache Weltfußballer spielte einmal mehr eine Fabelsaison und erzielte alleine in der Serie A überragende 31 Tore. Diese Ausbeute wirkt umso beeindruckender, wenn man die Tatsache berücksichtigt, dass „CR7“ zu Beginn des Dezembers lediglich bei fünf (!) Treffern in der Liga stand, woraus dann in fast schon gewohnter Manier in den nächsten elf Spielen 16 Tore folgen sollten. Neben Ronaldo tat sich noch Paulo Dybala (26) mit elf Saisontreffern hervor. Die Leistungen des Argentiniers haben seit der Ankunft des Portugiesen zumindest in statistischer Hinsicht deutlich nachgelassen, auch wenn die beiden Angreifer auf dem Platz ordentlich harmonieren.

Die offensive Last wurde größtenteils von dem Duo getragen, nach dem ersten Ergänzungsspieler Higuain (acht Tore) folgte als nächstbester (!) Torschütze schon Innenverteidiger Matthijs de Ligt (21) mit vier Toren. Für diesen Job wurde der Niederländer im Sommer 2019 allerdings nicht verpflichtet, sondern um der sowieso herausragende Defensive um die Veteranen Giorgio Chiellini (36) und Leonardo Bonucci (33) weitere Stabilität zu verleihen. Dies gelang de Ligt nur bedingt, 43 Gegentore sind vieles, aber nicht typisch für Juventus. Womöglich profitiert der Golden Boy-Gewinner von 2018 von einer Systemumstellung Pirlos.

Denn der Neucoach tat zuletzt in einem Interview kund, dass er plane, auch Elemente von Ex-Trainer Antonio Conte (51/heute bei dem Konkurrenten Inter tätig) zu berücksichtigen, mit welchem er von 2011 bis 2014 bei den „Bianconeri“ zusammenarbeitete. Damals griff der ehemalige Coach des Vereins auch gerne auf ein 3-5-2 System, mit Pirlo als tiefstehende erste Anspieloption, zurück. Allerdings operierte Conte ebenso mit einem unorthodoxen 4-2-4 oder einem „herkömmlichen“ 4-3-3. Die letzte Variante nannte Pirlo zuletzt in einem Interview auch als sein bevorzugtes System.

(Photo by Pier Marco Tacca/Getty Images)

Die Qualität im Kader ist jedenfalls für jede dieser Varianten geeignet. Vor Torhüter Wojciech Szczesny (30), welcher sich bei Juve zu einem der besten Keeper Europas gemausert hat, hatte sich hinter den arrivierten Namen vor allem Merih Demiral (22) bis zu seiner schweren Verletzung hervorgetan. Ob Daniele Rugani (26) im Verein bleiben wird, ist indes noch nicht völlig klar. Der zurückkehrte Pellegrini könnte links hinten dem langjährigen Leistungsträger Alex Sandro (30) das Leben schwer machen. Qualitativ schwächer ist dagegen die rechte Seite besetzt, wo Danilo (29) und Mattia De Sciglio (27) miteinander konkurrieren.

Im Mittelfeld hat Pirlo aktuell die Qual der Wahl: Neben Neuzugängen Arthur und McKennie stehen hier noch Rodrigo Bentacur (23), Adrian Rabiot (25) und Aaron Ramsey (29) zur Verfügung. Die Spieler haben teilweise völlig unterschiedliche Qualitäten, insofern sind hier mehrere taktische Varianten denkbar. Auf den offensiven Flügeln sieht es dagegen eher mau aus: Federico Bernadeschi (26) und Douglas Costa (30) enttäuschten in der vergangenen Saison mit jeweils einem mickrigen Treffer in der Serie A, vor allem der Verbleib des Brasilianers steht derzeit infrage. Abhilfe könnte hier die Rückkehr von Leihspieler Kulusevski schaffen, den Juventus bereits im Januar für 35 Millionen Euro von Atalanta holte und direkt weiter verlieh. Die weiteren Optionen sind mit lediglich Juan Cuadrado (32) überschaubar.

(Photo by Alessandro Sabattini/Getty Images)

Player to watch: Dejan Kulusevski

Der junge Schwede bewies 2019/20 als Leihspieler bei Parma mit zehn Treffern und neun Vorlagen, weshalb Juventus im Januar einen solchen Betrag für ihn nach Bergamo überwies. Kulusevski ist äußert dribbelstark und sucht häufig das direkte Duell. Auch seine Zuspiele für die Angreifer sind von einer hohen Qualität, wie seine zahlreichen Assists aus der letzten Spielzeit belegen.

Der 20-Jährige sollte durchaus in der Lage sein, den etwas eingestaubten Flügeln bei Juve frischen Wind einzuhauchen, will man auf Ronaldo weiterhin in einer etwas zentraleren Rolle setzen. Seine Statistiken übertrafen in der abgelaufenen Runde jedenfalls die eines jeden Juve-Flügelspielers. Und wer noch letzte Zweifel an den Fähigkeiten Kulusevskis hat, dem kann das „Zlatan-Gütesiegel“ entgegen gehalten werden: Als nämlich sein junger Landsmann bei den letzten Länderspielen kaum Einsatzzeiten erhielt, ließ es sich Zlatan Ibrahimovic (38) höchstpersönlich nicht nehmen, darüber auf Twitter ordentlich Dampf abzulassen…

Prognose

Der letzte Meistertitel in der Serie A, welcher nicht an Juventus ging, datiert aus dem Jahr 2011 (AC Milan). Die „Alte Dame“ hat weiterhin ligaweit die größte Qualität im Kader, welcher den Scudetto auch in einem schwächeren Jahr sichern kann. Mit dem Engagement von Trainer-„Rookie“ Pirlo geht der Klub aber durchaus ein Risiko ein. Das Unterfangen könnte auch durchaus scheitern und die eindrucksvolle Serie reißen. Aus empirischer Sicht ist es allerdings in den letzten Jahren nie klug gewesen, gegen Juventus zu wetten. Daher wird der Verein seine zehnte Meisterschaft in Folge feiern.

Marius Merck

SSC Neapel

Letzte Saison: 7. Platz

Viele hielten die SSC Neapel vor der Saison für den vielleicht gefährlichsten Kontrahenten für Rekordmeister Juventus Turin. Nach einer starken Saison 2018/19, in der Napoli unter Trainer Carlo Ancelotti (61) die Vizemeisterschaft holte und sich ohne Probleme für die Champions League qualifizierte, waren die Erwartungen naturgemäß hoch. Dass besagter Erfolgstrainer Ancelotti dann jedoch bereits nach 15 Spieltagen seine Sachen packen musste, hätte wohl keiner erwartet. 

Als Ersatz für den Italiener mit der Augenbraue folgte ein nicht weniger bekannter Name: Gennaro Gattuso (42). Der Weltmeister von 2006 sollte das Ruder noch einmal herumreißen, doch auch er konnte den Erwartungen am Ende nicht gerecht werden. Das Resultat: Rang sieben. 

Einzig die Coppa Italia brachte der SSC in diesem Jahr Erfolg. Der Triumph im Elfmeterschießen gegen Juventus brachte nicht nur den Pokal, sondern auch die Qualifikation für die Europa League. Ohne diesen Titel wäre man ohne internationale Beteiligung in die kommende Saison gezogen. 

Photo by Francesco Pecoraro/Getty Images

Rekordzugang und Verteidiger-Drama

Auf dem Transfermarkt hat Napoli bisher eher in Qualität als in Quantität investiert. Erst ein einziger Neuzugang steht bis jetzt auf der Liste: Victor Osimhen. Der 21-Jährige kommt vom OSC Lille und soll die dringend benötigte Offensiv-Power zurückbringen. Die Dienste des Nigerianers ließ man sich einiges kosten: um die 60 Millionen sowie weitere Boni zahlten die Italiener an den LOSC und machten Osimhen damit zum Rekordzugang. 

Um diese Summe trotz der momentan schwierigen Lage stemmen zu können, mussten einige andere Akteure den Verein verlassen. So spülten allein die Verkäufe von Allan (29), Simone Verdi (28) und Roberto Inglese (28) rund 65 Millionen Euro in die Kassen der Neapolitaner. 

Ein Thema, das noch immer keinen Abschluss gefunden hat, ist die Zukunft von Kalidou Koulibaly (29). Der Innenverteidiger zählt zu den besten seiner Zunft und ist dementsprechend heiß begehrt. Vor allem mit Manchester City laufen seit geraumer Zeit die Verhandlungen, bisher konnte jedoch noch keine Einigung erzielt werden. Ob der Transfer in diesem Sommer noch über die Bühne geht, ist momentan schwer zu sagen. Zuletzt soll sich auch PSG in den Poker eingemischt und ein eigenes Angebot für Koulibaly abgegeben haben. 

Photo by Gabriele Maltinti/Getty Images

Die Lücken schließen

Seit seiner Amtsübernahme konnte Trainer Gattuso vor allem die Defensive stabilisieren. Er lässt seine Hintermannschaft früh angreifen, übt hohen Druck auf den Gegner aus und macht diesem damit das Leben schwer. Nur 129 Schüsse kamen in der vergangenen Saison auf das Tor von Napoli. Dass davon ganze 50 Stück ihr Ziel fanden, lag auch an den Schlüssmännern: David Ospina (32) und Alex Meret (23) teilten sich diesen Job und spielten beide nicht gerade die Saison ihres Lebens. Meret landete bei der Quote der prozentual gehaltenen Torschüsse gar auf dem vorletzten Platz der Liga. 

Auch in der Offensive ist jedoch noch Luft nach oben, hier soll Neuzugang Osimhen den Erfolg bringen. Im letzten Jahr reichten die elf Ligatreffer von Arkadius Milik (26), um der beste Torschütze des Klubs zu werden. 

Außerdem ist fraglich, wie der Verein den möglichen Abgang von Koulibaly verkraften würde. Sollte der Abwehrchef tatsächlich wechseln, würde dies ein großes Loch in die Defensive Napolis reißen. Amir Rrahmani (26), der vergangene Saison auf Leihbasis bei Hellas Verona sein Können unter Beweis stellte und nun nach Neapel zurückkehrt, wäre zwar ein möglicher Ersatz, hat aber noch nicht das Format, um diese Aufgabe allein zu stemmen. Hier müssten die Verantwortlichen noch nachbessern und im Zweifel auf dem Transfermarkt nach weiterer Verstärkung suchen.

Spieler im Fokus: Victor Osimhen

Der bisher einzige Neuzugang der „Gli Azzurri“ ist zugleich auch eines der interessantesten Mittelstürmertalente im internationalen Fußball. Der 21-jährige Victor Osimhen hat in seinem jungen Alter schon einiges erlebt, stand unter anderem bereits für den VFL Wolfsburg auf dem Feld und geht mit dem Wechsel in die Serie A den nächsten Schritt in seiner Karriere. 

Photo by FRANCOIS LO PRESTI / AFP

Der Mittelstürmer wechselte erst vor einem Jahr vom belgischen Erstligisten RSC Charleroi nach Frankreich zum OSC Lille, schlug dort jedoch direkt voll ein und erreichte 18 Torbeteiligungen (13 Treffer, fünf Vorlagen) in 27 Partien. Seine Stärken sind vor allem seine Geschwindigkeit, sein Blick für die richtigen Laufwege sowie sein Abschluss. Osimhen kann und muss seine Qualität nun zwar erstmal auch in der Serie A beweisen, er ist allerdings bereits auf einem guten Weg in Richtung seines großen Vorbildes Sadio Mané.

Prognose

Napoli hat die Qualität, um oben mitzuspielen. Der siebte Platz der Vorsaison war an vielen Stellen sehr unglücklich und spiegelt nicht das Format der Mannschaft wieder. Trotz immer weiter erstarkender Konkurrenz wird die SSC sich in der kommenden Saison wieder für die Königsklasse qualifizieren.

Jasper Glänzer

FC Bologna

Letzte Saison: 12. Platz

Der FC Bologna gehörte zu den positiven Überraschungen der vergangenen Saison. Schon die Transferphase im Sommer begann verheißungsvoll, da man hier die volle Bandbreite der Erdbevölkerung ausnutzte und auf eher unbekannte Spieler mit teils großartigem Potenzial setzte. Trainer Sinisa Mihajlovic (51), der in der Vergangenheit mit einer Leukämie-Erkrankung außer Gefecht gesetzt war, leitet nun wieder regulär das Team-Training und erhofft sich einen tabellarischen Sprung im kommenden Jahr.

Photo by Mario Carlini / Getty Images Sport

Bologna – Auf der Suche nach der Konstanz

Im vergangenen Jahr zeigte man, wie oben schon angedeutet, immer wieder starke Leistungen, auch gegen die sportliche Elite der Serie A. Gegen keinen Gegner ging man als typischer Außenseiter in die Partie, sondern besonnte sich auf die eigenen Stärken und auf das Spiel mit dem Ball. Mit 52 Toren stellte die „Rossoblu“ eine gute Offensive, die mit Musa Barrow (21) in der Rückrunde zusätzlich gestärkt wurde. Der 21-Jährige wurde im Winter zunächst von Atalanta BC ausgeliehen und erzielte in den verbleibenden Spielen neun Tore bei drei weiteren Assists.

Jener Barrow ist auch der Top-Neuzugang für die neue Saison. Der Stürmer aus Gambia wurde für 13 Millionen Euro fest verpflichtet und ist die Hoffnung für die kommenden Spielzeiten. Trotz seiner hohen Dynamik besitzt Barrow das klassische Stürmer-Gen und ist auch für das Kombinationsspiel zu gebrauchen. Aus neutraler Sicht ein absoluter Top-Transfer für Bologna.

Letzte Saison setzte Trainer Mihaijovic meist auf ein 4-3-3 System, in der nicht nur unbekannte Talente, sondern auch erfahrene Profis ihren Platz fanden. Zu nennen sind an diesem Punkt mit Sicherheit Gary Medel (33), der gerade bei den Weltmeisterschaften für sein Land Chile auf sich aufmerksam machen konnte, aber auch Flügelspieler Nicola Sansone (29), der zu seinen Hochzeiten mal mit dem FC Bayern in Verbindung gebracht wurde.

(Photo by Gabriele Maltinti/Getty Images)

Bolona – Fokussierung auf die Jugend

Neben Sansone und Medel dürfte den allermeisten auch Rodrigo Palacio (38) etwas sagen. Der mittlerweile 38-Jährige geht in seine vermeintlich letzte Saison als Profi und kann mit seiner Erfahrung eine Leitfigur des so jungen Kaders Bolognas sein.

Spricht man über die Talente des Vereins, rückt Riccardo Orsolini (23) in den Fokus. Der italienische Flügelspieler besitzt, laut transfermarkt.de, einen Marktwert von 22 Millionen Euro. Dem 23-Jährigen gelang der nächste Schritt in seiner Entwicklung, den er mit acht Toren und acht Vorlagen auch zahlenmäßig unter Beweis stellen konnte. Die ersten europäischen Schwergewichte sollen Orsolini im Visier haben, doch konkrete Gerüchte gelangen bisher noch nicht ans Licht.

Ein weiterer, sehr interessanter Spieler ist Alvaro Dominguez (22). Der zentrale Mittelfeldspieler kam von Velez Sarsfield aus Argentinien und ist das Vorzeigebeispiel für Bolognas Transferaktivitäten. Der 22-Jährige kam mit großen Hoffnungen vor der Saison in die Serie A und absolvierte insgesamt 16 Spiele. Oft sah man sein Potenzial, doch der letzte, entscheidende Schritt soll in der kommenden Spielzeit erfolgen.

(Photo by Mario Carlini / Iguana Press/Getty Images)

Hickey: Bologna statt Bayern

Während man auf der rechten Außenverteidiger-Position mit Takehiro Tomiyasu (21) einen der verheißungsvollsten Spieler Asiens vorfinden kann, kommt ein weiterer, sehr spannender Spieler für die Linskverteidiger-Position. Aaron Hickey (18) entschied sich für Bologna und damit gegen den FC Bayern, so Sportdirektor Sabatini. Der 18-Jährige kommt ablösefrei von den Hearts und ist ein offensivfreudiger Außenbahnspieler, der besonders über seine Schnelligkeit kommt.

Weitere interessante Spieler, die von Leihen bei anderen Vereinen zurückkehren, sind u.a. Mattia Destro (29) oder auch Godfred Donsah (24). Der Kader ist im Vergleich zum vergangenen Jahr noch einmal besser aufgestellt, dazu sind die Entwicklungsschritte der vielen unbekannten Neuzugänge abzuwarten.

(Photo by Mark Runnacles/Getty Images)

Player-to-watch: Nicola Sansone

Der in München geborenen Sansone hat das Zeug, einer der Anführer in einem spannenden Team zu werden. Der 29-Jährige konnte in der vergangenen Saison zwar nicht ganz an seine Leitungen bei Villareal anknüpfen, doch nichtsdestotrotz ist der Offensivspieler mit seiner Erfahrung und seiner individuellen Klasse von hoher Bedeutung.

In einer jungen Mannschaft kann Sansone der Unterschiedspieler sein und die Zeichen Richtung Europa lenken.

(Photo by Emilio Andreoli/Getty Images)

Prognose

Wie angedeutet, könnte Bologna in der kommenden Saison tatsächlich um die internationalen Plätze mitspielen. Die Arbeit der vergangenen Jahre könnte nun endlich Ertrag erbringen, wenn da die nicht starke Konkurrenz wäre. Die Serie A ist in der Breite unheimlich stark besetzt, viele Mannschaften machen einen richtig guten Job. Es benötigt Konstanz und einen langen Atem, wenn man Europa angreifen möchte. Möglich ist es.

Hendrik Wiese

Spezia Calcio

Letzte Saison: Aufstieg

In der Saison 2020/21 gibt es einen Debütanten in der Serie A: Spezia Calcio! 1906 gegründet, spielt man nun erstmals in Italiens höchster Klasse – und will natürlich so lange wie möglich bleiben! Der Klub kommt aus der ligurischen Stadt La Spezia, spielt im nur etwa 10.000 Zuschauer fassenden Stadio Alberto Picco und wurde in der Vorsaison in der Serie B Dritter hinter dem überragenden Meister Benedetto und dem FC Crotone.

(Photo by Gabriele Maltinti/Getty Images for Lega Serie B)

Das hatte zur Folge, dass Spezia Calcio über die Playoff-Spiele um den Einzug in die Serie A kämpfen musste. Im Halbfinale gegen Chievo Verona ging das Hinspiel auswärts mit 2:0 verloren, zuhause gewannen die Ligurier aber mit 3:1. Im Finale traf die Mannschaft von Trainer Vincenzo Italiano (42) dann schließlich auf Frosinone. Auch hier konnte – zumindest eigentlich – nach zweimal 90 Minuten kein Sieger ermittelt werden. Beide Mannschaften gewannen jeweils einmal mit 1:0. Kurios: Die Entscheidung fiel aufgrund der besseren Tabellenplatzierung in der Liga zweimal zugunsten von Spezia Calcio aus. 

Spezia Calcio: Kreativität auf dem Transfermarkt

Die Situation, mit der sich viele kleinere Teams auf dem Transfermarkt konfrontiert sehen, ist durchaus schwierig. Wenn Klubs, die ohnehin schon nicht viel Geld ausgeben können, durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie weiter sparen müssen, ist kreatives Handeln gefragt. Spezia Calcio musste immerhin nur wenige nennenswerte Abgänge verkraften und konnte einen Großteil der Aufstiegsmannschaft zusammenhalten.

Tommaso Augello (26) wechselte zu Sampdoria, Delano Burgzorg (21) zog es zu Heracles, DJ Buffonge (21) wechselte nach Breda. Überdies endeten einige Leihgeschäfte, so kehrte beispielsweise Torhüter Simone Scuffet (24) zu Udinese Calcio zurück. Trotzdem: Viel Geld war natürlich nicht vorhanden. Mit Ardian Ismajli (23) von Hajduk Split kam ein vielversprechender Innenverteidiger. Der Albaner war Spezia Calcio rund 2,5 Millionen Euro wert. Auch Jeroen Zoet (29, PSV)  und Jacopo Sala (28, SPAL) sollten eine sofortige Verstärkung darstellen.

Darüber hinaus verpflichteten die Aquilotti vornehmend junge Spieler. Roberto Piccoli (19) kam aus der Atalanta-Jugend, Lorenzo Colombini (19) aus der Nachwuchsabteilung von Inter, Gregorio Morachioli (20) wurde von Pistoiese verpflichtet. Der Kader ist insgesamt nicht groß, mit 25,7 Jahren im Schnitt aber in einem idealen Alter. 

Einige Baustellen nach dem Aufstieg

Trotzdem gibt es noch die ein oder andere Baustelle. Schon in der Aufstiegssaison zeigte sich, dass die Offensive von einer gewissen fehlenden Konstanz durchzogen ist. 54 Tore in 38 Spielen stellten eine solide, aber keinesfalls überragende Bilanz dar. Emmanuel Gyasi (26), der Linksaußen aus Ghana, war mit acht Ligatoren der beste Schütze seiner Mannschaft. Das unterstreicht noch einmal das gesamte Dilemma.

(Photo by Giuseppe Bellini/Getty Images for Lega Serie B )

Der Blick auf den Kader zeigt außerdem, dass nur vier gelernte Offensivspieler im Aufgebot stehen. Zu Gyasi gesellen sich Giuseppe Mastinu (28), Andrea Galabinov (31) und der junge Neuzugang Piccoli. Das ist definitiv zu wenig, selbst wenn der Klub eine defensivere Ausrichtung wählt. Sehr gut denkbar ist aber, dass die Ligurier die Entwicklungen auf dem Markt abwarten und sich für etwaige Leihgeschäfte positionieren. Denn viel Geld sollte nicht mehr zur Verfügung stehen. 

In der Vorsaison ließ Trainer Italiano seine Mannschaft in einem 4-3-3-System auflaufen. In der Defensive stand man meistens gut, das Mittelfeld ist eher dynamisch und laufstark als besonders kreativ. An diesen beiden Aussagen hat sich bislang nichts geändert. Mit Spielern wie Giulio Maggiore (22) oder Matteo Ricci (26) ist die defensive Absicherung des Mittelfelds gesichert, ein kreativer Spieler, der für Ideen sorgt, fehlt aber. Auch hier würde noch ein weiteres Element helfen. 

Die Defensive als gute Absicherung

In der Abwehr hingegen sieht die Besetzung gut aus. Vor Neuzugang Zoet im Tor, der an guten Tagen ein sehr sicherer Rückhalt sein kann, besteht eine sehr gute Auswahl. Dieser Mannschaftsteil ist in der Breite definitiv am besten besetzt. Hier stimmt die Mischung aus jungen Spielern wie Neuzugang Ismajli und erfahrenen Kräften die dem 36-jährigen Kapitän Claudio Terzi besonders gut. 

Die 40 Gegentreffer in der Vorsaison stellten in der Serie B zudem den drittbesten Wert dar. Allerdings muss man in der neuen Liga mit höherem Tempo zurechtkommen. Darüber hinaus spielt Spezia Calcio nicht mehr als Favorit, sondern vielmehr als Außenseiter. Die Defensive muss sich also umstellen, wird tendenziell tiefer stehen und weniger Zeit im Aufbauspiel haben. 

Photo: Imago

Je länger die Eingewöhnungszeit also ausfällt, desto schwieriger wird es, in der kommenden Saison entsprechende Ergebnisse schon zu Beginn einzufahren. Immerhin das Programm zu Beginn ist machbar, es warten nicht gleich alle große Brocken auf Spezia Calcio. 

Im Fokus: Giulio Maggiore 

Der 22-jährige Mittelfeldspieler gehört individuell zu den besten Spielern im Kader von Spezia Calcio. Maggiore stammt aus der eigenen Jugend und hat sich in den letzten Jahren hervorragend entwickelt. In seinem vergleichsweise jungen Alter bringt er bereits die Erfahrung von 108 Spielen in der Serie B mit, der Aufstieg war für ihn ein wichtiger Schritt. Maggiore ist ein sehr dynamischer und laufstarker Spieler, der Lücken im Defensivverbund erkennen und schließen kann. Offensiv sind seine Ansätze eher zurückhaltend, gelegentlich besetzt er aber die gefährlichen Räume und kommt zum Abschluss. Das ist allerdings nicht seine Kernkompetenz, wie 16 Torbeteiligungen in den 108 Partien untermauern. 

Prognose

Für Spezia Calcio wird es von Beginn an nur darum gehen, die Klasse zu halten. Der Kader ist defensiv solide, im Mittelfeld und in der Offensive besteht aber noch Handlungsbedarf. Ohne die notwendige Entlastung wird es sehr schwer, Punkte zu sammeln. Nach jetzigem Stand wird der Aufsteiger und Neuling bis zum Ende zittern müssen. 

Manuel Behlert

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(Photo by Francesco Pecoraro/Getty Images)


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