„Credit where it’s due“ und ein Weltklasse-Özil…

23. Oktober 2018 | Premier League Awards | BY Chris McCarthy

Die Premier League meldet sich aus der Länderspielpause zurück. So auch unsere Awards. Im Fokus: Natürlich das Top-Spiel zwischen Chelsea und Manchester United….

 

„Credit where it’s due“ – Award: José Mourinho

Zweites Spiel in Folge, in dem wir den so heftig in der Kritik stehenden José Mourinho loben? Jep!

Nachdem der Portugiese letzte Woche den „Totgesagte leben Länger“ – Award erhielt, trat er mit seinen taktischen Anpassungen in der Halbzeit sportlich betrachtet wieder positiv in Erscheinung. Wie schon gegen Newcastle, als die Red Devils einen 0:2 Halbzeit-Rückstand drehten, fand Mourinho auch gegen den FC Chelsea in der Pause beim Stand von 0:1 die passenden Worte.

Agierte United in der ersten Halbzeit noch viel zu passiv und ging dementsprechend verdient in Rückstand, stand im zweiten Durchgang eine total veränderte Mannschaft auf dem Platz. Die Gäste zwangen in Mourinho’s altem Wohnzimmer den Blues ihr körperbetontes Spiel auf, gingen plötzlich resolut in die Zweikämpfe und erstickten damit den ballbesitzorientierten Stil der Gastgeber im Keim.

Mit mehr zielorientiertem Denken und Elan ging die Mourinho-Elf nicht unverdient durch einen Doppelpack von Anthony Martial 2:1 in Führung. Dass die formstarken Londoner in der fünften Minute der Nachspielzeit dennoch den Ausgleich erzwangen, mindert zwar das Ergebnis, nicht aber die erneut erfolgreichen Anpassungen Mourinhos zur Halbzeit.

Es ist nicht immer schön und Manchester United sollte erst gar nicht in diese Situationen kommen. Doch Mourinho erreicht trotz der großen Kritik nach wie vor das Team, weckt den Kampfgeist seiner Spieler und findet Wege, Korrekturen vorzunehmen und Ergebnisse einzufahren. Credit where it’s due.

(Photo by Michael Regan/Getty Images)

 

„Weltklasse“ – Award: Mesut Özil

Bei den ganzen Negativschlagzeilen der letzten Monate, der Erdogan-Affäre, den Statements, der negativen Propaganda und letztendlich dem Rücktritt aus der Nationalmannschaft, geriet schnell in Vergessenheit, was für ein Weltklasse-Fußballer Mesut Özil ist, bzw. sein kann.

Ja, Mesut Özil war in den letzten paar Jahren nicht in Bestform. Einen „Dreck“, wie ein bekannter Wurstwarenverkäufer aus München vor kurzem deklarierte, spielte der Edeltechniker dabei allerdings bei Leibe nicht zusammen. Özil ist eben ein Typ Spieler, der erst dann brillieren kann, wenn seine Mitspieler die Räume erkennen, die Özil für sie vorsieht oder kurz gesagt, wenn seine Mannschaft funktioniert und positiv agiert. Alles Faktoren, die in den letzten Jahren bei Arsenal, gerade in den Top-Spielen, quasi nicht vorhanden waren. Das soll keine Entschuldigung sein. Özil selbst tauchte des Öfteren zu sehr unter, aber das ist nun mal sein Spiel und das konnte dadurch nur selten zur Geltung kommen.

Zu was der Ex-Nationalspieler allerdings in der Lage ist, wenn alles passt, wurde uns beim 3:1 seiner Gunners über Leicester eindrucksvoll demonstriert. Özil, von der Kapitänsbinde sichtlich beflügelt, dirigierte das Comeback der Nordlondoner. Erst leitete er sein perfekt getimtes 1:1 selbst ein, dann lieferte er mit einem hervorragend platzierten Steilpass auf Bellerin den „Pre-Assist“ zum 2:1 durch Pierre-Emerick Aubameyang.

Die Krönung des Spiels war allerdings das 3:1. In der eigenen Hälfte initiierte der Linksfuß mit einer sehenswerten Hacken-Ablage den Konter, stürmte mit nach vorne, ließ, mit sensationellem Gespür für den Raum hinter sich, einen für ihn gedachten Pass durch die Beine, löste sich schnell und bereitete nach dem direkten Zuspiel von Lacazette den 3:1 Endstand durch Aubameyang mit dem Außenrist fast schon liebevoll selbst vor.

Ein wunderschön herausgespielter Treffer. Im Mittelpunkt natürlich der Dreh- und Angelpunkt des Abends: Ein Mesut Özil in Weltklasseform.

(Photo by Catherine Ivill/Getty Images)

 

 

„Arbeitssiege“ – Award: Liverpool &  Tottenham

Während der kleine Kader Tottenhams quasi seit Saisonstart auf dem Zahnfleisch geht, ist auch Liverpool trotz der beachtlichen Ausbeute von 23 aus 27 möglichen Punkte derzeit nicht in der aller besten Verfassung. Die Erschöpfungszustände der Spurs und die minimalen Formprobleme der Reds blieben am neunten Spieltag ohne Folgen.

Sowohl Tottenham (1:0 bei West Ham) als auch Liverpool (1:0 bei Brighton) fuhren unspektakuläre, knappe Arbeitssiege ein. Doch daran liegt auch das Positive. Beide finden Wege, auch unter erschwerten Umständen, die Spiele zu gewinnen. Drei Punkte gibt es in der Premier League nämlich nie geschenkt…

„Die Reichen werden reicher“ – Award: Manchester City

Allmählich scheint die Offensivmaschinerie von Manchester City wieder richtig warm zu laufen. Vergangenes Wochenende konnte daran selbst die für gewöhnlich so organisiert und diszipliniert agierende Mannschaft des FC Burnley nichts ändern. Zumindest nicht länger als eine Halbzeit, als man den übermächtigen Gastgeber frustrierte und lediglich ein Tor zuließ.

In der zweiten Halbzeit wandelten die Cityzens ihre Dominanz letztendlich in Tore um. Nach knapp einer Stunde führte man gegen die kompakt verteidigenden Gäste dank teilweise herausragenden Treffern mit 3:0. „Und da fehlt noch De Bruyne“ werden sich die Clarets und auch die Konkurrenten gedacht haben, als sie mit ansehen mussten, wie Manchester City immer näher an die Top-Form des Vorjahres rückte. Der Belgier wurde zwei Monate nach seiner Knie-Operation wenige Minuten später eingewechselt, zog wie gewohnt die Fäden und war maßgeblich daran beteiligt, dass der amtierende Meister noch zwei Tore drauf legte.

Nachdem die Cityzens in seiner Abwesenheit fünf von sieben Saisonspielen gewannen, dabei beachtliche 19 Tore erzielten, bekommt Pep Guardiola nun seinen besten Spieler zurück. Die Reichen werden reicher und die Premier League sollte sich in Acht nehmen, City läuft langsam zur Hochform auf…

(Photo by OLI SCARFF/AFP/Getty Images)

„Fehlgeleiteter Geiz“ – Award: Mike Ashley

Über Newcastle, besser gesagt Besitzer Mike Ashley, wurde in den vergangenen Jahren zu Genüge berichtet. Um es kurz zu machen, Ashley sieht es nicht ein, Geld in den Klub zu stecken und vertraut blind darauf, dass das Trainer Rafael Benitez schon regeln wird. Im Hinterkopf denkt er nämlich schon seit einiger Zeit an einen Verkauf des Klubs. Ein aus seiner Sicht akzeptables Gebot traf bisher allerdings nicht ein.

Letztes Jahr ging es gut, der spanische Trainer holte beim damaligen Aufsteiger das Maximum aus seinem limitierten Kader heraus und konnte relativ bequem den Abstieg verhindern. Für Ashley ein klares Zeichen dafür, dass sein minimalistischer Ansatz genügt. Falsch gedacht, denn nach neun Spieltagen konnten die Magpies kein einziges Spiel gewinnen, stehen nach dem 0:1 bei Brighton mit zwei Pünktchen auf dem letzten Platz der Tabelle.

Die Saison ist noch lang und Benitez ist es zweifelsohne zuzutrauen, dass er das Ruder rumreißt, doch Ashley wäre gut beraten, es nicht darauf ankommen zulassen und im Winter den Geldbeutel zu zücken. Ansonsten könnte es schlecht aussehen. Für den Klub, die treuen Fans, den sympathischen Trainer, aber auch für das Investment des kontroversen Besitzers. Sein fehlgeleiteter Geiz könnte ihn eher Geld kosten, als Geld sparen…

„Geld ist nicht alles“ – Award: Fulham

Als Fulham als Aufsteiger im Sommer über 100 Millionen Euro für neue Spieler in die Hand nahm, rechnete kaum einer damit, dass die Londoner etwas mit dem Abstiegskampf zu tun haben würden.

Falsch gedacht. Nach dem 2:4 beim eigentlich harmlosen Mit-Aufsteiger Cardiff hat Fulham die drittwenigsten Punkte (5), dafür aber die mit Abstand meisten Gegentore der Liga vorzuweisen (25). Geld ist nun mal nicht alles, die unbestrittene Qualität der Spieler nämlich auch nicht. Trainer Slavisa Jokanovic steht vor der schwierigen Aufgabe, aus den zwölf Neuzugängen eine ausbalancierte Mannschaft auf den Platz zu stellen. Das benötigt viel Geduld und Zeit…

„Millennial“ – Award: Ryan Sessegnon

Nochmal Fulham. Am Aufstieg der Cottagers hatte Top-Talent Ryan Sessegnon mit seinen 15 Toren einen erheblichen Anteil. Folglich jagte ganz England den Teenager. Doch zum Glück der Londoner, wollte dieser im gewohnten Umfeld die Premier League erkunden.

Nach Startschwierigkeiten scheint Sessegnon nun endlich in der obersten Spielklasse Englands anzukommen. Beim 2:3 gegen Cardiff wurde er nun der erste Torschütze der Premier League, der nach der Jahrtausendwende geboren wurde.

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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