Leverkusen gegen Porto um gute Ausgangslage bemüht

20. Februar 2020 | Champions League | BY Manuel Behlert

Vorschau | Bayer 04 Leverkusen kämpft in der Europa League um den Einzug in das Achtelfinale. Gegen den FC Porto soll der Grundstein dafür zuhause in der BayArena gelegt werden. Wir blicken zusammen mit Frank Lußem (Kicker) auf das Spiel!

Anpfiff der Partie ist am Donnerstag, 21 Uhr, live auf DAZN (Registriere dich jetzt auf DAZN und erhalte einen Gratismonat).

Die stetige Entwicklung von Bayer Leverkusen

Als Peter Bosz im Dezember 2018 als neuer Trainer von Bayer 04 Leverkusen vorgestellt wurde, hatten viele Fans noch den anfangs begeisternden, später wilden Hau-Ruck-Pressingfußball des Niederländers in Dortmund im Sinn. Einen Fußball, der zwar für Spektakel sorgte, aber unter einem Trainer, dem offenkundig die Anpassungsfähigkeit fehlte. Auch in Leverkusen gab es unter Bosz Momente, in denen man sich in die letzten Wochen seiner Amtszeit in Dortmund zurückversetzt fühlte, doch mittlerweile dominieren andere Schlagzeilen.

Von einer kontinuierlichen Entwicklung, die von kleineren Höhen und Tiefen gezeichnet ist, kann derzeit die Rede sein. Leverkusen legt mehr Wert auf Balance, gleichwohl in Verbindung mit Pressingelementen und teilweise sehr hohen Ballbesitzzahlen. Bayer 04 muss nun im restlichen Saisonverlauf unter Beweis stellen, dass man neben aufregenden Spielen wie in der Bundesliga gegen Borussia Dortmund (4:3) auch in der Lage ist, die nötige Reife nachzuweisen. Die K.O.-Spiele gegen den FC Porto, einen Dauergast im internationalen Geschäft, sind dafür ein guter Indikator.

(Photo by Lukas Schulze/Bongarts/Getty Images)

In der Gruppenphase der Champions League bekam es die Werkself mit Juventus, Atletico und Lokomotive Moskau zu tun. Und ausgerechnet im ersten Spiel zuhause gegen Moskau verlor die Bosz-Elf und musste einen herben Rückschlag hinnehmen. Mit null Punkten startete Bayer in die Rückrunde, gewann immerhin gegen Atletico und das Rückspiel in Moskau, sodass vor dem letzten Spiel noch eine Resthoffnung herrschte, die im Endeffekt aber nicht erfüllt wurde. Das Ausscheiden in einer solchen Gruppe ist keine Schande, allerdings wäre mehr möglich gewesen, denn vor allem Atletico bot etwas an.

Aktuell stimmt die Tendenz, denn nicht nur Schlüsselspieler wie Havertz finden derzeit zu ihrer Topform, auch die Ergebnisse sind positiv. Fünf der sechs Pflichtspiele nach der Winterpause wurden gewonnen, lediglich die Niederlage Anfang Februar in Hoffenheim war ein Dämpfer.

FC Porto: Gefährlicher Gegner mit offenen Fragen

Die Saison 2019/20 begann für den FC Porto alles andere als gut, als man in der Qualifikation zur Champions League schon in der 3. Runde an Krasnodar scheiterte. Die Portugiesen, sonst eigentlich immer zum Inventar der Königsklasse gehörend, mussten sich also schon von Anfang an mit der ungeliebten „kleinen Schwester“, der Europa League, begnügen. Ebenso traditionell musste Porto auch vor dieser Saison wieder Abgänge hinnehmen. Oliver Torres zog es zum FC Sevilla, Felipe wechselte zu Atletico Madrid, Eder Militao zu Real Madrid. 

In der Gruppenphase der Europa League hatten die Portugiesen durchaus Mühe. Nach einem Auftaktsieg gegen die Young Boys folgten drei Spiele ohne Sieg, vor allem die magere Ausbeute (1:1, 0:2) gegen die Rangers aus Glasgow war ein Problem. Mit einem Sieg im Rückspiel gegen die Young Boys (2:1) und einem 3:2 gegen Feyenoord wurde der Einzug in die K.O.-Runde am Ende aber noch fixiert.

(Photo by MIGUEL RIOPA / AFP) 

In der portugiesischen Liga stehen die Dragões derzeit auf dem zweiten Platz, nur einen Punkt hinter Tabellenführer Benfica. Mit 17 Siegen und je zwei Remis und Niederlagen spielt der Klub eine sehr gute Saison, doch einige Fragen bleiben offen. Die portugiesische Liga fällt qualitativ im Vergleich zu anderen europäischen Ligen doch etwas ab, der Abstand auf den dritten Platz beträgt beispielsweise bereits 16 Punkte.

Viele Härtetests gibt es in der heimischen Spielklasse einfach nicht, häufig ist man vor allem individuell deutlich überlegen. Beim Heimsieg gegen Benfica vor wenigen Wochen zeigte der FC Porto eine engagierte Leistung, aber in der Defensive auch Schwächen. Und genau das ist der Ansatzpunkt für Bosz und seine Mannschaft. 

Leverkusen vs. Porto: Die Balance entscheidet

Kontrollierte Offensive ist also das Stichwort. Die Portugiesen müssen permanent beschäftigt werden, dann ergeben sich automatisch Torchancen. Der erfahrene Verteidiger Pepe wird ausfallen, zuletzt fehlte auch Danilo Pereira, der Kapitän und Stabilisator vor der Abwehr. Sein Einsatz ist zumindest von Beginn an sehr fraglich. Das macht es für die Gäste nicht einfacher, die defensive Ordnung aufrecht zu erhalten, zumal Pepe ein Spieler ist, der auch mal mit einem Foul oder einer angezettelten Diskussion den Spielfluss des Gegners unterbinden kann.

Vor allem der Formanstieg von Havertz ist sehr positiv für Bayer. Denn die schnellen Flügelspieler werden auf Spieler wie Telles und Corona treffen, die ebenfalls sehr viel Tempo mitbringen und dagegenhalten können. Die zusätzliche Wucht, die Havertz bei seinen Vorstößen in den Strafraum mitbringt, könnte also eine entscheidende Waffe sein.

Auch nach Vorstößen der angesprochenen Telles und Corona könnten Lücken entstehen, die genutzt werden können. Zwar ist auch für den FC Porto die Balance enorm wichtig, die beiden angesprochenen Außenverteidiger sind aber unabdingbar für das Offensivspiel. Telles ist mit sieben Toren, gemeinsam mit Tiquinho Soares und Zé Luis, der Toptorschütze in der Liga, Corona steht bereits bei beeindruckenden zehn Torvorlagen. Vor diesen Antreibern wird Bosz die Mannschaft warnen.

„Wenn die Defensive stabil bleibt, kann Bayer weit kommen“

Vor dem Hinspiel sprachen wir mit Kicker-Redakteur Frank Lußem, der sich unter anderem mit Bayer 04 Leverkusen beschäftigt, über die anstehenden Spiele gegen den FC Porto.

90PLUS: In der Liga steht Bayer nur knapp hinter Platz vier, im DFB-Pokal wurde das Viertelfinale erreicht, zudem verlängerte Trainer Bosz und mit Palacios wurde ein sehr guter Spieler verpflichtet. Auch fußballerisch deutet vieles darauf hin, dass die Entwicklung in die richtige Richtung geht. Wie würdest du die aktuelle Gesamtsituation rund um die Werkself derzeit beurteilen?

Frank Lußem: Momentan ist alles noch ein wenig inkonstant. Auf der einen Seite hast du Siege gegen Dortmund, Schalke oder Bayern und auf der anderen Seite Niederlagen gegen Köln oder Hertha. Die tun besonders weh, wenn man bedenkt, dass es genau die Punkte sind, die zur Tabellenspitze fehlen. Dennoch geht vieles in die richtige Richtung. Spieler wie Kai Havertz finden zur Normalform zurück, Neuzugänge wie Moussa Diaby oder zuletzt auch Edmond Tapsoba und Palacios werden immer besser in die Mannschaft integriert.

90PLUS: Bayer Leverkusen spielt zuerst in der BayArena, muss eine Woche später nach Portugal. Der FC Porto gilt als heimstark, schlug zuletzt Benfica im Topspiel zuhause. Bayer benötigt also ein gutes Ergebnis im Hinspiel, um eine gute Chance auf das Achtelfinale zu besitzen. Welche Herangehensweise würdest du gegen diesen Gegner empfehlen, auf welche Stärken seiner Mannschaft sollte Peter Bosz setzen?

FL: Ich denke, Bosz wird die Stärken sehen wollen, die er immer sehen will: Er will immer ein kontrolliertes, dominantes Spiel seiner Mannschaft sehen. Von daher wird das auch gegen den FC Porto die entsprechende Marschroute sein. Vorne drauf, Ballbesitz, gutes Positionsspiel, Gegenpressing, schnelle Kombinationen, schnelles Umschaltspiel. Auch wenn das zuletzt nicht immer geklappt hat – das sind die Stärken, die Bayer auch in der Europa League weiterbringen sollen und können.

90PLUS: Natürlich muss man in Leverkusen einen Schritt nach dem anderen machen, aber das Spiel gegen Dortmund zuletzt zeigte, wozu die Mannschaft auch in Drucksituationen fähig sein kann. Außerdem war in diesem Spiel auch eine für Bayer ungewohnte Effizienz erkennbar. Wie weit kann es für Leverkusen in Europa gehen? Welche Schwächen müssen noch behoben werden, um möglicherweise sogar vom Titel träumen zu können?

FL: Die Effizienz ist da ein gutes Stichwort. Zuletzt war es immer so, dass Bayer sich viele Chancen rausspielen, aber nur wenige verwerten konnte. Gerade Kevin Volland machte zu häufig eine schlechte Figur vor dem Tor. Auf der einen Seite ist es ein gutes Zeichen, wenn man sich gegen die meisten Gegner Tormöglichkeiten herausspielen kann.

(Photo by Oliver Hardt/Bongarts/Getty Images)

Auf der anderen Seite kann es zu einem Knick in der Stimmung führen, wenn der Chancenwucher zu lange betrieben wird und zu Niederlagen führt. Ich bin mir nicht sicher, ob es für den Titel reicht, aber wenn die Defensive ähnlich stabil bleibt wie in weiten Phasen der laufenden Saison und die Chancen genutzt werden, kann Bayer weit kommen.

90PLUS: Abschließend, kurz und knackig: Welches Team setzt sich über Hin- und Rückspiel durch und warum?

FL: Leverkusen, weil sie in der letzten Zeit bewiesen haben, sich in schwierigen Spielen durchzusetzen zu können.

Prognose

Wie bereits angedeutet: Der FC Porto ist eine heimstarke Mannschaft, das Estadio do Dragao kann schnell zu einem Hexenkessel werden. Peter Bosz wird seiner Mannschaft also mit auf den Weg geben, dass ein Sieg ohne Gegentor eine sehr gute Ausgangslage herbeiführen wird – und so muss die Marschroute auch sein.

Gelingt es Bayer, defensiv so stabil zu agieren, wie es in dieser Saison in einigen Spielen vorbildlich umgesetzt wurde, wird der Gast aus Portugal große Schwierigkeiten bekommen. Die Werkself wirkt stabiler als in weiten Strecken der letzten Monate und hat trotzdem noch Luft nach oben, kann auch in kurzen Phasen ein Spiel mit einer Leistungssteigerung entscheiden.

Gegen einen schweren Gegner ist Bayer 04 deswegen definitiv ein Heimsieg zuzutrauen. Dennoch muss man sich für das Rückspiel unabhängig vom Ergebnis auf alles gefasst machen.

Mögliche Aufstellungen:

Bayer Leverkusen: Hrádecky – L. Bender, Tah, S. Bender, Sinkgraven – Palacios, Amiri, Havertz, Diaby, Bellarabi – Volland

FC Porto: Marchesín – Alex Telles, Marcano, Mbemba, Corona – Sérgio Oliveira, Uribe, Otavio, Luis Díaz – Marega, Soares

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(Photo by Lars Baron/Bongarts/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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