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Was wurde eigentlich aus..? Teil 10: Obafemi Martins

23. März 2018 | Was wurde aus...? | BY Nico Scheck

Er sollte nach der überraschenden Meistersaison 2008/09 dem Sturm-Duo Grafite und Edin Dzeko eigentlich ordentlich Dampf machen, doch stattdessen kam der Nigerianer nie über die Reservistenrolle beim VfL Wolfsburg hinaus. Obafemi Martins galt als großes Talent und fand letztlich in den USA sein Glück, doch der Reihe nach.

Geboren wurde Obafemi Akinwunmi Martins am 28. Oktober 1984 in Lagos, Nigeria. Seine Fußballerkarriere fand ihren Anfang bei seinem Heimatverein FC Ebedei, bevor er im Jahr 2000 durch seinen Bruder Sunday Oliseh zum italienischen Drittligisten AC Reggiana vermittelt wurde. Nur ein Jahr später wechselte Martins in die Jugend von Inter Mailand, wo er mit der Meisterschaft seinen ersten Erfolg feiern konnte. Hier in Italien sollte er zum Hoffnungsträger aufsteigen.

Erfolg bei Inter Mailand

Nachdem Martins in der Jugend zu überzeugen wusste, gehörte er ab der Saison 2002/03 zum Profikader bei Inter Mailand. Sein Debüt in der Serie A feierte der Stürmer im Dezember 2012 im Spiel gegen den AC Parma. Doch in dieser Spielzeit fand er sich meist auf der Bank oder der Tribüne wieder. Der Durchbruch sollte ihm ausgerechnet in der Champions League gelingen: Im wichtigen Gruppenspiel gegen Bayer Leverkusen gelang Martins ein Treffer und Inter zog in die nächste Runde ein. Anschließend stand er häufiger im Kader und traf sogar im Champions-League-Halbfinalrückspiel gegen den AC Mailand. Dennoch schied Inter aus und musste beim Finale zusehen.

(Photo by Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images)

In der darauffolgenden Spielzeit wurde Martins immer wichtiger, spielte häufig auch von Beginn an und traf in 37 Partien immerhin elfmal. Spätestens ab der Saison 2004/05 stieg der nigerianische Nationalspieler zum Stammspieler bei Inter auf und feierte zudem sein Debüt in der Nationalmannschaft. Gleich im ersten Spiel gegen Irland erzielte der antrittsstarke Mittelstürmer ein Tor und wurde auch in der Nationalelf ein wichtiger Spieler. Mit Mailand hatte Martins 2006 seine erfolgreichste Zeit. Neben der Coppa Italia, die auch schon in der Vorsaison gewonnen wurde, ging der Meistertitel an Inter. Doch es sollte die letzte Saison für Martins in Italien sein.

Wechsel in die Premier League

Im Sommer 2006 verpflichtete Inter Mailand mit Hernán Crespo und Zlatan Ibrahimovic gleich zwei namenhafte Stürmer und so sah sich Martins zu einer Luftveränderung gezwungen. Es folgte für rund 16 Millionen Euro der Wechsel zu Newcastle United nach England. Dabei drohte dieser Wechsel zwischenzeitlich zu scheitern. Denn auf der Internetseite des nigerianischen Fußballverbandes wurde das Geburtsdatum Martins‘ als 01.05.1978 ausgewiesen, also satte sechs Jahre älter. Letztlich klappte der Wechsel doch und der nur 1,70-große Stürmer erhielt bei Newcastle einen Vertrag bis 2011. Hier sollte er den langfristig ausgefallenen Michael Owen ersetzen, sodass Martins sofort zum Stammspieler aufstieg.

(Photo credit should read ISSOUF SANOGO/AFP/Getty Images)

In den folgenden beiden Jahren traf die Sturmhoffnung regelmäßig, musste privat aber ein einschneidendes Erlebnis verarbeiten: Am 20. Juni 2007 überlebte Martins einen Mordanschlag unverletzt, als er in einem Wagen in seiner Heimatstadt Lagos unterwegs war und maskierte Männer auf den Wagen schossen. Einer der Freunde Martins, der ebenfalls im Auto saß, hatte nicht so viel Glück und musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. Auch sportlich lief es anschließend nicht mehr ganz so rund. In der Saison 2008/09 hatte der Offensivspieler immer wieder mit Knie- und Leistenproblemen zu kämpfen, sodass er nur auf 25 Einsätze kam, in denen er acht Treffer erzielte. Am Ende der Saison musste Newcastle schließlich den Gang in die zweite englische Liga antreten und Martins verließ den Verein gen Bundesliga.

Martins unterschreibt beim deutschen Meister

Für knapp 10,5 Millionen Euro holte der amtierende deutsche Meister VfL Wolfsburg Martins in die Bundesliga. Man erhoffte sich von diesem Transfer, an die erfolgreiche Vorsaison anknüpfen zu können und den Konkurrenzkampf im Sturm zu verschärfen. Doch die Saison entwickelte sich weder für Martins noch für den Verein zum Guten. Unter Armin Veh und dessen Nachfolger Lorenz-Günther Köstner schaffte der Neuzugang nicht den Sprung zum Stammspieler, an Grafite und Dzeko war schlicht kein Vorbeikommen.

(Photo by Stuart Franklin/Bongarts/Getty Images)

Somit blieb ihm oft nur die Zuschauerrolle und die Hoffnungen des VfL, Martins würde an die erfolgreiche Zeit aus Mailand anknüpfen können, zerschlugen sich rasch. Denn obwohl auch Grafite nicht die starken Leistungen aus dem Meisterjahr bestätigen konnte, setzten die Trainer bei den „Wölfen“ weiter auf den Brasilianer. Daher folgte nach nur einem Jahr Deutschland und sechs Bundesligatreffern in 16 Spielen der Wechsel nach Russland. Rubin Kazan zahlte neun Millionen Euro an den VfL.

Tiefpunkt bei Kazan und das Jahr in La Liga

In Russland in der Premier Liga erlebte Martins den Tiefpunkt seiner Karriere. Oft stand er nicht einmal im Kader und wenn, dann musste er von der Seitenlinie aus zuschauen. Einen weiteren Rückschlag erlitt Martins dann aufgrund eines Beinbruchs, was es ihm umso schwerer machte, in Russland Fuß zu fassen. Daher folgte im Januar 2011 die Leihe zu Birmingham City, wo er zwar den Abstieg nicht mehr verhindern, doch immerhin überraschend den Ligapokal holen konnte. Im Finale gegen den FC Arsenal gewann der Underdog durch den Treffer von Martins eine Minute vor Abpfiff mit 2:1.

Anschließend kehrte der Stürmer zurück zu Kazan, doch ständige Verletzungen warfen ihn immer wieder zurück und im September 2012 löste er seinen Vertrag beim russischen Erstligisten auf. Als UD Levante dann an die Tür von Martins klopfte, erfolgte der Wechsel in La Liga. Bei den Spaniern spielte Martins wieder regelmäßig und kam auf sieben Tore in 21 Spielen. Doch im März 2013 löste der Spieler erneut seinen Vertrag vorzeitig auf und verließ den Kontinent in Richtung USA.

Publikumsliebling in Seattle

Für rund drei Millionen Euro verpflichteten die Seattle Sounders den Nigerianer. Nach anfänglichen Problemen entwickelte sich Martins zum Aushängeschild des Klubs, blieb in der Spielzeit 2013/14 komplett verletzungsfrei und stand in fast jedem Spiel von Beginn an auf dem Rasen. Mit 19 Treffern und 15 Vorlagen in 37 Spielen hatte der Nationalspieler erheblichen Anteil am Gewinn der Regular Season in der Major League Soccer. In den Playoffs war dann aber im Halbfinale Schluss für die Sounders.

(Photo by Scott Halleran/Getty Images)

Im Folgejahr kehrte das Verletzungspech wieder zurück, wieder machte die Leiste Probleme. Dennoch brachte es Martins auf starke 16 Treffer und half Seattle somit, erneut die Playoffs zu erreichen. Zudem konnte Martins mit dem Gewinn des US Open Cup einen weiteren Titel seiner Sammlung hinzufügen. Etwas überraschend verließ der Publikumsliebling nach 65 direkten Torbeteiligungen in 84 Spielen Seattle wieder und schloss sich Shanghai Greenland Shenhua an.

Und heute?

Auch in der Super League hatte Martins Startprobleme, kam meist nur von der Bank und entwickelte sich erst gegen Ende der Saison zum Stammspieler, sodass er dennoch 15 Treffer erzielte. Im der vergangenen Spielzeit  gingen die Einsatzzeiten des ehemaligen Talents weiter zurück. In der Liga absolvierte er nur 13 Partien und stand oft nicht einmal im Kader. Auch in dieser Saison kam Martins in der Liga noch nicht zum Einsatz. Stattdessen stand er beim Chinese FA Super Cup auf dem Feld, das Shanghai mit 4:1 gegen Guangzhou Evergrande Taobao für sich entscheiden konnte.

(Photo credit should read STR/AFP/Getty Images)

Auch in den bisherigen Gruppenspielen der asiatischen Champions League spielte Martins jeweils die vollen 90 Minuten. Nach nur drei Punkten aus vier Spielen steht Shanghai allerdings vor dem vorzeitigen Aus. Martins ist nun 33 Jahre alt und hat etliche Stationen weltweit durchlaufen. Ob China seine letzte ist? Durchaus fraglich, denn auch eine Rückkehr in die Staaten oder gar in die Heimat ist vorstellbar. Eine der großen Ligen Europas wird es hingegen wohl nicht mehr werden. Mit der durchaus erfolgreichen Zeit bei Inter und auch bei Newcastle stand Martins mehrfach kurz vor dem nächsten großen Schritt, doch ständige Verletzungen verhinderten dies letztlich.

Nico Scheck

Aufgewachsen mit Elber, verzaubert von Ronaldinho. Talent reichte nur für die Kreisliga, also ging es in den Journalismus. Seit 2017: 90PLUS. Manchmal: SEO. Immer: Fußball. Joga Bonito statt Catenaccio.


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