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Premier League Vorschau – Teil I: „Die neuen Stars (an der Linie) „

4. August 2016 | Spotlight | BY Christoph Albers


In unserer großen vierteiligen Vorschau zu anstehenden Premier League Saison befassen wir uns heute mit den neuen Trainern im englischen Fußball-Oberhaus

 

 

Im Juni 2013 kam Pep Guardiola zum FC Bayern, in Deutschland brach ein Hype um den Spanier aus, sogar ein Training wurde plötzlich live im TV übertragen. Jedes Wort, jede Geste wurde analysiert. Auf einmal war der Trainer der Star, obwohl ganz nebenbei auch Spieler wie Mario Götze und Thiago Alcantara verpflichtet wurden.

Auch andere Trainer haben es seitdem zum Star gebracht oder waren auch da schon auf dem besten Wege dorthin,  zum Beispiel Jürgen Klopp. Jose Mourinho war sicherlich schon einer, Antonio Conte hat es nun definitiv geschafft. Allein diese vier Trainer werden, unter anderem, in der neuen Saison in der englischen Premier League konkurrieren.

Das macht die Liga natürlich nochmals interessanter. Trainer nehmen zunehmend mehr Einfluss, Taktik und Konzepte gewinnen an Bedeutung, weil das Spiel komplexer und immer professioneller wird. Es werden neue Lösungen benötigt und die kann nun mal nur ein Top-Trainer liefern. Sie können wesentlich mehr Einfluss auf eine Mannschaft haben als ein neuer Spieler, sie sind entscheidend für den gesamten Verein. In der Premier League ist eine Menge Geld und so ist es auch nicht verwunderlich, dass die Vereine auch zunehmend bereit sind noch mehr Geld in die Trainer zu investieren. Es ist also alles andere als Zufall, dass viele der weltbesten Trainer, wie eben z.B. Klopp, Guardiola, Mourinho und Conte nun in der Premier League coachen. Ohne Frage ein großer Gewinn für die Liga.

Drei der vier eben genannten Trainer sind neu bei ihren Vereinen, Klopp geht in sein erstes „richtiges“ Jahr beim FC Liverpool. Aber es haben auch noch andere ihren Trainer gewechselt, ganze 8 der 20 Teams, um genau zu sein.

Alle natürlich in der Hoffnung verbunden ihren Vereinen den Erfolg zu bringen, den diese sich von ihnen erhoffen. Im Folgenden werfen wir mal einen Blick auf die neuen Trainer der Liga.

 

Epizentrum Manchester

Der größte Fokus liegt natürlich auf DEM Duell in Manchester. Manchester City hat mit Pep Guardiola den vermutlich begehrtesten Trainer überhaupt verpflichtet. Manchester United, denen auch Interesse an dem Spanier nachgesagt wurde, holte dagegen seinen großen Widersacher aus alten Tagen, Jose Mourinho. Beide lieferten sich in Spanien, im ohnehin an Brisanz schwer zu überbietenden Kampf zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid, geradezu epische Gefechte. Und nun kommt es zur Neuauflage und das auch noch in einem Stadtderby.

Über die Gegensätzlichkeit der beiden muss man wahrscheinlich nicht mehr viele Worte verlieren, aber es gibt dennoch einige wesentliche Punkte die man beachten sollte.

Jose Mourinho kennt die Premier League bestens, er hat die Liga bereits dreimal mit dem FC Chelsea gewonnen, war noch bis Dezember 2015 dort Trainer, auch wenn sein Abgang dort nicht so ruhmreich war, wie er sich das wohl vorgestellt hat. Der Portugiese steht vor allem für eins, er holt die Ergebnisse. Er kann sein Team bestens motivieren und es auf seine Seite ziehen, er nimmt seine Teams öffentlich in Schutz, zieht den Druck und die Aufmerksamkeit auf sich, alles Dinge die bei United zuletzt oft gefehlt haben. Auch wenn sein Vorgänger Louis van Gaal natürlich auch die Öffentlichkeit nicht gerade gescheut hat. Aber er hatte das Team, wie oft zu hören war, verloren.

Zudem versteht es „The Special One“ bestens eine Defensive gut aufzustellen und wenig Gegentore zuzulassen. Allerdings ist die Defensive das geringste Problem der Red Devils, mit nur 35 Gegentoren stellte man zuletzt, gemeinsam mit den Spurs, die beste Defensive. Das Problem lag primär in der Offensive, nur 49 Tore waren deutlich zu wenig. Da muss Mourinho ansetzen. Fraglich ist, ob er es schafft das definitiv vorhandene Potenzial auf den Platz zu bekommen. Rooney, Martial, Rashford, Depay, Mata, natürlich Ibrahimovic und Mkhitaryan, die Optionen sind mittlerweile genügend da.

 

Auf der anderen Seite der Newcomer: Guardiola coacht erstmals in der Premier League. In der Bundesliga und La Liga hat er bereits bewiesen, dass er seine Ideen etablieren und das Niveau auf ein neues Level bringen kann, allerdings war das Spiel von Barcelona und Bayern ohnehin auf die „pep´schen“ Tugenden ausgerichtet. Das kann man über Manchester City so nicht sagen. Das Team lebte in den vergangenen Jahren zumeist eher von der individuellen Qualität der Spieler. Die Qualität, um Guardiolas Ideen umzusetzen, ist im Kader auch jetzt zweifelsohne vorhanden. Allerdings darf man davon ausgehen, dass der Kader bis zum Start, bzw. bis zum Ende des Transferfensters, noch einige Änderungen erfährt. Ob das von Guardiola angestrebte Spiel mit der englischen Liga kompatibel ist, ist allerdings noch mehr als fraglich. Jedoch hat er schon beim FC Bayern bewiesen, dass er durchaus für Anpassungen und Zugeständnisse offen ist. Interessant wird es auch zu sehen, wie der sensible Spanier mit der Art von Mourinho klar kommt, die ihn schon ihn Spanien sehr geschafft hat. Auch wenn sich die Rivalität vielleicht nicht so zuspitzt wie einst, da es nun noch mehr Konkurrenten gibt.

 

Zurück an die Spitze?

Ein mehr als enttäuschendes Jahr hat der FC Chelsea hinter sich. Der Meister von 2016 hatte ein Jahr zum vergessen. Guus Hiddink konnte die Scherben, die Mourinho zurückgelassen hat, zumindest noch ein wenig zusammenkehren. Jetzt wagen die Blues einen Neustart unter Antonio Conte. Der Italiener hatte zuletzt noch sein Heimatland als Trainer der Nationalmannschaft bei der EM vertreten und zuvor Juventus zur unumstrittenen Nummer 1 in Italien gemacht.

 

Conte steht für defensive Stabilität, ein flexibles Spiel und für Erfolg. Er ist sehr emotional und laut aber ein echter Stratege. Seine Teams spielen zumeist mit einer Dreierkette in der Defensive, mit zwei laufstarken, eher defensiv orientierten Außenspielern und mit zwei Stürmern. Eine Spielanlage, die für die Premier League ziemlich neu sein dürfte, aber international gerade ein kleiner Trend geworden ist. Bei Chelsea hat er personell eine gute Grundlage dafür, allerdings ist mit weiteren Neuzugängen zu rechnen, die noch mehr den Wünschen des Trainers entsprechen. Abramovich soll es recht sein, er wird um jeden Preis wieder an die Spitze wollen.

  

Reise nach Jerusalem?!

Weitere Wechsel haben sich aber auch teilweise gegenseitig bedingt.

Conte ist  nicht der einzige neue Italiener in Englands Eliteklasse.  Der FC Watford hat Walter Mazzarri als Nachfolger für den Spanier Sanchez Flores verpflichtet. Auch er ist erstmals in England beschäftigt und war zuvor nur in Italien Trainer. Zudem favorisiert auch er ein 3-5-2-System, man kann auch hier davon ausgehen, dass er versuchen wird dieses System bei seinem neuen Team zu etablieren. Die Neuzugänge Dja Djedje, Zuniga und Kabasele können durchaus als Indiz dafür verstanden werden. Seine letzte Station liegt allerdings schon etwas zurück, er war bis November 2014 bei Inter und stand seitdem nicht mehr am Spielfeldrand. Er könnte überraschen.

Schauen wir zum FC Everton, der den niederländischen Coach Ronald Koeman vom Ligakonkurrenten FC Southampton verpflichtet hat, nachdem Roberto Martinez kurz vor Ende der vergangenen Saison entlassen wurde.Die Toffees haben eine ziemlich enttäuschende Saison hinter sich. Nur Platz 11 in der Liga, obwohl der Kader durchaus viel Potenzial hergab, mit hochgehandelten Spielern wie Stones, Barkley oder Lukaku. Von daher war es abzusehen, dass es Veränderungen bei den Toffees geben würde. Mit Ronald Koeman kommt ein Trainer, der bewiesen hat, dass er aus einem Team das Beste rausholen und eine neuformierte Mannschaft gut ordnen kann. Platz 6 und 7 in den vergangenen Jahren, vielen gewichtigen Abgängen zum Trotz, sprechen dahingehend eine deutliche Sprache. Es spricht vieles dafür, dass er der ideale Trainer zum jetzigen Zeitpunkt für Everton ist. Allerdings sind rund um den Kader noch viele Fragezeichen. Stones und Lukaku werden immer wieder mit einem Abgang in Verbindung gebracht, gerade bei Ersterem scheint dieser wahrscheinlicher als ein Verbleib zu sein. Auch in Sachen Neuzugänge ist noch nicht so viel passiert, wie geplant. Es wird auf jeden Fall eine Herausforderung für Koeman, aber er kennt das ja schon.

 

Um Koeman zu ersetzen holten die Saints daraufhin Claude Puel aus Nizza. Der Franzose ist ein echter Neuling in der Premier League, er hat bisher nur in Frankreich gearbeitet (u.a. Monaco, Lyon, Nizza, Lille), das aber zuletzt mit großem Erfolg. In der vergangenen Saison führte er Nizza auf einen tollen 4. Platz. In Southampton übernimmt er ein gutes Team, aber muss, wie es bei den Saints so üblich ist, mehrere Leistungsträger ersetzen. Mane (Liverpool), Pelle (Shandong Luneng) und Wanyama (Spurs) sind weg. Mit Höjbjerg und Redmond wurde aber bereits Ersatz, mit viel Potenzial geholt, ebenfalls typisch für den Klub, dieser muss aber erstmal so ähnlich einschlagen, wie die Nachfolger in der letzten Saison.

Beim AFC Sunderland wurde ebenfalls der Trainer abgeworben, „Big Sam“ Allardyce hat sich entschieden, die englische Nationalmannschaft zu übernehmen, der Platz bei den „Black Cats“ wurde frei. Mittlerweile wurde er durch David Moyes besetzt. Nach zuletzt zwei erfolglosen Stationen bei Manchester United und San Sebastian unternimmt er einen neuen Versuch, seinen Ruf zu polieren. Dennoch hat er es in der Vergangenheit beim FC Everton bewiesen, dass er auch langfristig erfolgreich arbeiten kann. Es ist ihm also durchaus zuzutrauen, dass er endlich für eine ruhigere Saison bei Sunderland sorgen kann, das zuletzt stets tief im Abstiegskampf steckte. Er wird gefordert sein, solide Strukturen zu etablieren und für ein ruhiges Umfeld zu sorgen. Zwei Aufgaben, die ihm an sich entgegenkommen, da der Schotte über sehr viel Erfahrung verfügt. Man sollte nicht den Fehler machen, ihn nur an den letzten beiden Stationen zu messen.

Der (bisher) letzte Trainerwechsel ereignet derzeit sich beim Aufsteiger Hull City. Aufstiegstrainer Steve Bruce, der ebenfalls bei der englischen FA auf dem Zettel stand, trat erst vor kurzem zurück. Der ehemalige Verteidiger von Manchester United war unzufrieden mit den Transferbemühungen des Klubs und der damit verbundenen Perspektive. Chris Coleman, den die walisische FA nur ungern abgeben möchte, und Ex-Chelsea Stürmer Gianfranco Zola gelten als heiße Nachfolgekandidaten.

Jede Menge Veränderungen, neue Gesichter.

Christoph Albers

Cruyff-Jünger und Taktik-Liebhaber. Mag präzise Schnittstellen-Pässe, schwarze Leder-Fußballschuhe, Retro-Trikots und hat einen unerklärlichen Hang zu Fußball-Finanzen. Seit 2016 bei 90PLUS.


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