WM-Vorschau | Gruppe F: Mexiko, Schweden, Südkorea – Machbare Gruppe für Deutschland?

11. Juni 2018 | Global News | BY Nico Scheck

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Am 14. Juni beginnt die Weltmeisterschaft 2018 in Russland und auch in diesem Jahr kämpfen 32 Nationen um den begehrten WM-Titel. In der Gruppe F bekommt es Titelverteidiger Deutschland mit Mexiko, Schweden und Südkorea zu tun. Während der Gruppensieg für das Team von Jogi Löw quasi Pflicht ist, kämpfen die anderen drei Nationen wohl um das zweite Ticket für das Achtelfinale.

Es hätte durchaus dicker kommen können für den amtierenden Weltmeister. Dennoch ist die Gruppe keinesfalls auf die leichte Schulter zu nehmen, denn auch Mexiko, Schweden und Südkorea wissen ihre Gegner vor Probleme zu stellen. Insbesondere die nicht für die WM qualifizierten Italiener können davon ein Lied singen.

 

Der Spielplan der Gruppe F

17.06., 17 Uhr – Deutschland vs. Mexiko (Moskau)

18.06., 14 Uhr – Schweden vs. Südkorea (Nischni Nowgorod)

23.06., 17 Uhr – Südkorea vs. Mexiko (Rostow)

23.06., 20 Uhr – Deutschland vs. Schweden (Sotschi)

27.06., 16 Uhr – Südkorea vs. Deutschland (Kasan)

27.06., 16 Uhr – Mexiko vs. Schweden (Jekaterinburg)

 

Unten geht es zu den jeweiligen Vorschauen…

 

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Deutschland: Mission Titelverteidigung

Die Qualifikation zur WM war in einem Wort zusammengefasst: Souverän. Zehn Spiele, zehn Siege haben schon in der Quali gezeigt, wo der Weg der deutschen Nationalelf hingehen soll. Die Titelverteidigung ist das große Ziel. Natürlich waren die Gruppengegner mit Nordirland, Tschechien, Norwegen, Aserbaidschan und San Marino nicht der ultimative Gradmesser. Doch viele Weltmeister von 2014 sind immer noch ein wichtiger Bestandteil des heutigen Kaders und Bundestrainer Löw hat es geschafft, zahlreiche Talente an die A-Nationalelf heranzuführen. Die letzten Tests vor der WM waren zwar alles andere als souverän (1:1 gegen Spanien, 0:1 gegen Brasilien,  zuletzt 1:2 gegen Österreich und 2:1 gegen Saudi-Arabien). Doch wer gibt schon was auf Testspielergebnisse? Schließlich ist Deutschland eine Turniermannschaft.

Der endgültige Kader

TOR: Manuel Neuer (FC Bayern), Marc-Andre ter Stegen (Barcelona),  Kevin Trapp (PSG)

ABWEHR: Niklas Süle, Jerome Boateng, Mats Hummels, Joshua Kimmich (FC Bayern), Antonio Rüdiger (Chelsea), Matthias Ginter (Gladbach),  Marvin Plattenhardt (Hertha BSC), Jonas Hector (Köln)

MITTELFELD: Sebastian Rudy (FC Bayern), Leon Goretzka (Schalke 04), Sami Khedira (Juventus), Toni Kroos (Real Madrid), Mesut Özil (Arsenal), Julian Brandt (Leverkusen), Ilkay Gündogan (Manchester City), Julian Draxler (PSG)

ANGRIFF: Thomas Müller (FC Bayern), Marco Reus (Dortmund), Mario Gomez (VfB Stuttgart), Timo Werner (RB Leipzig)

 

Der Trainer: Joachim Löw

Zu Joachim Löw braucht man eigentlich nicht viel sagen. Der 58-jährige ist seit 2004 beim Team und stieg 2006 zum Cheftrainer auf. Seine Bilanz seitdem? Beeindruckend. Bei jedem großen Turnier führte er seine Mannschaft mindestens bis ins Halbfinale, 2014 folgte dann die Krönung mit dem Weltmeistertitel. 161 Spiele der deutschen Elf hat Löw bisher betreut und weist dabei einen starken Punkteschnitt von 2,17 auf. Dennoch muss sich der frühere Freiburger Profi auch immer wieder Kritik gefallen lassen. Das Ausscheiden im EM-Halbfinale 2012 gegen Italien wurde zu großen Teilen ihm angelastet und auch die überraschende Nichtnominierung von Leroy Sané stieß auf ordentlich Kritik in den Medien.

(Photo by Maja Hitij/Bongarts/Getty Images)

Nichtsdestotrotz hat die deutsche Nationalmannschaft natürlich einiges unter Löw erreicht und trägt in seiner Spielweise klar erkennbar die Handschrift seines Trainers. Kein Wunder also, dass der DFB nun kurz vor Beginn des Turniers den Vertrag von Löw bis 2022 verlängert hat. Die Spielweise Deutschlands ist klar: Löw legt großen Wert auf kontrollierten Ballbesitz und lässt fast immer im 4-2-3-1 spielen. Homogenität und Harmonie innerhalb des Kaders wird unter Löw ganz groß geschrieben und er ist dafür bekannt, auch mal unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Der Fall Sané zeigt das nur allzu deutlich.

Das Kollektiv steht über allem

Wie bereits erwähnt hat Löw eine klare Vorstellung davon, welchen Fußball er von seiner Mannschaft sehen möchte. Das Spiel soll von hinten heraus kontrolliert aufgebaut werden, der Gegner am besten gar nicht an den Ball kommen. Dafür stehen genügend Spieler im Kader, die genau dazu in der Lage sind. Das beginnt bereits im Tor mit Manuel Neuer und setzt sich in der Innenverteidigung mit Mats Hummels und Jérome Boateng fort. Beide verfügen, neben ihren ausgezeichneten Defensivqualitäten, über ein bärenstarkes Aufbauspiel und beide sind dazu in der Lage, zentimetergenaue Pässe in die Schnittstellen zu spielen. Auch im Mittelfeld tummeln sich zahlreiche Spieler, die insbesondere im kombinatorischen und technischen Bereich herausragend veranlagt sind. Und obwohl auch der Weltmeister von 2014 über viele namenhafte Stars verfügt, ist die große Stärke das Kollektiv. Nicht nur Löw machte mit seinen Nominierungen in den letzten Jahren immer wieder deutlich, dass dieses über allem anderen steht.

(Photo by Laurence Griffiths/Getty Images)

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die gute Mischung aus erfahrenen Spielern und jungen Talenten. Neuer, Hummels, Boateng, Kroos, Khedira, Özil, Müller, sie alle sind schon seit vielen Jahren dabei und wissen, worauf es in den großen Spielen ankommt. Hinzu kommen junge, hungrige Spieler wie Kimmich, Süle, Goretzka oder auch Timo Werner. Die Eingliederung dieser und weiterer Spieler ist gut gelungen und der Kader wirkt auf (fast) allen Positionen homogen und gut besetzt. Nun bleibt es abzuwarten, ob diese auch auf der ganz großen Bühne der Weltmeisterschaft performen können.

Prunkstück Mittelfeld, „Debütant“ Reus

Obwohl die „Mannschaft“ in fast allen Teilen sehr gut besetzt ist, sticht das Mittelfeld ganz klar hervor. Mit Toni Kroos, Mesut Özil oder auch Sami Khedira und Ilkay Gündogan stehen Löw genau die Spielertypen zur Verfügung, um seine Spielidee umzusetzen. Kroos ist ganz klar der Taktgeber und Chef im Mittelfeld. In den letzten Jahren ist der 28-jährige zu den besten Mittelfeldspielern der Welt aufgestiegen und hat mit seinem Klub Real Madrid nun dreimal in Folge die Champions League gewonnen. Daneben könnte Khedira bei seiner wohlmöglich letzten Weltmeisterschaft ganz wichtig werden. Denn neben seiner Zweikampfstärke, seinem Passspiel und der Fähigkeit, Räume früh zu erkennen und rechtzeitig zuzulaufen, hat der Mittelfeldmotor in dieser Saison bei Juventus Turin auch das Toreschießen für sich entdeckt. Neun Treffer und sieben Vorlagen in 26 Pflichtspielen bedeuten einen persönlichen Bestwert für den 31-jährigen. Immer wieder stößt er vorne mit in die Box und sorgt so einerseits für Torgefahr, bindet andererseits aber auch gegnerische Verteidiger, wodurch die Offensivspieler mehr Räume bekommen.

Generell war die Torgefahr gerade bei der letzten EM so eine Sache. Der Gegner wurde zwar fast immer dominiert, doch im letzten Drittel fehlte es zum Teil an Durchschlagskraft. Das mag zum einen an nur einem „richtigen“ Stürmer in der Startelf liegen, zum anderen fehlte es aber auch oft an der eben angesprochenen Präsenz im gegnerischen Strafraum. So könnte bei diesem Turnier Marco Reus ein entscheidender, wenn nicht sogar der entscheidende Faktor bei den Deutschen werden. Mit seinem Tempo, seiner Dribbelstärke und seinem guten Abschluss kann der Dortmunder den Unterschied ausmachen. Ähnliches gilt auch für Julian Draxler, auch wenn es ihm etwas an Tempo fehlt und seine Stärken noch eher im kombinatorischen Bereich zu finden sind.

(Photo by Alexander Scheuber/Bongarts/Getty Images)

Ein weiterer wichtiger Faktor in Löws Spielidee ist Mesut Özil. Der viel kritisierte „Gunner“ ist für die genialen Momente zuständig und ist an guten Tagen nahezu nicht vom Ball zu trennen. Auch in dieser Saison lag seine Passquote bei deutlich über 80 Prozent im Durchschnitt. Seine Spezialität sind die sogenannten „Key-Pässe“, mit denen er seine Nebenleute in gute Abschlusspositionen bringen kann. Einziges Manko bei Özil: Sein Abschluss lässt oft stark zu wünschen übrig. Gleiches galt für Thomas Müller bei der letzten EM. Auch seine zuletzt stark ansteigende Form wird immens wichtig sein, wenn Deutschland seinen WM-Titel verteidigen will. Obwohl die Offensive der Deutschen also gut besetzt ist, ist die Nichtnominierung von Leroy Sané zumindest fragwürdig. Ja, der 22-jährige hat in der deutschen Nationalelf bisher meistens enttäuscht und ja, er passt nicht unbedingt in das 4-2-3-1-System von Löw. Dennoch, ein pfeilschneller, dribbelstarker Spieler, der obendrein eine bärenstarke Saison beim englischen Meister Manchester City gespielt hat, wäre durchaus eine gute Alternative gewesen. Denn nun verfügt der deutsche Kader mit Reus und mit Abstrichen Draxler „nur“ über zwei Spieler, die auch über ihr Eins-gegen-eins Lücken in die gegnerische Defensive reißen können. Ob dies die richtige Entscheidung war, wird sich erst im Turnierverlauf zeigen.

 

Prognose: Gruppensieg ist Pflicht

Die Vorgabe für den Weltmeister ist natürlich der Gruppensieg. Mit Mexiko, Schweden und Südkorea stehen Deutschland drei unangenehme, aber machbare Gegner bevor. Anschließend dürfte im Normalfall Serbien oder die Schweiz auf die DFB-Elf warten, das Viertelfinale sollte also erreicht werden. Wie weit die Reise dann geht, hängt ein Stück weit auch vom Spielglück und der Tagesform ab. Deutschland ist sicherlich dazu in der Lage, jeden Gegner in diesem Turnier zu schlagen. Ähnliches trifft aber auch auf mindestens vier oder fünf weitere Mannschaften bei dieser WM zu. Wichtig wird sein, dass die Schlüsselspieler fit bleiben und in den entscheidenden Momenten performen. Dann kann es ganz weit gehen für den amtierenden Titelträger. 

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Mexiko: Reicht es zum Favoritenschreck?

Nach Deutschland ist wohl Mexiko der größte Favorit auf das Weiterkommen in der Gruppe F. Die Nordamerikaner haben einige Spieler mit hoher individueller Qualität in ihren Reihen und verfügen mit Juan Carlos Osorio über einen taktisch cleveren Trainer. Die Qualifikationsgruppe wurde gegen Costa Rica, Panama, Honduras, den USA und Trinidad & Tobago souverän auf Rang eins abgeschlossen und auch beim Confed Cup im letzten Sommer wusste die „El Tri“ phasenweise zu überzeugen. Im Halbfinale war dann gegen Deutschland Schluss, auch wenn das 1:4 zu hoch ausfiel. Nun kommt es ein Jahr später zum Wiedersehen mit den Deutschen und gleich beim Auftaktspiel wird sich zeigen, ob Mexiko den Weltmeister mehr als nur etwas ärgern kann.

Der endgültige Kader

TOR: Jesus Corona (Cruz Azul), Guillermo Ochoa (Lüttich), Alfredo Talavera (Toluca)

ABWEHR: Edson Alvarez (America),  Hugo Ayala (Tigres), Jesus Gallardo (UNAM), Miguel Layun (Sevilla), Hector Moreno (Real Sociedad), Diego Reyes (Porto), Carlos Salcedo (Frankfurt)

MITTELFELD: Jesus M. Corona, Hector Herrera (Porto), Jonathan dos Santos, Giovani dos Santos (Galaxy), Marco Fabian (Frankfurt), Andres Guardado (Real Betis), Rafael Marquez (Atlas)

ANGRIFF: Javier Aquino (Tigres), Javier Hernandez (West Ham), Raul Jimenez (Benfica), Hirving Lozano (PSV), Oribe Peralta (America), Carlos Vela (Los Angeles)

 

Der Trainer: Juan Carlos Osorio

Juan Carlos Osorio steht sinnbildlich für die taktische Variabilität der mexikanischen Nationalmannschaft. Im Oktober 2015 übernahm der 57-jährige den Trainerposten und führte Mexiko direkt ins Viertelfinale der Copa America. Hier folgte allerdings durch ein 0:7 gegen den späteren Sieger Chile das krachende Aus. Prompt stand Osorio ordentlich in der Kritik, auch weil seine vielen taktischen Wechsel nicht immer fruchteten. Dennoch hat sich der frühere Co-Trainer von Manchester City (2001-2005) bei den Mexikanern gehalten und auch wenn sein Team nicht zu den großen Favoriten bei diesem Turnier zählt, ist die Erwartungshaltung in der Heimat sehr groß.

(Photo by Manuel Velasquez/Getty Images)

 

Taktische Variabilität unter Osorio

Ein festes Spielsystem hat Mexiko eigentlich nicht, vielmehr passt Osorio das System der eigenen Mannschaft an den jeweiligen Gegner an. Ob im 4-3-3 oder im 4-2-3-1, Mexiko verfügt über genügend Spieler, die mehrere Systeme gut beherrschen und zudem auch auf mindestens zwei Positionen eingesetzt werden können. Dies ist für die Spielidee Osorios extrem wichtig, so haben beispielsweise Carlos Salcedo und Hector Moreno schon sowohl auf der Außen- als auch auf der Innenverteidigerposition gespielt. Insbesondere für den Fall, dass Mexiko hinten mit einer Dreierkette spielt, ist diese Flexibilität grundlegend, damit das System funktioniert. Auch die Flügelspieler Jesús Corona und Hirving Lozano können auf beiden Seiten eingesetzt werden und arbeiten beim Gegenpressing hervorragend mit.

Zuletzt ließ Osorio im 3-Raute-3-System spielen. Dabei fiel auf, dass die Außen und die Achter häufig die Positionen tauschten, um Lücken in die gegnerische Verteidigung zu reißen. Die Außenverteidiger waren durch die Flügelspieler gebunden und die Achter konnten so in die entstehenden Räume stoßen. Dieses System des kolumbianischen Coaches erfordert eine perfekte Abstimmung und ein sauberes Positionsspiel. Defensiv müssen auch die Offensivkräfte mitarbeiten, da nominell nur drei Verteidiger und ein Sechser auf dem Feld stehen. Lässt die Konzentration oder die Ausdauer nach, können hier Lücken entstehen und den Mexikanern teuer zu stehen kommen. Interessant ist jedoch, dass dieses System insbesondere gegen Mannschaften im klassischen 4-4-2 effektiv ist. Denn während die Außenverteidiger durch die Flügelstürmer defensiv gebunden sind, tummeln sich im Zentrum einige Spieler, die so Lücken öffnen und auch nutzen können. Mit Schweden, die eben jenes 4-4-2 bevorzugen, könnte das der entscheidende Vorteil sein.

(Photo by Manuel Velasquez/Getty Images)

 

Chef Guardado und Star Chicharito

Mexiko hat nicht DEN einen Star in seinem Kader, verfügt aber sehr wohl über den einen oder anderen Spieler, der das Spielgeschick lenken kann. Dazu zählt Andrés Guardado. Er ist der Kapitän der Mexikaner und dürfte im 3-Raute-3-System die wichtige Rolle als einer von zwei Achtern einnehmen. Im Sommer wechselte der 31-jährige von PSV Eindhoven in die Primera Divisón zu Betis Sevilla, wo er umgehend zum Stammspieler aufstieg. Mit einer durchschnittlichen Passquote von 86,5 Prozent in der Liga ist das nicht weiter verwunderlich. Neben seiner Passsicherheit ist er zudem nur schwer vom Ball zu trennen, läuft früh Lücken zu, erkennt Räume und kann diese durch „Key-Pässe“ auch selbst bespielen. Bei einer Körpergröße von nur 1,69 Meter ist er nicht der geborene Zweikämpfer. Muss er aber auch nicht sein, denn durch seine gute Antizipationsfähigkeit kann er diese Schwäche oft kaschieren.

Der wohl namenhafteste Spieler ist allerdings Javier Hernández, besser bekannt als Chicharito. Er soll auch bei dieser WM wieder für die Tore sorgen und ist mit bisher 49 Länderspieltreffern der mit Abstand erfolgreichste Stürmer im mexikanischen Aufgebot. Der 30-jährige Rechtsfuß, der unter anderem schon für Manchester United und Real Madrid auf Torejagd ging, fand sein Glück bei Bayer Leverkusen, die er im letzten Sommer allerdings in Richtung England wieder verließ. Für knapp 18 Millionen Euro schloss er sich West Ham United an. Und das könnte durchaus ein Fehler gewesen sein. Denn jetzt, knapp zehn Monate später, blickt die „kleine Erbse“ auf eine Seuchensaison zurück. Mit seinem Klub spielte er bis zum Schluss gegen den Abstieg und hatte immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen. Am Ende stand eine für ihn magere Ausbeute von nur acht Treffern in 33 Spielen zu Buche. Bei der WM wird es aber auch auf seine Tore ankommen, wenn Mexiko nicht schon früh die Segel streichen möchte.

(Photo by Laurence Griffiths/Getty Images)

Neben den beiden Genannten stehen natürlich noch weitere Spieler auf der Nominiertenliste von Osorio, die ebenfalls kicken können. Héctor Herrera vom FC Porto beispielsweise wird eine ähnliche Rolle zugeteilt bekommen wie Guardado. Zudem hat Mexiko mit Hirving Lozano einen DER Shootingstars der vergangenen Eredivisie-Spielzeit in seinen Reihen. Das PSV-Talent, das erst im letzten Sommer nach Europa wechselte, schlug direkt in seiner ersten Saison bei Eindhoven ein. Mit insgesamt 30 direkten Torbeteiligungen in 33 Spielen kommt der 22-jährige auf eine Quote von fast einem Scorerpunkt pro Partie. Auch er kann auf fast jeder Position in der Offensive spielen und verfügt zudem über einen guten Abschluss.

Prognose: Best of the rest

Mit Mexiko wartet auf Deutschland ein Gegner, der sich durchaus zu wehren weiß und an guten Tagen sogar echte Probleme bereiten kann. Zu mehr als Ärgern wird es allerdings nicht reichen, dazu fehlt ein wenig die individuelle Klasse. Mit ihrer taktischen Flexibilität und der mannschaftlichen Geschlossenheit sollten die Mexikaner Schweden und Südkorea hinter sich lassen und ins Achtelfinale einziehen. Dort könnte dann aber schon Brasilien warten. Derartige Kaliber wird „El Tri“ bei dieser WM wohl eher nicht ausschalten können.

 

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Schweden: Der Italienschreck

Die Schweden haben schon auf dem Weg zur WM für eine faustdicke Überraschung gesorgt. Nachdem die Skandinavier in ihrer Qualifikationsgruppe mit 19 Zählern nur Zweiter hinter Frankreich wurden, wartete in den Playoffs das große Italien. Doch zum Entsetzen der „Squadra Azzurra“ setzte sich der Underdog mit 1:0 und 0:0 durch. Nun wartet direkt die nächste Herkulesaufgabe auf die schwedische Nationalmannschaft. Denn in der Gruppe F ist man aufgrund der fehlenden individuellen Klasse nicht unbedingt der Favorit und kam seit der WM 2006 nie über die Gruppenphase hinaus. Ob dies nun ohne den großen Zlatan Ibrahimovic gelingt?

Der endgültige Kader

TOR: Kristoffer Nordfeldt (Swansea), Karl-Johann Johnsson (Guingamp), Robin Olsen (FC Kopenhagen)

ABWEHR: Ludwig Augustinsson (Werder), Filip Helander, Emil Krafth (Bologna), Andreas Granqvist (Krasnodar), Vitor Lindelöf (Man. United), Pontus Jansson (Leeds United), Mikael Lustig (Celtic), Martin Olsson (Swansea City)

MITTELFELD: Viktor Claesson (Krasnodar), Jimmy Durmaz (Toulouse), Albin Ekdal (HSV), Oscar Hiljemark (Genua), Emil Forsberg (RB Leipzig), Marcus Rohden (Crotone), Gustav Svensson (Seattle Sounders), Sebastian Larsson (Hull City)

ANGRIFF: Marcus Berg (Al Ain), John Guidetti (Alaves), Isaac Kiese Thelin (Waasland-Beveren), Ola Toivonen (Toulouse)

 

Der Trainer: Janne Andersson

Seit 2016 steht der 55-jährige Janne Andersson an der Seitenlinie der schwedischen Nationalmannschaft. Nachdem auch die letzte Europameisterschaft enttäuschend verlief (Vorrundenaus mit nur einem Punkt) und Superstar Zlatan Ibrahimovic seinen Rücktritt aus der schwedischen Nationalelf verkündete, brauchte es einen klaren Schnitt bei den Gelbblauen. Andersson hat nun die spannende, aber auch schwere Aufgabe, die Zeit nach Ibra einzuläuten. Zuvor trainierte der Schwede fünfeinhalb Jahre lang den IFK Norrköping, die er in der Saison 2014/15 völlig überraschend zur schwedischen Meisterschaft führte. Sensationen sind Andersson also nicht ganz fremd.

(Photo by Catherine Ivill/Getty Images)

 

Schlüsselfaktor Stabilität und die Rolle der Sechser

Schweden spielt meist im klassischen 4-4-2-System und steht für einen simplen, geradlinigen Fußball, schlicht deswegen, weil die Qualität des Kaders zu mehr nicht reicht. Janne Andersson bevorzugt eine klare erste Elf und legt großen Wert auf eine kompakte Defensive mit meistens zwei Sechsen vor der Abwehr. Mannschaftliche Geschlossenheit und defensive Stabilität werden auch bei der WM die Mittel sein, mit denen Schweden am ehesten zum Erfolg kommen kann. Ruhiges und kontrolliertes Aufbauspiel ist bei Anderssons Team nur selten zu beobachten, vielmehr operiert Schweden mit langen Bällen, um spätestens die zweiten Bälle festzumachen. Wie viele „kleinere“ Fußballnationen läuft auch bei Schweden viel über Konter. Bei eigenem Ballbesitz wird wenig Risiko gegangen und auch das Gegenpressing wird erst recht spät intensiviert.

Dabei versuchen die Sechser Zuspiele in das Zentrum zu provozieren, indem sie bei gegnerischem Ballbesitz weit auf die Außen schieben, um dann in der Mitte die Bälle zu erobern. Auch im eigenen Ballbesitz fokussiert sich das Spiel der Schweden vor allem auf das Zentrum. Spieler wie Leipzigs Emil Forsberg sind eher spielmachende Außen, sodass ein wirkliches Flügelspiel meist eher über die Außenverteidiger zu Stande kommt. Durch die geringe Risikobereitschaft und die fehlende individuelle Qualität mangelt es den Schweden oft an Durchschlagskraft in der Offensive. Teams wie Deutschland könnte die Mannschaft von Andersson durch die gute Defensivarbeit aber dennoch gehörig Probleme bereiten.

(Photo credit should read MARCO BERTORELLO/AFP/Getty Images)

 

Auf der Suche nach Stars: Die Zeit nach Ibrahimovic

Wie bereits angeklungen hat Schweden mit dem Rücktritt Ibrahimovics deutlich an individueller Qualität eingebüßt. Immerhin stehen mit Victor Lindelöf (Manchester United) und Emil Forsberg (RB Leipzig) zwei Spieler im Kader, die bei internationalen Top-Klubs unter Vertrag stehen. Neben Lindelöf gilt Kapitän Andreas Granqvist als gesetzt in Schwedens Innenverteidigung. Auf sie wird es vor allem ankommen, wenn die „Tre Konor“ die Gruppenphase überstehen will. In der Quali gelang ihnen das mit nur neun Gegentreffern recht gut, Frankreich konnte zu Hause sogar mit 2:1 besiegt werden.

Während Lindelöf für das Aufbauspiel zuständig ist, gilt Granqvist als Verteidiger der alten Schule. Mit seinen 1,92 Metern Körpergröße ist der 33-jährige sehr zweikampfstark und verfügt über ein gutes Kopfballspiel. Auf der linken Verteidigerposition soll Ludwig Augustinsson für einige Offensivimpulse sorgen. Der 24-jährige hat mit Werder Bremen eine gute Saison gespielt und wird diese Form nun auch in der Nationalelf bestätigen wollen. Ein weiterer, aus der Bundesliga (jetzt 2. Bundesliga) bekannter Akteur kommt für den Starterplatz vor der Abwehr in Frage. Albin Ekdal vom HSV darf sich berechtigte Hoffnungen machen, gegen Südkorea neben dem gesetzten Sebastian Larsson von Beginn an auf dem Platz zu stehen. Im Sturm ruhen alle Hoffnungen auf Marcus Berg, der in der WM-Quali immerhin acht Tore beisteuerte. Neben ihm wird wohl Ola Toivonen starten, der die Vorlage zum 1:0 gegen Italien gab.

(Photo by Nils Petter Nilsson/Ombrello/Getty Images)

Prognose: Auftakt entscheidend

Schweden wird sich gehörig anstrengen müssen, wenn sie das Achtelfinale erreichen wollen. Entscheidend ist das Auftaktspiel gegen Südkorea. Mit einem Sieg hätte Anderssons Team eine gute Ausgangslage für die anderen beiden Gruppenspiele. Dazu muss Schweden allerdings mehr Durchschlagskraft in der Offensive erzeugen als zuletzt. Letztlich wird aber wohl die individuelle Qualität nicht ausreichen, um in der Gruppe F zu bestehen. Es droht das nächste Vorrundenaus.

 

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Südkorea: Außenseiter der Gruppe?

Möchte man einen Außenseiter in dieser Gruppe F festmachen, lautet dieser wohl Südkorea. Doch Achtung: Anders als Gruppengegner Schweden waren die Südkoreaner bei den beiden letzten Weltmeisterschaften dabei und schafften 2010 in Südafrika sogar den Sprung unter die besten 16. Ist das Achtelfinale auch dieses Mal drin? Schwer vorstellbar, denn dafür müsste schon einiges bei den „Taeguk Warriors“ passen. Der Weg zur WM ist schnell erzählt: Am Ende qualifizierte man sich durch Rang zwei in der Qualifikationsgruppe hinter dem Iran und vor China, Syrien, Usbekistan und Katar. Hoffnung auf Seiten der Südkoreaner gibt es natürlich trotzdem. Im Gegensatz zu Schweden hat das Team von Trainer Tae-Yong Shin nämlich einen absoluten Top-Spieler in seinen Reihen: Heung-min Son.

Der endgültige Kader

TOR: Seung-gyu Kim (Vissel Kobe), Jin-hyeon Kim (Cerezo Osaka), Hyun-woo Cho (Daegu FC)

ABWEHR: Young-gwon Kim (Guangzhou), Hyun-soo Jang (FC Tokyo), Seung-hyun Jung (Sagan Tosu), Young-sun Yun (Seongnam), Ban-suk Oh (Jeju United), Min-woo Kim (Sangju), Joo-ho Park (Ulsan Hyundai), Chul Hong (Sang), Yo-han Go (Seoul), Yong Lee (Jeonbuk Hyundai Motors)

MITTELFELD: Sung-yueng Ki (Swansea), Woo-young Jung (Vissel Kobe), Se-jong Ju (Asan Mugunghwa), Ja-cheol Koo (FC Augsburg), Jae-Sung Lee (Jeonbuk Hyundai Motors), Seung-woo Lee (Hellas Verona), Seon-min Moon (Incheon)

ANGRIFF: Shin-wook Kim (Jeonbuk Hyundai Motors), Heung-min Son (Tottenham), Hee-chan Hwang (RB Salzburg)

 

Der Trainer: Tae-Yong Shin

Der Trainer ist, zumindest im europäischen Fußball, ein unbeschriebenes Blatt. Ganz anders jedoch in Asien. Denn hier konnte Tae-Yong Shin 2010 als damaliger Chef-Coach von Seongnam FC die asiatische Champions League eintüten (Mittlerweile kickt der Verein übrigens in der zweiten südkoreanischen Liga). Nach anschließenden Trainer-Jobs bei der U20 und der U23 von Südkorea übernahm Shin im letzten Sommer die A-Nationalmannschaft. Ähnlich wie sein Kollege Andersson auf Seiten der Schweden bevorzugt auch der 47-jährige Südkoreaner ein klassisches 4-4-2-System mit zwei Sechsern. Zuletzt ließ er aber auch oft im 4-4-1-1 und 3-5-2 spielen. Gerade gegen das System der Mexikaner könnte das nützlich werden.

(Photo by Chung Sung-Jun/Getty Images)

 

Viel Pressing, wenig Risiko

Das Spiel der Südkoreaner ist sehr direkt und funktioniert aus einer kompakten Defensive heraus. Die Arbeit gegen den Ball hat dabei oberste Priorität, es wird phasenweise extrem früh gepresst. Anders als die Schweden versuchen die Südkoreaner mit ihrem Spiel und ihrem frühen Pressing, das Spiel aus der Mitte wegzutreiben. Gerade im direkten Duell am ersten Spieltag könnte diese Konstellation sehr interessant werden. Die Offensivspieler gehen dabei früh auf den Ballführenden drauf und versuchen durch geschicktes Pressing, das Spiel auf die Außen zu drängen, sodass der oder die Sechser zum Teil in der Luft hängen. Das funktioniert natürlich nur, wenn die gesamte Mannschaft geschlossen verteidigt und die Abstände zwischen den Ketten stimmen.

Ist Südkorea selbst in Ballbesitz, sind sie aber auch in der Lage, den Ball laufen zu lassen und so etwas Ruhe reinzubekommen. Diese Aufgabe kommt vor allem Sung-yong Ki von Swansea City zu. Er ist Kapitän und Mittelfeldmotor der Südkoreaner. Seine Bindung zur Offensive um Starspieler Son ist Ja-choel Koo vom FC Augsburg, der neben Son die Stürmer füttern soll.  Das Ballbesitzspiel der Koreaner läuft dabei oft sehr direkt ab. Der Weg in die Spitze wird möglichst schnell gesucht, sodass viele Angriffe schon früh im Keim erstickt werden. Gehen die schnellen Kombinationen aber doch mal durch, resultiert meist direkt eine Großchance daraus. Da der Fokus also vor allem auf geschlossenem Verteidigen und frühem Pressing liegt, ist eine gute Abstimmung und Eingespieltheit unabdingbar. Beides ist bei Südkorea aber nur zu gewissen Teilen erfüllt. Coach Shin scheint sich noch nicht auf ein klares System festgelegt zu haben und bis auf die genannten Spieler ist auch noch keine klare erste Elf abzusehen. Gegen disziplinierte Teams wie Schweden könnte das zum Problem werden.

 

Schlüsselspieler: Son

Möchte Südkorea für eine Überraschung sorgen und das Achtelfinale oder sogar mehr bei dieser Weltmeisterschaft erreichen, braucht es einen Heung-min Son in absoluter Bestform. Er ist der unangefochtene Star des Teams und Zielspieler seiner Kollegen. An guten Tagen kann er den Unterschied machen, die Anlagen dazu sind vorhanden. Er ist dribbelstark, kommt über starkes Tempo, kann Bälle auch mal festmachen und verteilen. Zudem ist Son der abschlussstärkste Scorer in den Reihen der aktuellen südkoreanischen Auswahl. In 64 Länderspielen bringt es der 25-jährige bisher auf 21 Treffer. Bei seinem Klub Tottenham vornehm auf der linken Seite eingesetzt, kann Son aber auch den rechten Flügel sowie das Sturmzentrum bespielen.

(Photo by Chung Sung-Jun/Getty Images)

Auch in dieser Saison überzeugte der ehemalige Leverkusener wieder zu großen Teilen. Mit 18 Treffern und 11 Vorlagen hatte Son einen nicht unerheblichen Anteil daran, dass die Spurs auch in der kommenden Spielzeit wieder in der Champions League ran dürfen. Gerade im direkten Duell mit Schweden könnte er derjenige sein, der das Zünglein an der Waage zugunsten von Südkorea ist.

 

Prognose: Mit Applaus raus

Südkorea besitzt sicherlich bessere Anlagen als es der erste Blick auf den Kader vermuten lässt. Mit ihrer aggressiven und disziplinierten Spielweise sind die Südkoreaner durchaus in der Lage, die Gegner in ihrer Gruppe vor Probleme zu stellen. Weiter vorne wird es dann darauf ankommen, ob Son den Unterschied machen kann. Dennoch wird das weder gegen Deutschland noch gegen Mexiko ausreichen. Ein Sieg gegen Schweden ist drin, mehr aber vermutlich nicht.

 

90Plus-Tabellenprognose
  1. Deutschland
  2. Mexiko
  3. Schweden
  4. Südkorea

Nico Scheck

Aufgewachsen mit Elber, verzaubert von Ronaldinho. Talent reichte nur für die Kreisliga, also ging es in den Journalismus. Seit 2017: 90PLUS. Manchmal: SEO. Immer: Fußball. Joga Bonito statt Catenaccio.


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