Leverkusen vs Bayern München: Die Jagd nach Nummer 2(0)

4. Juli 2020 | Vorschau | BY Victor Catalina

Vorschau | Showtime! Bayer Leverkusen und der FC Bayern treffen im 77. Pokalfinale aufeinander. Wenn die Begegnungen dieser beiden in der Bundesliga eines versprochen haben, dann Spektakel.

Anpfiff der Partie ist am Samstag, 20:00 Uhr, Live bei Sky und ARD.

  • Leverkusen optimistisch – „Wollen Pokalsieger werden“
  • FC Bayern: Flick „guter Dinge“, Performance aus Leverkusen wiederholen zu können
  • Besseres Komplettpaket als Schlüssel zum Sieg?

Bayer Leverkusen: Mit Optimismus zum Titel

Wir schreiben das Jahr 1993. Werder Bremen holte die Meisterschale an die Weser, Olympique Marseille – mit einem gewissen Rudi Völler im Sturm – gewann die erste Ausgabe eines neuen Wettbewerbs namens Champions League. Und der Pokal? Der ging nach Leverkusen. Mit 1:0 setzte sich die Werkself gegen die Hertha-Amateure durch, Ulf Kirsten erzielte den entscheidenden Treffer für die Mannschaft von Dragoslav Stepanovic.

27 Jahre später soll der zweite Triumph her. Zuletzt allerdings zeigte sich Leverkusen eher inkonstant. Unentschieden auf Schalke, Niederlage bei Hertha BSC, fünf Punkte, die Bayer letztendlich die Champions League gekostet haben.

Inwiefern dieser Dämpfer noch in den Hinterköpfen der Spieler hängt, wird das Finale morgen zeigen. Äußerlich geben die Leverkusener ein grundweg optimistisches Bild ab. „Es ist nur ein Spiel um den Titel, und wir fahren nach Berlin, um dieses Spiel zu gewinnen. Wir wollen Pokalsieger werden. In einem Spiel ist immer viel möglich. Wir haben die Bayern auch in der Liga in dieser Saison schon geschlagen. Das ist eine gute, eine sehr gute Mannschaft. Aber das sind wir auch“, so Sportdirektor Simon Rolfes (38).

Die Message ist klar: Leverkusen will angreifen. Peter Bosz (56): „Wir haben eine Mannschaft, die sehr offensiv aufgestellt ist“.

Quelle: kicker

Bayer Leverkusen ist in den letzten Jahren spielerisch wesentlich stärker geworden. In den entscheidenden Kategorien wie Ballbesitz, Passquote, gespielte und angekommene Pässe liegen sie diese Saison teilweise weit über Ligadurchschnitt.

Schnelle Kombinationen als Schlüssel

Klar ist: Will Leverkusen gegen die Münchener bestehen, müssen sie die perfekte Mischung aus Risiko und Stabilität finden. Angreifen, aber nicht kopflos. Beim 2:4 vor einigen Wochen haben sie das Mittelfeld bei gegnerischen Angriffen zu einfach preisgegeben, was jeweils in Gegentoren und einem 1:3-Halbzeitrückstand endete. Allein Serge Gnabry hatte kurz vor der Pause in zwei baugleichen Szenen freie Fahrt in Richtung Lukas Hradecky.

Stattdessen könnte Leverkusen versuchen, in Ballbesitz verstärkt auf schnelle Kombinationen zu setzen. Das funktionierte schon beim 2:1-Sieg in der Allianz Arena, sowie der frühen 1:0-Führung durch Lucas Alario im Rückspiel. Auch Borussia Dortmund haben sie so Anfang des Jahres spektakulär mit 4:3 in die Knie gezwungen.

(Photo by Dean Mouhtaropoulos/Bongarts/Getty Images)

Dazu kommt, dass Bayer mit Kevin Volland (27) wieder auf einen Spieler zurückgreifen kann, der nicht nur weiß, wie man solche Aktionen vollendet, sondern sie auch einleiten kann. Auch Kai Havertz (21) wird – anders, als beim 2:4 Anfang Juni – auflaufen können. Einzig Daley Sinkgraven und Paulinho, der sich im Training einen Kreuzbandriss zuzog und bereits operiert wurde, werden ausfallen.

Taktisch wäre vorstellbar, dass Peter Bosz – anders, als noch im letzten Duell – auf eine Viererkette setzt, um den Münchenern weniger eins-gegen-eins-Situationen zu ermöglichen. Zumal das bayerische Pressing ohne Thiago (29) im Mittelfeld bei Weitem nicht so strukturiert wirkt, wie mit ihm. Für Bayer wird es auf zwei Dinge besonders ankommen: Resilienz bei gegnerischen Angriffen und Effizienz bei den eigenen. Nur so kann der im Vorfeld geäußerte Optimismus auch Früchte tragen.

FC Bayern München: Der nächste Schritt – zum Triple?

Eine bewegte Woche neigt sich in München dem Ende entgegen. Bereits am Dienstag absolvierte Alexander Nübel (23) den Medizincheck, einen Tag später trat die Beförderung von Hasan Salihamidzic (43) zum Sportvorstand in Kraft. Es folgte noch am selben Tag die offizielle Präsentation von Tanguy Kouassi (18) an der Säbener Straße. Abgerundet wurde die Woche, als die einjährige Transfersaga um Leroy Sané (24) zu einem – für die Münchener – positiven Ende kam. Heute verkündete Karl-Heinz Rummenigge (64) zudem relativ eindeutig, dass Thiago den Verein im Sommer wohl verlassen wird. Moment. War da nicht noch was?

Genau. Ein Endspiel nämlich. Es sei jedem verziehen, der kurz den Überblick verloren hat. Gleichzeitig aber auch verständlich aus Sicht der Münchener, die sich in einer entscheidenden Phase des Umbruchs befinden.

Auf dem Platz präsentierte sich der FC Bayern zuletzt (fast) makellos. Mit dem 4:0 in Wolfsburg knackten sie die 100-Tore-Marke. Dazu sind sie 2020 wettbewerbsübergreifend noch immer ungeschlagen. Einzig mit der schier unerträglichen Schmach gegen RB Leipzig nur Unentschieden gespielt zu haben, müssen sie irgendwie klarkommen. Quelle blamage.

Mannschaft wirkt unter Flick kompletter

Spaß beiseite. Wenn man sich allerdings die Spiele der Münchener im Detail anschaut, fällt auf, dass auch sie wesentlich kompletter geworden sind. Natürlich ist der FC Bayern weiterhin eine Mannschaft, die in einem Spiel das Gros an Ballbesitz für sich beansprucht. Doch vor allem in den Partien in Dortmund (1:0) oder gegen Borussia Mönchengladbach (2:1) wurde deutlich, dass sie unter Hansi Flick auch die „abwartende“ Rolle beherrschen. Zudem haben sie in dieser Bundesligasaison fünf Kontertore erzielt und damit fast doppelt so viele, wie in den vergangenen beiden Spielzeiten (drei). Auch im Fußball gilt Charles Darwins Theorie „Survival of the fittest„. Derjenige gewinnt, der sich Gegner und Umständen am besten anpassen kann.

(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Besonders die könnten am Samstag zum Faktor werden, Stichwort: leere Ränge. „Es ist ein Finale und das ist etwas Besonderes. Es wird sicher nicht das Gleiche sein, wie in der Liga. Daher wähle ich sicher eine andere Ansprache“, so Hansi Flick (55).

In München ist man vor dem Finale weniger euphorisch, sondern eher gewohnt fokussiert: „Ich war mit der Trainingsleistung in dieser Woche zufrieden. Die Art und Weise, die Qualität und Intensität hat mir sehr gefallen. Das sind gute Voraussetzungen und gibt eine gewisse Sicherheit.“ Man treffe am Samstag auf eine Mannschaft, „die uns mit ihren Stärken weh tun kann. Wir wissen, dass sie enorm viel Speed in den Reihen haben. Wir haben uns darauf eingestellt. Das hat vor wenigen Wochen auch in Leverkusen funktioniert und daher bin ich guter Dinge, dass es auch morgen klappt.“

Auch personell darf Flick optimistisch sein. Bis auf Javi Martínez (31) und Corentin Tolisso (25) sind alle Spieler mit an Bord. Ablenkung durch die Neuzugänge? Fehlanzeige. Das Finale kann kommen.

Prognose

Leverkusen und der FC Bayern sind zwei Mannschaften, die sinnbildlich für Offensivfußball stehen, die aber auch spielerisch dank ihres enormen Tempos über ein sehr gutes Komplettpaket verfügen. Allerdings zeigten sich die Münchener zuletzt gefestigter – und holen Titel 20.

Mögliche Aufstellungen:

Bayer Leverkusen: Hradecky – Wendell, Tapsoba, S. Bender, Weiser – Aranguiz, Baumgartlinger – Bailey, Havertz, Diaby – Volland

FC Bayern München: Neuer – Davies, Boateng, Alaba, Pavard – Goretzka, Kimmich – Coman, Müller, Gnabry – Lewandowski

(Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

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Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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