Die große Premier League Vorschau (4/5) – Tottenham, Liverpool, West Brom & Stoke

10. August 2017 | Vorschau | BY Chris McCarthy

Am Freitag eröffnen der FC Arsenal und Leicester City die Premier League Saison 2017/2018. In unserer fünfteiligen Vorschau nehmen wir alle 20 Mannschaften unter die Lupe und nennen unter anderem auch 20 Newcomer, die man auf dem Zettel haben sollte.

In Teil 4 geht es weiter mit Tottenham, Liverpool, West Brom & Stoke

Die anderen Teile sind unten verlinkt 

 

Tottenham Hotspur FC

(letzte Saison 2. Platz)

Vorschau

Wie schon im Vorjahr wurde für die Tottenham Hotspur eine fantastische Saison nicht mit einem Titel belohnt. Trotz der besten Offensive und der besten Defensive der Liga, trennten die Londoner letztendlich sieben Punkte von der ersten Meisterschaft seit 1961.

(Photo ADRIAN DENNIS/AFP/Getty Images)

„Nur noch wenige Zentimeter trennen uns von einer Meisterschaft“, sagt Dele Alli (21) nach einer fantastischen Saison, an der er mit 18 Toren und 9 Assists maßgeblich beteiligt war. Verzichtete der Vater des Aufschwungs, Trainer Mauricio Pochettino (45), vielleicht deswegen bisher auf einen nennenswerten Neuzugang?

Nein, der Grund warum die Spurs, trotz des Verlustes von Kyle Walker (26; Manchester City, 51 Millionen Euro) und der unermüdlich aufrüstenden Konkurrenz auf dem Transfermarkt keine Akzente setzen, ist wohl ein anderer. Die Nordlondoner ziehen 2018 in ein neues teures Stadion. Folglich ist eine positive Transferbilanz aus finanzieller Sicht fast schon unabdingbar. Namhafte Neuzugänge, bis auf vielleicht Ross Barkley (23; Everton), sind also nicht zu erwarten.

Glücklicherweise verfügt Tottenham in Pochettino sowieso über einen Trainer, dessen Erfolg auf ein geschlossenes Kollektiv, Kontinuität und eine stabile Grundordnung beruht. Eigens entwickelte Top-Spieler, wie Harry Kane (24), Dele Alli, Christian Eriksen (25) und Co. zu halten, war diesen Sommer ohnehin die wahre Priorität.

 

Prognose

Während es Tottenham auch in Zeiten des Sparens dank seiner herausragenden Einzelspieler und Mauricio Pochettino mit den finanziellen Schwergewichten der Liga aufnehmen kann, ist der Gewinn der Premier League auch nach der Vizemeisterschaft sicherlich etwas weiter entfernt, als wenige Zentimeter. Die Spurs profitierten von verhältnismäßig schwachen Jahren der Konkurrenz. Auch wenn das die starken Leistungen nicht schmälern soll, so hat sich besagte Konkurrenz in diesem Sommer gewaltig verstärkt. Der Kampf um Platz vier ist realistisch. Alles weitere wäre ein Zubrot.

 

Im Fokus

Wie kommen die Tottenham Hotspur mit der temporären Spielstätte zurecht? Die White Hart Lane, in der das Team in der vergangenen Saison kein einziges Heimspiel verlor, wurde abgerissen und die New White Hart Lane ist erst ab 2018 beziehbar. Die Heimspiele werden in der kommenden Spielzeit also im Wembley Stadium ausgetragen, was für die heimstarken Spurs kein unwesentlicher Faktor ist. Bisher war die 90.000 Plätze umfassende Arena, sei es in der Champions League oder im FA-Cup, jedenfalls kein Glücksbringer…

Newcomer

(Photo by Mike Hewitt/Getty Images)

In der abgelaufenen Spielzeit kam Harry Winks (21) zu seinem Profi-Debüt. Letztendlich würde der Engländer zu 33 Einsätzen kommen und mit einem langfristigen Vertrag bis 2022 belohnt werden. 2017/2018 soll für „Little Iniesta“, wie ihn Pochettino liebevoll adelt, der endgültige Durchbruch folgen. Wie der spanische Nationalspieler, ist auch Winks ein passsicherer und dribbelstarker Spielgestalter, der sich in der kommenden Saison mit etwas Glück und Vertrauen in der ersten Elf fest spielen könnte.

 

Liverpool FC

(letzte Saison 4. Platz)

Vorschau

Obwohl einige Fans des Liverpool FC nach dem starken Platz zwei zum Jahreswechsel wieder zu träumen begannen, war man mit der letztendlichen Endplatzierung auf Rang vier realistisch gesehen voll im Soll. Dem Kader von Jürgen Klopp (50) fehlte es an Tiefe, sodass die intensive Spielweise gegen Saisonende seinen Tribut zollte und in der Rückrundentabelle lediglich Platz sieben heraus sprang. In der kommenden Saison winkt jedenfalls die Königsklasse, doch erst muss die sicherlich fordernde Qualifikationsrunde gegen die TSG Hoffenheim bestanden werden.

(Photo CHRISTOF STACHE/AFP/Getty Images)

Aufgrund der bevorstehenden Belastung durch Euro oder Champions League ist es umso verwunderlicher, dass die Reds auf dem Transfermarkt bisher äußerst passiv agierten.

Der Hauptfokus galt zunächst einmal mehr der Offensive. Mohamed Salah (25; AS Rom; 42 Millionen Euro) sollte den schon jetzt überaus potenten Angriff, bestehend aus Roberto Firmino (25) und Sadio Mané (25), noch schneller, flexibler und unberechenbarer machen. Schlüssel dafür ist zweifelsohne der Verbleib von Spielgestalter Philippe Coutinho (25). Kann er den Avancen aus Barcelona widerstehen?

Weiter hinten gibt es zusätzliche Fragezeichen. Nachdem Southampton drohte, den Traditionsverein wegen irregulären Vorgehens im Rahmen der Bemühungen um Virgil van Dijk (26) zu melden, nahm man zunächst Abstand von der so dringend nötigen Verpflichtung eines Abwehrstabilisators. Immerhin die vakante Position des Linksverteidigers, bisher durch Mittelfeldspieler James Milner (31) kompensiert, wurde durch den talentierten Andrew Robertson (23; Hull; 9 Millionen Euro) endlich besetzt.

Genügt das, um in der kommenden Saison einen weiteren Schritt nach vorne zu machen? Eher nicht, denn die so intensive Spielweise fordert, wie im Vorjahr schmerzlich erfahren, mehr Verletzungen und auch Energie, sodass es eigentlich eine höhere Qualität auf der Bank bedarf. Immerhin zeigen die gescheiterten Bemühungen um Naby Keita (22), dass man für den richtigen Spieler breit ist, tief in die Tasche zu greifen. Trotz einer Rekord-Offerte in Höhe von 75 Millionen Euro erklärte RB Leipzig seinen Mittelfeldspieler für unverkäuflich. Bitter für Jürgen Klopp, denn Keita hätte dank seiner Ausdauer, Technik, Pass- und Ballsicherheit das Team in der Schaltzentrale auf Anhieb signifikant aufgewertet und endlich mehr Struktur verliehen.

 

Prognose

Auf den ersten Blick scheint der Kader nicht breit genug aufgestellt zu sein, um bei drei Wettbewerben auf Dauer (!) eine nennenswerte Rolle zu spielen. Hinzu kommt, dass die englische Konkurrenz nicht geschlafen und sich signifikant verstärkt hat. Falls die Reds nicht noch den ein oder anderen Kracher auf dem Transfermarkt landen, und damit ist kein potentieller Ersatz für Coutinho gemeint (unten mehr), wird es wohl schwer, wieder in die Top-4 zu stoßen.

 

Im Fokus

(Photo by Victor Fraile/Getty Images)

Obwohl sich der FC Barcelona laut Klopp „die Energie sparen kann“, ist die Zukunft des so wichtigen Philippe Coutinho (25) noch nicht in Stein gemeißelt. Die Katalanen versuchen scheinbar den Brasilianer, nach dem Abgang seines Landsmannes Neymar (25) und den neu gefunden finanziellen Ressourcen, ins Camp Nou zu locken. Sollte man ihn verlieren – und das wird sich vor Saisonbeginn sicherlich nicht entscheiden – dann glich das für das Team einer Katastrophe. Coutinho ist nämlich einer der wenigen kreativen Mittelfeldspieler, die Jürgen Klopp zur Verfügung stehen.

Newcomer

2016/2017 wurde Ben Woodburn (17) dank eines Treffers im Ligapokal mit gerade einmal 17 Jahren zum jüngsten Torschützen der Vereinsgeschichte. Letztendlich blieb es in seiner Debüt-Saison zwar nur bei 82 Liga-Minuten, doch der Waliser zeigte, über welches Potential er verfügt! In der diesjährigen Saisonvorbereitung kam der Youngster oft auf der „10er-Position“ zum Einsatz – und überzeugte. In der kommenden Spielzeit sollte Woodburn dank seiner Vielseitigkeit zu mehr Einsätzen kommen. Klopp ist jedenfalls glücklich darüber: „Ich habe keine Ahnung, was seine beste Position ist, ich bin nur glücklich darüber, ihn zu haben“.

West Bromwich Albion FC

(letzte Saison 10. Platz)

Vorschau

Nach einer ereignisarmen, allerdings recht zufrieden stellenden Saison, die letztendlich auf dem zehnten Platz beendet wurde, sollte im achten Erstliga-Jahr in Folge West Bromwich eigentlich einen weiteren kleinen Sprung nach vorne machen. Das erhofften sich zumindest die Fans und Trainer Tony Pulis (59), natürlich mit der finanziellen Unterstützung der neuen chinesischen Investoren.

(Photo by Shaun Botterill/Getty Images)

Doch die namhaften Verpflichtungen blieben bisher aus, sodass an den Hawthornes noch vor Beginn der kommenden Spielzeit etwas Ernüchterung herrscht. Bis auf den Abgang von Führungsspieler Darren Fletcher (33, Stoke, ablösefrei) und der Verpflichtung von Jay Rodriguez (28, Southampton, 14 Millionen Euro) ist der Kader größtenteils unverändert. Ob der Engländer allerdings die zweitschlechteste Offensive der oberen Tabellenhälfte großartig beleben kann, darf nach zwei verletzungsgeplagten Jahren und lediglich fünf Toren etwas angezweifelt werden.

Nicht nur im Angriff bedarf es an Unterstützung. Neben Johnny Evans (29) stehen den Baggies bis auf den in die Jahre gekommen, allerdings hoch zuverlässigen Gareth McAuley keine nennenswerten Innenverteidiger zur Verfügung. Einzig im Mittelfeld ist West Brom solide aufgestellt, doch Spielkultur ist hier Mangelware. James Morrison (31), Claudio Yacob (30) oder Jake Livermore (27) werden auch 2016/2017 eher auf Zweikampfhärte und lange Bälle zurückgreifen.

Insgesamt benötigt Tony Pulis jedenfalls weitere Spieler, um seine, zugegebenermaßen eher unspektakuläre, Magie ausüben zu können!

 

Prognose

Es riecht nach Stagnation in den Midlands. Zwar dürfte der pragmatische Tony Pulis mit seiner kampfstarken und unbequemen Mannschaft das ein oder andere Top-Team wieder zur Verzweiflung treiben, doch der lang ersehnte Sprung raus aus dem Niemandsland der Tabelle sollte auch 2017/2018 nicht erwartet werden. Bleibt man auf dem Transfermarkt weiterhin so passiv, so ist die Wiederholung der letztjährigen Endplatzierung (10) sogar noch recht optimistisch.

Im Fokus

(Photo by Nathan Stirk/Getty Images)

2013/2014 sorgte ein damals 23-Jähriger Jay Rodriguez durch 15 Saisontore bei Southampton für Aufsehen. Kurz vor Saisonende erwarteten nicht wenige den Sprung zu einem größeren Klub wie beispielsweise den Tottenham Hotspurs. Im April folgte für den frisch gebackenen Nationalspieler jedoch der Schock: Kreuzbandriss! Rodriguez, der die komplette Saison 2014/2015 zusehen musste, blieb auch in der Spielzeit darauf das Pech treu. Erneut bremste ihn eine Verletzung, dieses Mal am Knöchel. Bei West Bromwich hat der talentierte Stürmer nun die Gelegenheit, einen Neuanfang zu unternehmen – sofern sein Körper eben mitspielt.

Newcomer

Im Alter von gerade einmal 16 Jahren gab Jonathan Leko (18) im April 2016 sein Debüt für West Bromwich Albion. Trotz drei Startelfeinsätzen gegen Ende der Saison kam der englische Flügelspieler in der letzten Spielzeit lediglich auf 110 Einsatzminuten. 2017/2018 soll nach einer überzeugenden Vorbereitung nun der heiß ersehnte Durchbruch für den trickreichen und ungemein schnellen Leko folgen.

Stoke City FC

(letzte Saison 13. Platz)

Vorschau

Lange galt Stoke als eine pragmatische Rugbymannschaft. So unattraktiv war der Fußball und so unbequem die Spielart. Kaum machte man spielerische Fortschritte und bewegte sich endlich von dieser öffentlichen Wahrnehmung weg, folgte 2016/2017 ein gewaltiger Rückschlag. Nach teilweise unansehnlichen Leistungen stand lediglich Platz 13 zu Buche.

(Photo by Nathan Stirk/Getty Images)

Mark Hughes (53), seit 2013 im Amt, nimmt dies nun als Gelegenheit, seinen Kader von einigen Altlasten zu befreien und den Fokus auf die Jugend zu richten. Neben den in die Jahre gekommenen Leistungsträgern Jonathan Walters (33), Glen Whelan (33) und Phil Bardsley (32) verließ auch Marko Arnautovic (28, West Ham, 23 Millionen Euro) die Potters. Der Wechsel des Österreichers wirkt in Anbetracht der harmlosen Offensive (nur 41 Tore) schwer.

Teil eins des Umbruchs wurde also adressiert. Bisher hat Stoke allerdings versäumt, die Abgänge adäquat zu ersetzen. Darren Fletcher (33, West Brom, ablösefrei) kompensiert zwar die verlorene Erfahrung und Führungsqualitäten, aber aufgrund seines Alters stellt auch er ein Risiko dar. Die Leihe des hochtalentierten Innenverteidigers Kurt Zouma (22; Chelsea) ist zwar durchaus als Coup zu bezeichnen, doch Stand heute war der Sommer in Hinblick auf die kommende Saison alles andere als vielversprechend.

Die Defensive ist, insbesondere wenn beispielsweise noch ein Bruno Martins Indi (25, Porto) kommt, ausreichend aufgestellt. In der Offensive liegt nach dem Abgang von Arnautovic nun viel zu viel Last auf den Schultern von Xherdan Shaqiri (25).

Stoke muss auf dem Transfermarkt aktiv werden…

Prognose

…sonst könnte man plötzlich ganz tief in den Abstiegskampf rutschen. Es ist allerdings davon auszugehen, dass den Verantwortlichen dies – auch wenn sie sich bei der Umsetzung etwas zu viel Zeit lassen – bewusst ist. Sollten noch drei bis vier einflussreiche Neuzugänge verpflichtet werden, wird der ganz große Absturz wohl ausbleiben. Viel eher ist davon auszugehen, dass die Potters 2017/2018 erstmal auf der Stelle treten. 

 

Im Fokus

(Photo by David Rogers/Getty Images)

Nach seinem Durchbruch 2014/2015, als Saido Berahino (24) für West Bromwich 15 Saisontore erzielte, folgte der Absturz. Trotz einer Vielzahl an Interessenten, verweigerten die Baggies zur Frustration des Engländers einen Wechsel. Das wirkte sich enorm auf die Leistungen des talentierten Engländers aus, der sogar bei den Three Lions im Gespräch war. Bis zum Januar folgten ganze vier Ligatore, Fitnessprobleme und eine achtwöchige Doping-Sperre der FA, ehe er für 14 Millionen Euro an Stoke verkauft wurde. Nach 13 torlosen Partien seit seinem Wechsel, ist die kommende Saison richtungsweisend.

Newcomer

Die Abgänge einiger Stammspieler und der bisher sehr zurückhaltende Sommer der Potters bietet insbesondere den offensiven Nachwuchsspielern eine lukrative Gelegenheit. Einer davon ist Julien Ngoy (19). Folglich könnte der Stürmer, wie auch sein Arbeitgeber, von einem viel diskutierten Wechsel absehen. Der schnelle Belgier, der im Winter zu seinem Debüt kam und sogar im Visier der AS Monaco steht, war einer der Lichtblicke der Vorbereitung.

 

 

Der letzte Teil (5) mit Arsenal, Everton, Southampton & Swansea 

Teil 1 mit Chelsea, Crystal Palace, Newcastle United & Burnley

Teil 2 mit Manchester City, Leicester City, Watford & Huddersfield Town

Teil 3 mit Manchester United, Bournemouth, West Ham & Brighton

 

Die komplette Audio-Version

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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