Champions League Vorschau Gruppe B: Real Madrid, Shakhtar, Inter, Gladbach

13. Oktober 2020 | Champions League | BY Marius Merck

In Kürze startet die Gruppenphase in der neuen Saison der Champions League. In der Gruppe B treten Real Madrid, Shakhtar, Inter und Borussia Mönchengladbach an. In unserer Gruppenvorschau stellen wir die Teams vor!

  • Real Madrid: Unverändert in gewohnte Sphären
  • Inter: Gelingt der Sprung in die absolute Elite?
  • Shakhtar & Gladbach: Wer kann die Favoriten ärgern?

Gruppe A: FC Bayern, Atletico, RB Salzburg, Lok. Moskau

Real Madrid: Zurück an die kontinentale Spitze

Kein Verein dominierte den europäischen Fußball derart, wie Real Madrid in den letzten Jahren. Von 2016 bis 2018 gewannen die „Königlichen“ gleich drei Mal hintereinander die Königsklasse. Zur Einordnung: Zuvor schaffte nicht einmal ein einziges Team überhaupt die Verteidigung des Titels in der folgenden Saison.

Nach dem letzten großen Erfolg 2018 wurden der Mannschaft jedoch die zwei elementarsten Pfeiler herausgerissen. Cristiano Ronaldo (35), Rekordtorjäger des Klubs, verließ den Klub nach neun Jahren und mehr Toren als Spielen. Mindestens genauso schwer wog der Rücktritt von Trainer Zinedine Zidane (48), der zu diesem Zeitpunkt auf mehr Champions-League-Titel als volle Amtsjahre zurückblicken konnte. Mittlerweile ist aber zumindest der Cheftrainer wieder bei den Königlichen.

(Photo by DAVE THOMPSON/POOL/AFP via Getty Images)

In der Vorsaison machte sich dies auch bemerkbar. Nach der Corona-Unterbrechung gewannen die „Königlichen“ jedes verbliebene Ligaspiel. Damit feierte man nach drei Jahren Wartezeit endlich mal wieder die Meisterschaft, was im Vergleich zur Königsklasse deutlich zu kurz kam in der letzten Dekade (sonst lediglich 2012 & 2017). In der Champions League gelang es auch Zidane bisher nicht, den Klub wieder in die gewohnten Sphären zu führen. 2019 und 2020 scheiterte man jeweils schon im Achtelfinale – für den Rekordtitelträger des Wettbewerbs eindeutig zu wenig.

Die ewige Generation bei Real Madrid

Wegen der Corona-Pandemie tat sich bei den „Königlichen“ in diesem Sommer so gut wie nichts auf der Zugangsseite. Lediglich die Leihspieler Martin Ödegaard (21), Alvaro Odriozola (24) und Ersatzkeeper Andriy Lunin (21) kehrten zu der Mannschaft zurück. Dafür gingen zahlreiche Akteure. Hier sind vor allem Gareth Bale (30) und James Rodriguez (29) zu nennen, welche keine Rolle mehr spielten, dafür eine umso größere in den Gehaltsbüchern. Daneben spülten zahlreiche Spieler wie Sergio Reguilon (23), Borja Mayoral (23) oder Oscar Rodriguez (22) ordentlich Geld in die Kassen. Real war in diesem Fenster ganz klar darauf bedacht, sich finanziell für die Zeiten nach Krise zu rüsten.

(Photo by GABRIEL BOUYS/AFP via Getty Images)

Denn in dem bewährten 4-3-3 von Zidane gibt nach wie vor die „alte Garde“ um Kapitän Sergio Ramos (34), Luka Modric (35), Toni Kroos (30) und Karim Benzema (32) den Ton an – und das mit Erfolg. Dennoch wurde auch die Planung für die Zukunft nicht vergessen: Im Kader tummeln sich mit Ödegaard, Vinicius Junior (20) oder Rodrygo (19) hochtalentierte Kicker, die das Gesicht des Klubs in Zukunft prägen sollen. Und womöglich hat man doch einen „Neuzugang“: Nach einem ersten Jahr zum Vergessen will Eden Hazard (29) nun auch in Madrid unter Beweis stellen, wieso man ihn noch vor einem Jahr zu den besten Spieler der Welt zählte.

Der Start in die laufenden Spielzeit glückte dem Rekordmeister. Nach vier absolvierten Spielen (teilweise weniger als die Konkurrenz) steht der Verein aus der spanischen Hauptstadt auf dem ersten Rang. Nach einem 0:0 zum Auftakt gegen Real Sociedad gewann man alle drei weiteren Partien. Das Schema ist dabei durchaus mit den Leistungen nach dem Restart vergleichbar: Nicht immer glanzvoll, aber vor allem effektiv. Spannend wird nun sein, wie Zidane die Mannschaft weiterentwickelt und vor allem den jungen Spielmacher Ödegaard einbindet.

Shakhtar: Nationale Dominanz

Lange dominierte Dynamo Kiew den Fußball in der Ukraine und gewann Meisterschaften in Serie. Die Machtgefälle haben sich mittlerweile deutlich verschoben. Es gibt zwar weiterhin einen Serienmeister, dieser ist jedoch nicht in der Hauptstadt des Landes verortet. Shakhtar Donezk gewann in der letzten Dekade lediglich in den Jahren 2015 und 2016 nicht den nationalen Meistertitel. Dazu gesellen sich einige Teilnahmen in der KO-Phase der Champions League sowie der Gewinn der Europa League 2009.

Und genauso gehört zu dem Klub aus Donezk, der aber aktuell seine Heimspiele wegen der militärischen Lage in Charkiw austrägt, ein mit brasilianischen Spielern gespickter Kader. So wählten spätere Spieler der Selecao wie Willian (32/Arsenal), Fernandinho (35/ManCity) oder Douglas Costa (30/FC Bayern) Shakthar als die erste Anlaufstation in Europa und verliehen dem Verein dadurch eine gewisse internationale Strahlkraft.

(Photo by WOLFGANG RATTAY/POOL/AFP via Getty Images)

Weiterhin „Shakhtar Brazil“

Dadurch öffneten diese „Pioniere“ auch die Türen für zahlreiche weitere Landsmänner, die heute weiter die Mannschaft bilden. Dabei sind vor allem die Flügelstürmer Taison (32) und Tete (20), die Doppelsechs aus Maycon (23) und Alan Patrick (29) oder Linksverteidiger Ismaily (30) zu nennen. Mit Dentinho (32), Dodo (21) oder Marcos Antonio (20) stehen noch mehr Optionen vom Zuckerhut für die erste Elf bereit. Daneben tummeln sich mit Marlos (32) und Junior Moraes (34) weitere gebürtige Brasilianer im Kader, die allerdings mittlerweile Nationalspieler der Ukraine sind.

Aus der eigenen Landesauswahl wird mit Yevgen Konoplyanka (31), Tara Stepanenko (31) oder Viktor Kovalenko (24) die zweite Säule des Kader gebildet. Luis Castro (59) operiert bevorzugt in einem 4-2-3-1 System, vornehmlich geprägt von ukrainischen Spielern in der Defensive und brasilianischen Akteuren in der Offensive. Der Saisonstart gelang dem Titelverteidiger allerdings in der Premier Liga nicht. Nach fünf Partien hat Shakhtar lediglich neun Punkte auf Konto und liegt derzeit auf einem vierten Rang. Der Serienmeister wurde zwar noch nicht besiegt, allerdings kommen drei Remis in fünf Spielen in nationalen Gefilden fast schon einer Krise gleich. Wenn man bedenkt, dass die bisherigen Gegner allesamt eher als Underdogs in der Liga zu qualifizieren sind, wirkt dies umso bedenklicher.

Inter: Fast zehn Jahre Tristesse

Inter entwickelte sich im zweiten Teil der ersten Dekade des neuen Jahrtausends zur Nummer 1 in Italien. Unter Trainern wie Robert Mancini (55) oder José Mourinho (57) gewannen die „Nerazzurri“ von 2004 bis 2010 jedes Jahr den Scudetto. Als Krönung dieser Dominanz feierte Inter im Jahr 2010 als erstes italienisches Team überhaupt den Gewinn der Triples.

Danach verließ Mourinho den Verein und eröffnete damit den Einfall für eine fast eine ganze Dekade anhaltende Mittelmäßigkeit. Das damalige Inter-Team hatte 2010 zwar die beste Saison der Klubgeschichte gespielt, befand sich aber eigentlich schon damals über dem Zenit. Der Umbruch wurde verpasst, Tristesse war die Folge.

Durch die Verpflichtung von Trainer Antonio Conte (51) im letzten Sommer gab der Verein diesem Niedergang eine entscheidende Wende. Mit Conte kamen neue Spieler wie Romelu Lukaku (27) oder Nicolo Barella (22) in den Verein und sollen dessen Gesicht über mehrere Jahre prägen. Unter dem neuen Coach spielte Inter die beste Saison seit Jahren und feierte am Ende mit nur einem Rückstand auf Serienmeister Juventus die Vizemeisterschaft. Darüber hinaus erreichten die „Nerazzurri“ sogar das Endspiel der Europa League, wo man jedoch gegen Sevilla verlor.

Inter: National und international noch besser abschneiden

Durch die vergangenen Spielzeit besteht nun endlich mal wieder ein Fundament, auf welches sich aufbauen lässt. Der Königstransfer in diesem Sommer war dabei Achraf Hakimi (21), welcher als Wingback ideal in das von Conte präferierte 3-5-2 System passt. Zudem wurde Kader um einige Veteranen wie Arturo Vidal (33), Aleksandr Kolarov (34) sowie dem nun fest verpflichteten Alexis Sanchez (31) verstärkt. Als Backup im Angriff für Lukaku holte Inter zudem vorzeitig Stürmer Andrea Pinamonti (21) nach Mailand zurück.

(Photo by TIZIANA FABI/AFP via Getty Images)

Erfahrene Spieler verließen den Verein, weiter spülte der nun permanente Abgang von Ex-Kapitän Mauro Icardi (27) rund 50 Millionen Euro in die Kassen. Viel wichtiger als die genannten Maßnahmen war womöglich der Verbleib von Lautaro Martinez (23), um welchen der FC Barcelona intensiv war. Der Argentinier bildet mit Lukaku ein herausragendes Sturmduo, auf welches es maßgeblich ankommen wird, wenn die letzten Resultate übertroffen werden sollen. Denn auch in der Champions League hat Inter nun größere Ziele, scheiterte man doch im Vorjahr bereits in der Gruppenphase.

Im nationalen Wettbewerb dürfte man sich in ähnlichen Sphären wie im Vorjahr bewegen. Mit sieben Punkten aus drei Spielen kam Inter dabei gut aus den Startlöcher. Vor allem die Offensive zeigte sich in beachtlicher Frühform, was durch das 5:2 bei Benevento sowie dem 4:3 gegen die Fiorentina belegt wird. Eher untypisch waren dabei die vielen Gegentore. Immerhin zeigte sich die Defensive dann bei dem 1:1 gegen den direkten Konkurrenten Lazio verbessert.

Gladbach: Glücksgriff Rose

Eigentlich konnte man Dieter Hecking (56) nicht vorwerfen, bei den „Fohlen“ nicht abgeliefert zu haben. Eine äußerst schwache Rückrunde 2018/19 besiegelte dann aber sein Aus. Die Teilnahme an der Königsklasse ist für Übungsleiter bei Borussia Mönchengladbach zwar kein absolutes Muss. Es stand allerdings durchaus in Frage, ob Hecking die Mannschaft wirklich weiterentwickeln noch konnte. Die Verantwortlichen verneinten diese Frage und verpflichteten daher Marco Rose (44), der sich bei RB Salzburg mit attraktivem Offensivfußball einen Namen machte.

Bisher erwies sich die Zusammenarbeit für beide Seiten als absoluter Glücksgriff. Die Mannschaft entwickelte sich taktisch weiter, einzelne Spieler wurden verbessert und die Qualifikation für die Champions League stelle natürlich das Sahnehäubchen dar.

(Photo by Frederic Scheidemann/Getty Images)

Dort waren die Gladbacher nach langer Abstinenz 2015/16 sowie 2016/17 vertreten. Bei den letzten Teilnahmen zuvor in den 1970er Jahren gehörte der Verein noch zu dem absoluten Favoritenkreis. Die jüngsten Auftritte zeigten allerdings, dass der Abstand zur europäischen Spitze doch groß geworden ist, denn beide Male schied Gladbach schon in der Gruppenphase aus.

Ruhiges Fenster in Gladbach

Der Markt in dieser abgelaufenen Periode war für viele Vereine durch Corona-Einschränkungen geprägt. Dies hatte für Gladbach positive wie auch negative Auswirkungen. Normalerweise werden Überraschungsmannschaften gerne auseinander gekauft, dieses Szenario konnte zunächst vermieden werden. Dafür blieben die „Fohlen“ auch selbst recht zurückhaltend auf dem Markt. Mit Valentino Lazaro (24) und Hannes Wolf (21) kamen immerhin zwei hochwertige Leihspieler.

(Photo by Christof Koepsel/Getty Images)

Beide sollten sich durch ihre RB-Vergangenheit in den flexiblen Systemen von Rose zurechtfinden. Der Übungsleiter operiert je nach Gegner mit einer Dreier- oder Viererkette. Dabei liegt der Fokus nicht nur auf dem schnellen Ballgewinn und dem blitzartigen Umschalten, denn mittlerweile funktionieren auch im Aufbauspiel die Passwege über gebildete Dreiecke oder Rauten immer besser. Spieler wie Matthias Ginter (26), Florian Neuhaus (23), Denis Zakaria (23), Marcus Thuram (23) oder Alassane Plea (27) gehören zu den Profiteuren unter dieser Entwicklung und haben sich unter Rose extrem verbessert – und sind sind aufgrund der aktuellen Situation ihrem Klub womöglich ein Jahr länger als Normalfall erhalten geblieben.

Der Start in die Saison war für die Borussia eher durchwachsen. Zum Auftakt verlor man deutlich mit 0:3 in Dortmund. Es folgte ein enttäuschendes 1:1 zuhause gegen Union. Immerhin gewann Gladbach dann das Derby gegen Köln mit 3:1 und zeigte dabei die bisher beste Leistung der Saison. Durch diese Ausbeute steht das Team aktuell auf einem mäßigen elften Platz in der Bundesliga,. In den nächsten Wochen werden Begegnungen gegen direkten Konkurrenten wie Leipzig oder Leverkusen zeigen, wie kompetitiv die Rose-Elf in diesem Jahr ist.

Prognose

Die Favoritenrollen sind klar verteilt: Wegen der Qualität sollten Real Madrid und Inter in die KO-Phase einziehen. Die beiden Außenseiter sind jedoch durchaus in der Lage, punktuell die Großen zu ärgern. Letztendlich dürfte es für Shakhtar und Gladbach wesentlich um den Einzug in die Europa League gehen, wo die Ukrainer im direkten Duell die größere internationale Erfahrung aufweisen.

Mehr News und Storys rund um den internationalen Fußball

(Photo by Denis Doyle/Getty Images)

Marius Merck

Eine Autogrammstunde von Fritz Walter weckte die Leidenschaft für diese Sportart, die über eine (“herausragende”) Amateurkarriere bis zur Gründung von 90PLUS führte. Bei seinem erklärten Ziel, endlich ein “Erfolgsfan” zu werden, weiter erfolglos.


Ähnliche Artikel