Breite Reds, späte Einsicht bei West Ham und ein Denkanstoß von Gündogan…

24. September 2018 | Premier League Awards | BY Chris McCarthy

Nach sechs Spieltagen steht der FC Liverpool mit einem Startrekord ohne Punktverlust an der Tabellenspitze. Wie es soweit kam und was sich noch so am Wochenende in der Premier League abspielte, das thematisieren wir wie immer anhand unser 7 Awards…

 

„Plötzliche Tiefe“ – Award: FC Liverpool

In den letzten Jahren war die Kadertiefe wohl mit der größte Kritikpunkt am FC Liverpool. Die intensive Spielweise der Reds zollte oftmals gerade gegen Saisonende ihren Tribut.

Das hat sich nach den großen Ausgaben der letzten Transfer-Fenster nun geändert. Liverpool verfügt plötzlich über einen breiten Kader. Nicht durch qualitativ hochwertige Ergänzungsspieler, sondern dadurch, dass bisherige Leistungsträger durch die Verpflichtungen von Top-Spielern eher ins zweite Glied gerutscht sind. So hat Jürgen Klopp nach einem kräftezerrenden Spiel gegen Paris Saint-Germain in der Champions League plötzlich den Luxus, ohne große Bedenken, rotieren zu können.

Joel Matip, Xherdan Shaqiri und Roberto Firmino, gegen PSG allesamt verletzt oder nicht berücksichtigt, rückten gegen ein etwas trostloses Southampton in die Startelf und hatten allesamt einen großen Einfluss auf den 3:0 Erfolg.

Firmino arbeitete wie gewohnt ungemein viel, riss Lücken für die Offensive. Shaqiri, sicherlich unglücklich über seine Reservistenrolle, wirkte hoch motiviert, erzwang nach einem Solo ein Eigentor zum 1:0. Bevor der Schweizer per sehenswerten Freistoß an die Latte das 3:0 indirekt einleitete, hatte der Gomez-Ersatz Matip per Kopf bereits auf 2:0 erhöht.

Der FC Liverpool hat plötzlich einen tiefen Kader. Es herrscht Konkurrenzkampf und wichtiger noch, auf der Bank befinden sich hochwertige Alternativen. So sind die Reds zweifelsohne im Kreis der Titelkandidaten.

(Photo PAUL ELLIS/AFP/Getty Images)

 

„Besser spät als nie“ – Award: West Ham

Wir waren bereit, West Ham und damit Mauricio Pellegrini komplett abzuschreiben. So desolat präsentierten sich die Hammers defensiv und vor allem, so erschreckend desinteressiert und lustlos präsentierten sie sich beim schmeichelhaften 0:1 gegen Wolverhampton.

Doch Pellegrini belehrte uns eines Besseren. Der eigentlich so offensiv orientierte Coach sah ein, dass es ohne Defensivarbeit nicht geht. Stand das Mittelfeld mit Mark Noble und Jack Wilshere noch offen wie ein Scheunentor, kehrte gegen Everton die Einsicht ein. Der Chilene wählte mit Rice, Obiang und Noble zwar ein destruktiveres, unkreatives Mittelfeld, doch hauchte damit der schlechtesten Defensive der Liga endlich Kompaktheit, Ordnung und damit dem gesamten Team mehr Balance ein. 

Nach dem 3:1 bei Everton rang West Ham dem FC Chelsea nun mit einer beherzten und couragierten Leistung ein 0:0 ab. Dabei hatten die Hammers sogar noch Pech, nicht als Sieger vom Platz zu gehen. Chelsea kam kaum zu Chancen, während die Hausherren gefährliche Konter setzten, die allerdings kläglich vergeben wurden.

Mit Marko Arnautovic, der verletzt zusehen musste, wäre vielleicht ein Sieg drin gewesen, doch West Ham wird der Punkt trotzdem freuen. Wichtiger noch, die Anpassungen stimmen, die Entwicklung zeigt in die richtige Richtung und die Leistungen sind deutlich besser. Besser spät als nie.

(Photo by Stephen Pond/Getty Images)

„Egal wie“ – Award: Tottenham

Drei Niederlagen in drei Spielen. Das hat es bei Tottenham unter Mauricio Pochettino noch nie gegeben. Nicht wenige rechneten damit, dass gegen ein kampfstarkes Brighton eine vierte Pleite hinzukommen würde, denn der kleine Kader der Spurs wirkt nach kraftintensiver WM sichtlich erschöpft und ausgebrannt.

Tottenham konnte die Talfahrt allerdings bremsen, gewann 2:1 in Südengland. Dabei wird es Pochettino egal sein, dass man ausgerechnet durch ein Handspiel einen Elfmeter erhielt und das 1:0 mehr oder weniger geschenkt bekam. Es ist nach den so schweren Wochen jedem in Nordlondon egal, dass Brighton die Gelegenheit verpasste, die müden und verunsicherten Gäste in der ersten Halbzeit zu fordern. Es ist egal, dass die Seagulls in der zweiten Halbzeit einen Elfmeter verdient hätten, deutlich näher am 1:1 waren als die Londoner am 2:0. Es ist egal, dass das 2:0nach einem Konter durch Lamela dennoch fiel. Es ist egal, dass Brighton in der Nachspielzeit auf 2:1 verkürze und sogar die Chance auf den Ausgleich hatte.

Tottenham hat gewonnen und die Talfahrt gebremst, ganz egal wie. Mannschaft und Trainer werden nun hoffen, dass der jüngste Erfolg die Erschöpfung etwas in Vergessenheit geraten lässt.

(Photo by Shaun Botterill/Getty Images)

 

„Denkanstoß“ – Award: Ilkay Gündogan

Bei den vielen Verletzungen, der „Erdogan-Affäre“ und der schwachen Weltmeisterschaft der deutschen Nationalmannschaft gerät schnell in Vergessenheit, dass Ilkay Gündogan ein überragender Fußballer ist.

Beim 5:0 über Cardiff, einem wahren Klassenunterschied, war es der Mittelfeldspieler, der in Abwesenheit von David Silva das Spiel in die Hand nahm und die Fäden zog. Gündogan war dabei ungemein aktiv, engagiert und ständig darauf bedacht, etwas Positives zu bewirken. Der 29-fache Nationalspieler war quasi bei jeder Offensivaktion der Cityzens involviert. Dabei leitete er die ersten zwei Toren indirekt ein, ehe er zum 3:0 nach einem Doppelpass sehenswert selbst mit einem Winkeltor abschloss. Mit seiner Vorlage zum 4:0 durch Riyad Mahrez war sein Arbeitstag nach knapp 70 Minuten beendet.

Klar, das hoffnungslos überforderte Cardiff ist nicht der Gradmesser, aber Gündogan lieferte uns gestern einen eindrucksvollen Denkanstoß, über welch ungemein hohe Qualität er verfügt.

(Photo by Gareth Copley/Getty Images)

 

„Welcome back“ – Award: Burnley

Letzter Premier-League-Sieg im April, ein Punkt nach fünf Spieltagen, das Abenteuer Europa nach drei kräftezerrenden Qualifikationsrunden bereits vorbei. Burnley, das Überraschungsteam der letzten Saison, legte 2018/2019 einen Horror-Start hin.

Gegen Bournemouth meldeten sich die Clarets nun eindrucksvoll zurück. Die Cherries, ihrerseits einer der Überraschungsteams der noch jungen Saison, wussten bei der 0:4 Niederlage nicht wie ihnen geschieht. Bournemouth hatte die größeren Spielanteile, deutlich mehr Schüsse, aber Burnley demonstrierte die Eigenschaften, die das Team 2017/2018 so auszeichnete.

Ohne die zusätzliche Belastung der Europa League sind die Kaltschnäuzigkeit, Effizienz und vor allem die Intensität der Vorsaison zurück. Die ersten drei Punkte sind in der Tasche. Welcome back Burnley…

(Photo by Alex Livesey/Getty Images)

 

„Portugiese Connection“ – Award: Wolverhampton

Zugegeben, bei den Wolves ist dieser Award recht nahe liegend. Mit kräftiger Unterstützung von Star-Berater Mendez ist der außergewöhnliche Aufsteiger mit einer Vielzahl portugiesischer Spieler hoher Qualität ausgestattet.

Die ganz großen Erfolge blieben noch aus, doch die Wolves deuteten, unter anderem beim 1:1 gegen Manchester City, bereits mehrfach an, dass man in der Premier League einiges vor hat. Auch im Old Trafford agierte Wolverhampton mit viel Spielwitz, Energie und vor allem ohne Angst.

So war es auch mehr als verdient, dass man nach dem 1:0 der Red Devils durch Fred noch zum Ausgleich kam. Ausschlaggebend dafür war natürlich die portugiesische Connection. Vom portugiesischen Trainer Nuno Espírito Santo sicherlich einstudiert, starteten gleich drei seiner Landsmänner in der 53. Minute nicht nur einen perfekten, sondern einen spielentscheidenden Angriff. Helder Costa setzte sich auf dem rechten Flügel durch, spielte in den Strafraum, Raúl Jiménez schirmte ab, spielte auf den heranstürmenden Joa Moutinho, der sehenswert abschloss.

Unterstützt von der portugiesischen Connection wird der Aufsteiger sicherlich noch das ein oder andere Ausrufezeichen setzen. Alles andere als ein einstelliger Tabellenplatz wäre überraschend.

(Photo by Gareth Copley/Getty Images)

 

Award: Lucas Torreira

Machen wir es kurz. Lucas Torreira kam endlich zu seinem Startelf-Debüt in der Liga. Arsenal gewann durch Tore von Alexandre Lacazette und Pierre-Emerick Aubameyang mit 2:0. Ja, zu Null! Zum ersten Mal in der Ära „Emery“.

Dass dies ausgerechnet beim Start-Debüt des Uruguayers geschah, ist kein Zufall. Mit dem defensiven Mittelfeldspieler haben die Gunners in 311 Minuten ein Torverhältnis von 10:2 vorzuweisen, ohne ihn in 319 Minuten eines von 6:11.

Warum? Das haben wir hier angesprochen…

http://ec2-35-159-50-186.eu-central-1.compute.amazonaws.com/arsenal-emery-sucht-balance-dabei-sitzt-sie-wenige-plaetze-hinter-ihm/

 

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


Ähnliche Artikel