Spotlight

Sensation auf Schalke: Portos CL-Triumph 2004

16. August 2017 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Was haben Nuno Espirito Santo, Andre Villas Boas, Carlos Alberto, Hugo Almeida und Edgaras Jankauskas gemeinsam? Genau, alle gehörten in der Saison 2003/04 dem Spielerkader der Mannschaft an, die in der Champions League in der Arena auf Schalke den Titel gewann. Nicht alle diese Spieler bringt man zwingend mit dem Titel in der Königsklasse in Verbindung. Deswegen reisen wir zurück in die Saison 2003/04 und zeigen, wie der FC Porto sich Europas Krone aufsetzen konnte.

Nach dem Sieg im UEFA-Cup im Sommer 2003 ging der FC Porto mit einer Menge Selbstvertrauen in die Saison 2003/04 und wollte international weiterhin auf sich aufmerksam machen. Das Ziel war es sich mit den besten Vereinen Europas zu messen und ihnen möglichst langfristig Paroli zu bieten. Mit diesem Ausgang rechnete damals aber niemand.

Der Architekt – Jose Mourinho

Als aktiver Spieler hat Jose Mourinho keine atemberaubende Karriere hingelegt. Als Trainer hingegen kann man das nicht behaupten, denn der Portugiese konnte als Vereinstrainer bisher zahlreiche Titel gewinnen, die Zeit beim FC Porto war dabei nur ein Anfang. Der Sieg im UEFA-Cup wurde frenetisch gefeiert, der Titel in der Königsklasse nur ein Jahr später löste ein fassungsloses Staunen bei den Fans aus, man rechnete sich für die folgenden Jahre viel aus, José Mourinho verließ den Klub aber in Richtung Chelsea.

(Photo by Alex Livesey/Getty Images)

Der FC Porto spielte in einem 4-4-2 mit einer Mittelfeldraute und wusste auf nahezu jedes Problem, das sich im Laufe der Saison ergab, eine Antwort. Mourinho gelang es, den Klub sukzessive an dieses hohe Niveau heranzuführen und dieses dann auch konstant abzuliefern. Viele Spiele waren geprägt von einem cleveren Verteidigen der Portugiesen, wenig Lücken für die Gegner und eiskalten Kontern mit der nötigen Effizienz im Abschluss. Niemand spielte gerne gegen das Mourinho-Team, was sich auch in den kommenden Jahren bei seinen anderen Stationen fortsetzte. Die Zeit in Porto war die Grundsteinlegung für eine überragende Karriere.

Der Stabilisator – Ricardo Carvalho

Carvalho wurde im portugiesischen Amarante geboren und spielte bereits früh für den FC Porto, wurde einige Male verliehen und war ab 2001 fester Bestandteil der Profimannschaft. Neben Kapitän Jorge Costa war Carvalho beim Sieg in der Champions League der heimliche Abwehrchef. Mit nur zwei gelben Karten in 13 Spielen zeigte der zum Zeitpunkt des Titelgewinns 25-jährige Carvalho seine Klasse, verpasste in der ganzen Saison keine einzige Sekunde in der Königsklasse. Zudem traf er gegen Olympique Lyon im Viertelfinale auch noch. Sein Anteil am Triumph war immens.

Zwar spielte der FC Porto in 13 Spielen „nur“ fünfmal zu null, davon allerdings viermal in den letzten, entscheidenden 5 Spielen. Das zeigte die Entwicklung der Mannschaft, die komplett positiv zu bewerten war. Wenn sich die Portugiesen in ihrer Formation gefunden hatten, waren sie kaum zu überwinden, konnten spielerisch nur selten wirklich in Bedrängnis gebracht werden. Carvalho überzeugt durch eine enorme Abgeklärtheit, gewann viele Zweikämpfe, agierte kompromisslos und wusste ganz genau, welches Risiko er wann gehen kann. Seine weitere Karriere verlief ebenfalls erfolgreich, Carvalho spielte noch für Chelsea, Real Madrid, die AS Monaco und lässt seine Karriere nun in China austrudeln.

Der Taktgeber – Deco

Wenn Deco auf dem Platz stand, konnte man immer damit rechnen, dass Gefahr entsteht. Jederzeit. Der geniale Spielmacher, der in Brasilien geboren wurde, aber für Portugal spielte, wechselte Mitte der Saison 1998/99 für umgerechnet 8 Millionen Euro zum FC Porto, wo er bis 2004 spielte. Das Finale in der Champions League war also sein letztes Spiel für den Klub, bevor er zum FC Barcelona wechselte. Später spielte er noch für Chelsea und Fluminense, ehe er seine Karriere 2013 beendete. Unterstützt von laufstarken und taktisch hervorragenden Spielern wie Maniche oder Costinha hatte er unter Jose Mourinho die nötigen Freiheiten und konnte seiner Kreativität freien Lauf lassen.

In der Titelsaison spielte Deco in 12 von 13 möglichen Spielen, erzielte zwei wichtige Treffer und bereitete 5 Tore vor. 6 seiner 7 Scorerpunkte erzielte er nach der Gruppenphase, er war also ein Spieler, der in den wichtigen Spielen seine Leistungen abliefern konnte und tat dies auch konstant. Am Ball konnte er fast alles, seine Technik war herausragend, sein Spielverständnis ebenfalls. Er spielte in der Schaltzentrale und war einer der wichtigsten Spieler von Jose Mourinho. Ihm gelang es das Tempo zu bestimmen und eine Verbindung zwischen der Defensive und der Offensive herzustellen. Deco konnte Tore erzielen, aber auch Tore und Chancen vorbereiten, aus der Tiefe des Platzes für Gefahr sorgen, aber auch am oder im gegnerischen Strafraum Präsenz zeigen. Dieser Spieler war in der Saison 2003/04 nicht auszuschalten und entsprechend einer der Schlüssel zum Titelgewinn.

Der Weg zum Triumph

In der Gruppenphase musste sich der FC Porto mit Partizan Belgrad, Real Madrid und Olympique Marseille messen. Der Auftakt in Belgrad war nicht überragend, durch ein Tor von Costinha spielte man 1:1, das zweite Spiel zuhause gegen Real Madrid verlor man gar mit 1:3. Die Spiele gegen Olympique Marseille waren also bereits immens wichtig. In Marseille trafen Maniche, Derlei und Alenichev beim 3:2-Sieg, zuhause gewann man dank Benni McCarthy mit 1:0. Am 5. Spieltag war es erneut McCarthy, diesmal mit einem Doppelpack, der Partizan bezwang und zum Schluss der Gruppenphase erreichte man ein 1:1 bei Real Madrid, wurde im Endeffekt Gruppenzweiter und qualifizierte sich für das Achtelfinale.

(Photo by Phil Cole/Getty Images)

Im Hinspiel zuhause gegen Manchester United wurden die Räume eng gemacht, United kam nur selten zur Entfaltung. Nach dem frühen Rückstand durch Fortune drehte Benni McCarthy das Spiel im Alleingang. Das 1:1 im Rückspiel reichte dann ein 1:1, das erst kurz vor Schluss durch einen Rechtsschuss von Costinha fiel. Im Viertelfinale spielte der FC Porto gegen Olympique Lyon, das ebenfalls eine sehr gute Mannschaft hatte und eine gute Saison spielte. Im Hinspiel zuhause trafen Deco und Ricardo Carvalho beim 2:0-Sieg, das Rückspiel endete 2:2, Maniche erzielte einen Doppelpack und beförderte Porto in das Halbfinale.

In besagtem Halbfinale traf die Mourinho-Elf auf eine andere Überraschungsmannschaft. Der Gegner war Deportivo La Coruna aus Spanien, das mit Spielern wie Albert Luque, Walter Pandiani, Manuel Pablo oder Juan Carlos Valeron ausgestattet war. Wie auch in den beiden Runden vorher spielte Porto zuerst zuhause, diesmal endete die Partie 0:0. Für das Rückspiel in La Coruna war also alles offen. Im Rückspiel im Estadio Riazor gelang dem FC Porto gerade defensiv eine taktische Meisterleistung. Durch einen Elfmetertreffer von Derlei zogen die Portugiesen in das Endspiel ein und verloren somit im ganzen Wettbewerb nur eine Partie.

Das Finale auf Schalke

Kaum ein Experte hätte gedacht, dass am Ende der Spielzeit der FC Porto von Jose Mourinho und die AS Monaco von Didier Deschamps im Endspiel um die Krone Europas aufeinandertreffen könnten. Die Monegassen zeigten sich im Turnierverlauf sehr offensivstark, stellten mit Morientes (9 Tore) den Torschützenkönig, Dado Prso (7 Tore) war sogar noch der zweitbeste Torjäger im Wettbewerb. Der Beginn beider Mannschaften war verhalten, nach einer Abtastphase gab es die ersten gefährlichen Szenen. Als in der 23. Minute der Kapitän der Monegassen, Ludovic Giuly, ausgewechselt werden musste, wurde er von Angreifer Dado Prso ersetzt, die Kräfte verschoben sich.

(Photo by Shaun Botterill/Getty Images)

In der 39. Minute erzielte Carlos Alberto das 1:0 für das Team von José Mourinho, damit gingen die Mannschaften auch in die Kabine. Monaco versuchte in der 2. Halbzeit viel, ein cleverer Konter über die linke Seite verhalt dem FC Porto zur Erhöhung der Führung. Einen Pass in die Mitte vollendete Deco sehr souverän, indem er den Torhüter ausguckte. Auch das entscheidende 3:0 fiel über die linke Seite der Portugiesen. Erneut wurde schnell umgeschaltet, Alenichev schloss in die obere Ecke ab und der sensationelle Triumph des FC Porto war perfekt.

 

Die Finalelf des FC Porto

Vitor Baia

Paulo Ferreira – Jorge Costa – Ricardo Carvalho – Nuno Valente

Costinha

Pedro Mendes – Maniche

Deco

Carlos Alberto  – Derlei

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


Ähnliche Artikel