Spotlight

Ligue 1 Vorschau 2/5 | Marseille, SCO Angers, FC Nantes, FC Metz

6. August 2019 | Spotlight | BY Manuel Behlert

 Es ist soweit! Auch die französische Ligue 1 startet bereits früh im August wieder in die Saison. Meister Paris Saint Germain geht natürlich auch in diesem Jahr als absoluter Topfavorit ins Rennen, insgesamt hat sich aber viel getan. Vorab analysieren wir alle 20 Mannschaften detailliert.

Teil 1: Paris Saint Germain, SC Amiens, AS Saint-Etienne, Stade Rennes

Teil 2: Olympique Marseille, SCO Angers, FCO Dijon, FC Metz

Olympique Marseille

(Letzte Saison: 5. Platz)

Alles neu mit AVB?

„L’OM“ hat eine durchwachsene Spielzeit hinter sich. Waren die oberen drei Ränge das erklärte Saisonziel, reichte es am Ende nur für Platz fünf. In der Europa League, wo man 2018 noch das Finale erreichte, schied man in der Gruppenphase sang- und klanglos mit nur einem einzigen Punkt aus. In der Liga lief es mit insgesamt 61 Punkten zwar deutlich besser, man ließ allerdings die nötige Konstanz vermissen und verpasste als Fünftplatzierter schließlich das internationale Geschäft. Der Vertrag des umstrittenen Trainers Rudi Garcia lief am Saisonende aus. Trotz seiner insgesamt soliden zweieinhalb Jahre genoss der Franzose nicht mehr die volle Rückendeckung der sportlichen Leitung, die Trennung war die Folge.

(Photo by Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)

Der Portugiese André Villas Boas ist nun der neue starke Mann in Marseille, nach einer fast zweijährigen Pause kehrt er auf die Trainerbank zurück. Er hat schon in vielen Ländern Erfahrungen gesammelt und leitet nun erstmals ein Team in der Ligue 1. Villas-Boas hat bei einigen Stationen gezeigt, dass er Akteure innerhalb seines Systems verbessern kann und gilt als taktisch sehr fortschrittlicher Trainer. Wie auch sein Vorgänger Garcia bevorzugt Villas-Boas das 4-2-3-1 System, in Sachen Ausrichtung dürfte sich also nicht allzu viel ändern. Kleinere Anpassungen und Feinheiten sind aber sicher frühzeitig sichtbar.

Wie kompensiert man die Abgänge?

Leistungsträger Lucas Ocampos (25) hat die Südfranzosen verlassen, der Linksaußen wechselt für 15 Millionen Euro nach Spanien zum FC Sevilla. Im Offensivbereich verließ auch Clinton N‘Jie (25) den Verein und schließt sich Dinamo Moskau an. Ebenfalls nicht mehr dabei ist Mario Balotelli (28), der Vertrag des italienischen Nationalstürmers wurde nicht verlängert. Mit Yusuf Sari wurde ein weiteres Sturmtalent abgegeben und in der Defensive lief die Leihe von Aymen Abdennour (Valencia) aus.

Marseille hat bis jetzt knapp über zwanzig Millionen Euro eingenommen, mit dem Investieren taten sich die Südfranzosen aber schwer. Durch das Verpassen des Europapokals hat man nicht den gewünschten Spielraum, was sich in den langwierigen Verhandlungen um einen Transfer von Stürmer Dario Benedetto zeigte. Getreu dem Motto „Gut Ding will Weile haben“ konnte OM den 29-jährigen aber doch noch verpflichten und stellte ihn am Montagnachmittag offiziell vor. Während Benedetto die Lücke schließen soll, die Mario Balotelli hinterließ, verstärkt Alvaro Gonzalez (29), der mit Kaufoption aus Villarreal geliehen wurde, die Hintermannschaft. Mehr Transfers haben sich bislang noch nicht ergeben, OM sondiert aber weiterhin den Markt.

Die Säulen müssen sich steigern

Der Kader ist dementsprechend an einigen Stellen noch unausgeglichen. Auf der Torwartposition hat man mit Mandanda (34) und Pelé (36) zwei erfahrene Keeper vor einem jungen Talent. Der 19-jährige Ahmadou Dia kam aus der zweiten Mannschaft und soll sich an der Seite der Routiniers entwickeln. In der Verteidigung ist man quantitativ gut aufgestellt und hat neben erfahrenen Verteidigern auch junge, entwicklungsfähige Talente. Das Mittelfeld wurde bislang nicht weiter verstärkt und ist komplett zusammengeblieben.

Vermutlich wird mit dem 21-jährigen Maxime Lopez ein Talent im defensiven Mittelfeld noch mehr Verantwortung übernehmen. „L’OM“ ist in diesem Bereich am breitesten aufgestellt und sah hier keinen Handlungsbedarf. Durch ausgebliebene Transfers kommt es hier vor allem auf Maxime Lopez und Florian Thauvin (26), der zuletzt mit einem Wechsel nach Valencia liebäugelte, an. Feste Größen wie beispielsweise Offensivstar Dimitri Payet (32) werden sich wieder steigern müssen, wenn man ins internationale Geschäft möchte.

Im Fokus: Florian Thauvin

(Photo by DAMIEN MEYER/AFP/Getty Images)

In der abgelaufenen Spielzeit steuerte der französische Nationalspieler sowohl die meisten Tore als auch die meisten Vorlagen bei. Auf seiner Position als Rechtsaußen ist er ein wichtiger Fixpunkt im Offensivspiel, zumal die Außenbahnen in Marseilles Spiel auch weiterhin von großer Bedeutung sind. Außerdem sucht der 26-jährige immer wieder den Weg durch die Mitte und kann flexibel eingesetzt werden. Er ist der zentrale Spieler im Offensivspiel, muss Ideen geben und das Angriffsspiel strukturieren.

Newcomer: Boubacar Kamara

Boubacar Kamara war letzte Saison die positive Überraschung in Marseilles Hintermannschaft, der U-20 Nationalspieler Frankreichs konnte sich in der ersten Mannschaft etablieren und spielte eine sehr ordentliche erste Profisaison. Bleibt er konstant, spielt der 19-Jährige auch in dieser Spielzeit eine wichtige Rolle, gerade weil OM keine große Transferoffensive starten konnte.

Prognose

Der Kader von Olympique Marseille wurde bislang unzureichend verstärkt, birgt durch den Variantenreichtum einiger Akteure aber trotzdem eine Menge Potential. Entscheidender als weitere Neuverpflichtungen wird aber sein, wie viel Neu-Coach André Villas-Boas aus seinem Team herausholt. Kommen noch ein oder zwei gezielte Verstärkungen wie beispielsweise Ersatz für Lucas Ocampos, dann sollte die Teilnahme am Europapokal ein realistisches Ziel sein.

Piet Bosse

SCO Angers

(Letzte Saison: 13. Platz)

Geht der Blick nach oben?

Seit fünf Jahren spielt der SCO Angers nunmehr in der französischen Ligue 1 und seither geht es in jeder Saison von Beginn an darum, dass man möglichst frühzeitig den Klassenerhalt feiern kann. Nach Platz 13 in der abgelaufenen Saison hat man in der kommenden Spielzeit einiges vor und will sich sogar ein wenig nach oben orientieren. Dass das kein absolut utopisches Ziel ist, zeigt ein Blick auf den Kader.

Doch der Reihe nach: Zunächst muss man auf die Veränderungen im Team von Trainer Stephane Moulin blicken, der seit 2011 im Amt ist und entsprechend schon zum Inventar des SCO Angers zählt. Einige Spielern, darunter Thomas Toure (25) oder Baptiste Guillaume (24), verließen den Klub auf Leihbasis. Mit Flavien Tait (26), den es zu Stade Rennes zog, musste man nur einen wichtigen  Spieler ziehen lassen. Die 9 Millionen Euro, die Tait einbrachte, wurden nicht einmal komplett reinvestiert. Rachid Alioui (27) kam ablösefrei aus Nimes, Mathias Pereira Lage (22) wurde für 1,5 Millionen Euro von Clermont Foot verpflichtet und Sada Thioub (24), der ebenfalls aus Nimes kam, ist mit 3,5 Millionen Euro Ablöse schon der Toptransfer für Angers.

Man setzt auf Bewährtes

Der Kader wurde nach einer guten Saison also nicht allzu sehr verändert. Das ist vor allem im Hinblick auf Schlüsselspieler, die in Angers blieben, sehr wichtig. Denn allen voran Jeff Reine-Adelaide (21), der für die französische U21-Nationalmannschaft spielt, wurde in diesem Sommer heiß umworben. Er blieb genauso wie Topstürmer Stephane Bahoken (27) und Baptiste Santamaria (24), der im zentralen defensiven Mittelfeld die Fäden zieht. Auf diese Achse wird es in der kommenden Saison ankommen. Die Mannschaft kennt die Vorgaben des Trainers, das flexible 4-3-3-System, das häufig praktiziert wird, ist eingespielt. 

 (Photo by NICOLAS TUCAT / AFP) 

Eine Besonderheit in diesem System ist, dass häufig ein Spieler, der eigentlich im Zentrum beheimatet ist (wie z. B. Fulgini oder Reine-Adelaide) die Position auf der Außenbahn besetzt. Vor allem Reine-Adelaide, der eine solche Rolle auch in der U21 einnahm, ist prädestiniert für diese Position, weil er enorm spielintelligent und überdies auch technisch versiert ist. Er agiert als eine Art Spielmacher auf der Außenbahn, der sich bei der Arbeit gegen den Ball ins Zentrum fallen lässt und von dort aus Angriffe initiiert. 

Ein großer Vorteil, wenn man die Entwicklung beim SCO Angers betrachtet, ist die Tatsache, dass man sich nicht an eine neue Ausrichtung gewöhnen muss. Die geringe Fluktuation im Kader und die trotz der langen Amtszeit immer neuen Ideen des Trainers sorgen dafür, dass man – obwohl die altbewährten Spieler im Kader stehen – durchaus auch neue, interessante taktische Entwicklungen erwarten kann. 

Im Fokus: Stephane Bahoken

Der 27-jährige Mittelstürmer wechselte zur Saison 2018/19 aus Straßburg zum SCO Angers und avancierte sofort zur Lebensversicherung des kleinen Vereins. Bahoken stand in der abgelaufenen Spielzeit in 32 Partien in der Ligue 1 auf dem Platz und erzielte elf Treffer und bereitete zwei weitere Tore vor.

Der 1,85m große Rechtsfuß ist ein bulliger Angreifer, der prädestiniert für das Spiel des SCO Angers ist. Er kann die Bälle in der Offensive festmachen, seine Mitspieler in Szene setzen und beschäftigt die gegnerische Defensive permanent. Für den SCO Angers wäre es wichtig, dass Bahoken seine sehr gute Saison wieder bestätigen kann. Auf dem Weg zum frühzeitigen Klassenerhalt (oder sogar mehr) kann der Nationalspieler Kameruns zum entscheidenden Faktor werden.

Newcomer: Rayan Ait Nouri

Der 18-jährige Franzose mit algerischen Wurzeln ist ein Eigengewächs und verbrachte die letzten Jahre seiner Jugend in Angers. Der U19-Nationalspieler Frankreichs ist auf der linken defensiven Außenbahn zuhause und durfte in der Vorsaison bereits Profiluft schnuppern. In drei Spielen sammelte er 53 Einsatzminuten in der höchsten französischen Spielklasse, in der kommenden Saison dürfte er deutlich häufiger eingesetzt werden. Denn schon in der Vorbereitung zeigte sich, dass Ait Nouri fester Bestandteil der ersten Mannschaft ist. Mit Pellenard (25) und Ciss (29) hat er zwar zwei Konkurrenten im Kader, diese sind aber nicht so stark, dass sie für Ait Nouri unerreichbar wären. Wenn er seine Qualitäten auf den Platz bringt, dann wird der Youngster in der kommenden Saison häufiger auflaufen. 

Prognose

Der SCO Angers hat sich mittlerweile in der französischen Ligue 1  etablieren können. Und alles spricht dafür, dass der Klub auch in der kommenden Saison die Klasse halten wird. Nur ein wichtiger Spieler wurde abgegeben, die Breite in der Offensive erhöht. Wenn die Schlüsselspieler auch bis zum Ende des Transferfensters bleiben, kann man möglicherweise auch eine signifikante Verbesserung der Platzierung in Angriff nehmen. 

Manuel Behlert

FC Nantes

(Letzte Saison: 10. Platz)

Plötzlich herrscht Chaos

13 Siege, 16  Niederlagen, 48:48 Tore, 42 Punkte. Die Saison des FC Nantes ist mit dem Wort „durchschnittlich“ sehr gut umschrieben. Umso erstaunlicher ist es, dass nun rund um den Klub die ganz große Unruhe herrscht. Denn: Vahid Halilhodzic, der Trainer des Klubs, hat erst kürzlich sein Amt niederlegt, offiziell aus persönlichen Gründen. Kurz vor dem Start der Saison ist das natürlich ein riesengroßes Problem. Der FC Nantes sucht nun nach einem neuen Übungsleiter, hat sich laut einem Bericht der „L’Equipe“ eine Absage bei Gennaro Gattuso eingehandelt. Wenige Tage vor Saisonbeginn ohne Cheftrainer dazustehen ist natürlich suboptimal, das Training leitet zurzeit der Co-Trainer von Halilhodzic, der 52-jährige Patrick Collot.

Die Trainerfrage ist nicht die einzige Frage, die beim FC Nantes noch offen ist. Der Kader ist mit 32 Spielern derzeit relativ groß, aber keinesfalls vollkommen ausgewogen besetzt. Mit Koffi Djidji (26, FC Turin, 4,5 Mio. Euro) und Diego Carlos (26, FC Sevilla, 15 Mio. Euro) verlor man zwei wichtige Innenverteidiger. Überraschenderweise konnte man bisher nicht einen einzigen Spieler auf dieser Position verpflichten. Erfolge auf dem Transfermarkt konnten aber trotzdem gefeiert werden, mit der Leihe von Alban Lafont von der Fiorentina gelang dabei sogar ein echter Coup. Der Torhüter wird die Hintermannschaft definitiv stabilisieren können. Auch Marcus Coco (23), der für 3 Millionen Euro aus Guingamp kam, stellt wohl sofort eine Verstärkung dar. Bei mehr als 14 Millionen Euro Transferplus sollte zudem noch ein Verteidiger verpflichtet werden können. 

Die Innenverteidigung als Großbaustelle

Und das ist auch bitter nötig! Denn einen Topverteidiger hat man nicht in den eigenen Reihen, die Innenverteidigung fällt qualitativ im Vergleich mit den anderen Mannschaftsteilen enorm ab. Das Problem ist, dass man ohne zu wissen welcher Trainer in Kürze an der Seitenlinie steht auch keine adäquaten Argumente hat um Spieler von einem Wechsel nach Nantes zu überzeugen. Umso wichtiger ist eine schnelle Klärung der Trainerfrage, damit die letzten wichtigen Personalien geklärt werden können. 

(Photo by Sebastien SALOM-GOMIS / AFP) 

Außerhalb der Innenverteidigung ist der Kader auf einigen Positionen mit der nötigen individuellen Klasse versehen. Mehr als diese individuelle Klasse kann man nicht beurteilen, denn ohne eine finale Entscheidung auf der Trainerposition kann man auch nur schwer prognostizieren, welche Ausrichtung der Klub wählen wird. Mit Kapitän Rongier (24) und Abdoulaye Touré (25) ist das Mittelfeldzentrum jedenfalls sehr gut besetzt, auch der junge Moutoussamy spielte sich letzte Saison in den Vordergrund. Die Offensive ist ein wenig mit dem Defensivzentrum zu vergleichen, denn auch dort herrscht mehr Quantität als Qualität. Ja, das Transferfenster ist noch bis zum 2. September offen, aber die Probleme sind zu eklatant, alles zu lösen erscheint sehr unrealistisch. 

Im Fokus: Valentin Rogier

Der 24-jährige zentrale Mittelfeldspieler ist abgesehen von Neuzugang Alban Lafont der Topstar im Team des FC Nantes. Rongier ist Dreh- und Angelpunkt im Mittelfeld und ein absoluter Führungsspieler, der viele Qualitäten auf und neben dem Platz mitbringt. Vor allem aufgrund der aktuellen Lage in Nantes muss Rongier dafür sorgen, dass die Stimmung in der Mannschaft positiv bleibt. Er ist außerdem auf dem Platz gefordert um Ruhe und Ordnung in das Spiel des FC Nantes zu bekommen. Gerade in der Anfangsphase der kommenden Spielzeit wird Rongier als Ansprechpartner für die anderen Spieler und als Sprachrohr der Mannschaft gefordert sein. Vielleicht sogar umfassender, als es auf dem Platz der Fall ist. 

Newcomer: Abdoulaye Dabo

Der offensive Flügelspieler wurde in Nantes geboren und spielt schon seit 2014 für den FC Nantes. Bis 2022 ist er an den Klub gebunden und in Nantes traut ihm jeder eine große Zukunft zu. Der Franzose mit Wurzeln in Guinea ist ein typischer Flügelspieler. Er ist wendig, dribbelstark und verfügt über einen enormen Zug zum Tor. In der Saison 2018/19 konnte Dabo bereits zweimal in der Ligue 1 auflaufen, nun will er natürlich mehr. Je nachdem wie der Cheftrainerposten besetzt wird und abhängig davon wie sehr der neue Coach auf junge Spieler baut, könnte Dabo schon eine sehr gute Rolle spielen. 

Prognose

Wenn ein Verein wenige Tage vor dem Ligaauftakt keinen Trainer hat, fällt eine Prognose natürlich schwer. Die Fakten sprechen aber eine klare Sprache: Die Innenverteidigung ist zu schwach besetzt und auch in den anderen Mannschaftsteilen findet man eher Quantität als Qualität. Lösungen müssen her – und zwar in allen Bereichen. Mit einem neuen Trainer und einer entsprechenden Spielidee in Verbindung mit ein bis zwei klugen Ergänzungen auf dem Transfermarkt könnte das schlimmste Szenario noch einmal verhindert werden. Gelingt das nicht, dann findet man den FC Nantes sogar womöglich im Abstiegskampf wieder. 

Manuel Behlert

FC Metz

(Letzte Saison: Aufstieg)

In der Ligue 1 etablieren

Der FC Metz war zuletzt eine klassische „Fahrstuhl-Mannschaft“. Ein kleiner Auszug: 2014 Aufstieg in die Ligue 1 als Zweitliga-Meister, 2015 Abstieg als 19. der Ligue 1, 2016 Aufstieg als Dritter der zweiten Liga, 2017 Klassenerhalt als 14. der Liga 1, 2018 Abstieg als Letzter der Ligue 1 und 2019 schließlich der Wiederaufstieg als Zweitliga-Meister.

Die letzte Spielzeit war demzufolge also eine sehr erfolgreiche. Mit 81 Punkten hatte Metz zehn Punkte Vorsprung auf den „Relegations-Platz 3“ und sogar 16 Punkte Vorsprung auf Platz 4. Man kann also von einem äußerst souveränen Aufstieg sprechen. Und auch der Saisonverlauf ist mehr als nur souverän: Ab dem zweiten Spieltag (!) war Metz durchweg Tabellenführer. Und am ersten Spieltag war man nur aufgrund des nur knappen 1:0-Siegs nicht Spitzenreiter. Das Wort „Start-Ziel-Sieg“ trifft es also ganz gut.

(Photo by VALERY HACHE / AFP)

Metz kommt also mit mächtig Rückenwind in das französische Oberhaus und wird mit aller Macht versuchen die Klasse dieses Mal auch längerfristig zu halten. Um das zu gewährleisten, versuchten die Verantwortlichen die Aufstiegsmannschaft zusammen zu halten und punktuell zu verstärken.

Wichtige Bausteine wurden gehalten

Das hat auch soweit ganz gut funktioniert. Die bisherigen Leih-Spieler Victorien Angban (22, defensives Mittelfeld, 6 Millionen Euro Ablöse, Chelsea U23) und Habib Maiga (23, defensives Mittelfeld, 1 Mio. €, St. Etienne) konnten fest verpflichtet werden. Außerdem wurde mit Fabien Centonze (23, Rechtsverteidiger, 3 Mio. €, Lens) und Manuel Cabit (26, Linksverteidiger, ablösefrei, Ajaccio) zwei neue Außenverteidiger verpflichtet. Komplettiert wird das Ganze durch die beiden Leihspieler Kevin N’Doram (23, defensives Mittelfeld, Monaco) und Thierry Ambrose (22, Stürmer, ManCity). Schmerzhafte Abgänge musste man bis dato nicht verzeichnen.

Das ist eine sehr angenehme Ausnahme, schließlich ist Metz vor allem dafür bekannt ein sehr guter Ausbildungsverein zu sein und seine Spieler dann aber verkaufen zu müssen. Prominente Namen sind hier u.a. Ismaila Sarr, Miralem Pjanic, Moussa Niakhate, Emmanuel Adebayor, Louis Saha, Kalidou Koulibaly, Papiss Cisse, Maxwell Cornet, Szablocs Huszti oder auch Franck Ribery.

Doch werfen wir noch einen genaueren Blick auf die Mannschaft. Mit einem Gesamtmarktwert von nur 37,05 Millionen Euro (laut Transfermarkt.de) hat Metz den zweitniedrigsten Marktwert aller Ligue 1 Teams, einzig Mitaufsteiger Stade Brest liegt noch darunter. Demzufolge findet man vor allem viele „No Names“ vor. Mit einem Altersschnitt von 24,8 Jahren verfügt Metz dafür aber über eine relativ junge Mannschaft (Ligadurchschnitt ist 25,1 Jahre), die sich noch weiter entwickeln könnte. Das Prunkstück der Mannschaft ist dabei sicherlich die Defensive, die in der abgelaufenen Saison lediglich 23 Gegentore in 38 Ligaspielen hinnehmen musste (zweitbester Wert der Ligue 2). Im Tor dürfte der froschgebackene Afrikameister Alexandre Oukidja (31, blieb aber ohne Einsatz) ebenso gesetzt sein, wie die beiden erfahrenen Innenverteidiger John Boye (32) und Stoppila Sunzu (30). Komplettiert wird diese Achse durch den zentralen Mittelfeldspieler und Kapitän Renaud Cohade (34), der mit der Erfahrung von über 500 Pflichtspielen in Frankreich eine Art Anführer ist.

Um diese vier Spieler herum gesellen sich dann viele deutlich jüngere und teilweise sehr talentierte Spieler mit viel Potenzial. Der Star des Teams ist aber sicherlich Top-Stürmer Habib Diallo (24), der in der abgelaufenen Saison stolze 26 Tore (in 37 Einsätzen) erzielte und in der Torjäger-Liste einzig Brest-Stürmer Charbonnier (27 Tore) den Vortritt lassen musste. Auf seine Tore wird es im Oberhaus mehr denn je ankommen. Wenn möglich, sollte Metz allerdings versuchen die Abhängigkeit vom senegalesischen Nationalspieler, der in der abgelaufenen Saison mehr als 43% der Tore erzielte, zu reduzieren.

Abgesehen davon fehlt es dem Kader (noch) an der Breite in der Innenverteidigung (im Grunde ist kein echter Backup vorhanden) und ein zweiter Rechtsverteidiger sollte nach Möglichkeit noch verpflichtet werden. Nach dem momentanen Stand der Dinge wären Ausfälle in der Defensive nämlich nicht zu kompensieren. Ansonsten sind alle Positionen im angestammten 4-3-3-System, das Trainer Vincent Hognon bevorzugt, gut besetzt.

Im Fokus: Habib Diallo

Mit 26 Toren und weiteren sechs Assists in den 37 Einsätzen der Vorsaison war er DIE Lebensversicherung seiner Mannschaft, was sich womöglich auch in der kommenden Spielzeit nicht ändern dürfte. Das 1,86m große Kraftpaket verfügt über eine starke Physis, ein gutes Tempo, ein gutes Kopfballspiel und einen überzeugenden Abschluss. Außerdem versucht er sich auch immer wieder ins Kombinationsspiel einzuschalten und ist auch durchaus bereit auf die Außenbahnen auszuweichen. Technisch wirkt er mitunter etwas unorthodox, doch das liegt auch zu guten Teilen an seiner Statur.

Mit seinen 24 Jahren ist Diallo zwar kein echter Youngster mehr, doch erst in der letzten Saison schaffte er seinen Durchbruch so richtig. Bereits 2013 kam er aus dem Senegal zum FC Metz und schaffte schließlich 2015 den Sprung von der zweiten in die erste Mannschaft. Dort gelangen ihm in der Ligue 2 auf Anhieb neun Tore und zwei Assists in 17 Einsätzen, doch in der Ligue 1, in der darauf folgenden Saison, tat er sich sehr schwer (nur ein Tor in 19 Spielen), weshalb in in der Winterpause in Summe für eineinhalb Jahre an Stade Brest ausgeliehen wurde. In Brest kam Diallo insgesamt auf 16 Tore und sechs Assists in 49 Einsätzen, womit er sich für eine neue Chance bei seinem Stammverein empfahl, die er vollauf zu nutzen wusste. Nun wird er sich aller Voraussicht nach auch ein zweites Mal in der Ligue 1 versuchen dürfte, mal sehen ob ihm auch dabei der Durchbruch im zweiten Anlauf gelingen wird.

Newcomer: Ibrahima Niane

(Photo by FREDERICK FLORIN / AFP)

Auch unser Newcomer stammt aus dem Senegal und hört auf den Namen Ibrahima Niane. Der 20-jährige kann auf allen drei Positionen im Angriff in Hognons 4-3-3-System spielen und kam in der letzten Saison noch sehr häufig als Joker zum Einsatz. Dennoch gelangen ihm stolze 10 Tore und zwei Assists in 33 Ligaspielen, wobei er nur auf 1.360 Minuten kommt. Dazu kommen noch kombinierte drei Tore in sechs Pokaleinsätzen (Coupe de France, Coupe de la Ligue), was seine Fähigkeiten ebenfalls unterstreicht.

Nianes Problem, weshalb er oft auch nur als Joker ins Spiel kommt, ist, dass er Diallos Profil sehr ähnelt. Mit seinen 1,87m hat er eine sehr ähnliche Statur und auch in seinem Spielstil weist er große Ähnlichkeiten zu Diallo auf. Er ist ein echter Torjäger mit großen Qualitäten im Abschluss, er ist durchaus gut im Kopfballspiel, recht schnell auf den Beinen ist ebenfalls sehr durchsetzungsstark. Außerdem ist er ebenfalls eindeutiger Rechtsfuß. Bedenken, dass er wieder nicht über die Rolle des Jokers hinauskommt, liegen sicherlich nahe, doch in der Ligue 1 wird er sicherlich mehr denn je benötigt und angesichts seines jungen Alters und seines Potenzials ist ihm definitiv zuzutrauen, dass er in der kommenden Spielzeit den nächsten Schritt macht.

Prognose

Als Aufsteiger geht für Metz natürlich einzig und allein um den Klassenerhalt. Die starke Aufstiegsmannschaft wurde nahezu vollständig zusammengehalten, Leistungsträger wurden (bisher) gar nicht abgegeben und zudem wurden einige notwendige Ergänzungen vorgenommen. Sollte man die noch offenen Schwachpunkte in der Kaderplanung noch ausmerzen können, ist der Klassenerhalt definitiv mehr als nur möglich. Die Verantwortlichen des FC Metz scheinen dazugelernt zu haben, was sich nun auch in Form einer weiteren Ligue 1 Saison auszahlen könnte. Nichtsdestotrotz wird es auch nicht deutlich mehr werden, als der Klassenerhalt.

Christoph Albers

(Photo by PASCAL GUYOT / AFP)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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