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Paderborn: Vom Abgrund in die Bundesliga – und wieder in Liga 2?

14. Januar 2020 | Spotlight | BY 90PLUS Redaktion

Die Reise des SC Paderborn in den letzten Jahren ist schon eine ganz außergewöhnliche. Nach dem sensationellen ersten Aufstieg in die Fußball-Bundesliga, musste das Team des damaligen Trainers André Breitenreiter direkt den Gang in Liga 2 antreten. Droht eine Wiederholung dieses Szenarios?

Vom Abgrund in die Bundesliga

Die Folge des damaligen Abstiegs war ein zusammengewürfeltes Team, welches Schwierigkeiten damit hatte, selbst die Grundtugenden des Fußballs zu verinnerlichen. Es folgte der direkte Abstieg in die dritte Liga. Die Kaderplanung für die darauffolgende Saison ähnelte der aus dem Jahr zuvor.
Wieder zeigte die Mannschaft kein Gesicht und stand vier Spieltage vor Ende der Saison vor dem sicheren Abstieg in den Amateurfußball.

Markus Krösche, damaliger Sportvorstand des SCP, suchte einen neuen Coach und stieß auf Steffen Baumgart. Dieser war als Trainer nur den wenigsten ein Begriff, doch die Entscheidung Krösches sollte sich als Glücksgriff herausstellen. Es folgte eine Aufholjagd, die im letzten Spiel gegen Osnabrück zwar scheiterte, aber aufgrund der Tatsache, dass 1860 München keine Lizenz erhielt, doch noch noch zu einem „happy end“ führte.

(Photo by Matthias Kern/Bongarts/Getty Images)

Finanziell war der Verein dieser Tage nicht auf Rosen gebettet. Um langfristig Planungssicherheit zu haben, musste nach dem Fast-Abstieg der Aufstieg in die 2. Bundesliga her. Baumgart implementierte einen Matchplan und bekam geforderte, ablösefreie Verstärkungen. Es folgte ein souveräner Aufstieg und eine gute Saison im DFB-Pokal. Zudem entwickelten sich die „namenlosen“ Spieler zu einer Einheit und machten auch individuell Fortschritte.

Nach dem Aufstieg rechnete man sich intern bereits einiges aus, obwohl mit dem HSV und dem 1. FC Köln zwei absolute Hochkaräter um den Aufstieg kämpften. Nach einem schwächeren Start kam der SCP immer besser in Fahrt, bezwang den 1. FC Köln in einem legendären Spiel mit 5:3 und schickte den HSV mit 4:1 nach Hause. Die Folge: Der erneute Durchmarsch!

Plötzlich Bundesliga: Probleme für Paderborn

Der Erfolg weckte natürlich Begehrlichkeiten. Einige Leistungsträger konnten gehalten werden, gleichzeitig verließen Klement, Tekpetey und auch Sportdirektor Markus Krösche den Verein. Viel Geld für neue Spieler war weiterhin nicht vorhanden, Steril Mamba aus Cottbus und Luca Kilian aus der 2. Mannschaft von Borussia Dortmund gehörten zu den Toptransfers.

Der SCP hatte überdies mit einem starken Anfangsprogramm zu kämpfen. Mit Leverkusen, Freiburg, Wolfsburg, Schalke, Berlin und dem Bayern traf man auf Teams mit großen Ambitionen. Die Leistungen waren gut, die Punktausbeute nicht. Man war schnell in der Realität Bundesliga angekommen und konnte erst am 9. Spieltag im Spiel gegen Düsseldorf den ersten Sieg feiern.

(Photo by INA FASSBENDER / AFP)

Am 12. Spieltag sollte das Spiel in Dortmund für eine kleine Trendwende sorgen. Paderborn gab zwar eine 3:0-Führung aus der Hand und spielte „nur“ 3:3, aber man konnte enorm viel Positives mitnehmen, genau wie bei der 2:3-Niederlage gegen Leipzig. Beim folgendem Auswärtsspiel in Bremen feierte man einen 1:0-Sieg, der eine enorme Bedeutung hatte. Zum Abschluss der Hinrunde steht der SC Paderborn nun mit zwölf Punkten auf dem letzten Tabellenplatz, verloren ist aber noch nichts.

Rückkehrer Srbeny und Schlüsselspieler in der Pflicht

Im Winter schaute man sich beim SC Paderborn natürlich nach Verstärkungen um. Mit Dennis Srbeny kam ein Spieler von Norwich zurück, der bereits in der Hinrunde 2017/18 für den SCP auf Torejagd ging, damals neun Tore und neun Vorlagen beisteuerte. Er dürfte dem Offensivspiel neuen Schwung verleihen und mit seiner Effizienz eine wichtige Waffe werden. Allerdings musste man Cauly abgeben, den Flügelspieler zog es zu Ludogorets nach Bulgarien.

Neben Srbeny sind vor allem die Schlüsselspieler im Kader gefordert, wenn man den Abstieg verhindern will. Einer dieser Spieler ist Abwehrchef Schonlau, der nach einer Verletzung zu Saisonbeginn unterstrich, wie wichtig er für das Team ist. Neben seiner Torgefährlichkeit gewinnt er 62% seiner Zweikämpfe und bildet zusammen mit Youngster Luca Killian ein junges und dynamisches Duo.

 (Photo by Thomas F. Starke/Bongarts/Getty Images)

Im Mittelfeld wird es vor allem auf den laufstarken und dynamischen Vasiliadis ankommen, der für das offensive Umschalten von enormer Bedeutung ist. Er soll Spieler wie Antwi-Adjej, von dem in der Rückrunde noch eine Steigerung zu erwarten ist, einsetzen. Antwi-Adjej besticht durch hohes Tempo, hat aber noch Probleme mit der Entscheidungsfindung, die er abstellen muss.

Ein weiterer Schlüssel zum Klassenerhalt ist der Angriff, der mit Srbeny noch einmal verstärkt wurde. Er könnte im Zusammenspiel mit anderen Offensivkräften wie Mamba, Pröger oder Michel sehr gut harmonieren und dem Spiel einen neuen Impuls verleihen. Paderborn ist generell sehr offensiv orientiert, spielt forsch nach vorne, muss aber die Balance aufrecht erhalten und gleichzeitig im letzten Drittel effizienter werden.

Ausblick: Die Aufgaben für die Rückrunde

Den Klassenerhalt zu erreichen wird ein Mammutprojekt. Der SC Paderborn muss sich auf die Grundtugenden besinnen, die diese Mannschaft stark machen. Der SCP ist das laufstärkste Team der Liga und besitzt mit Streli Mamba, Christopher Antwi-Adjei und Kai Pröger drei der schnellsten Spieler der höchsten deutschen Spielklasse. Dazu zählt die mannschaftliche Geschlossenheit als ein großer Pluspunkt, jeder versucht die Fehler seiner Mitspieler sofort auszubügeln.

(Photo by Thomas F. Starke/Bongarts/Getty Images)

Paderborn steht zudem nicht unter Druck. Sie gingen als klarer Außenseiter in die Saison und haben weiterhin nichts zu verlieren, was ein Vorteil gegenüber Teams wie Bremen, Düsseldorf oder Köln sein kann. Neben dem Besinnen auf die eigenen Stärken müssen auch die Schwächen abgestellt werden. Es fehlt an der nötigen Abgezocktheit, häufig werden lukrative Chancen leichtfertig vergeben. Man erntete zwar in vielen Spielen Lob für die couragierte Leistung, kaufen konnte man sich davon aber nichts.

In Spielen wie gegen Schalke (1:5) oder Köln (0:3) schlichen sich teils grobe Positionierungsfehler ein. Oftmals wurde das Zentrum meilenweit offen gelassen, weil beide zentrale Mittelfeldspieler viel zu hoch standen. Diese einfachen Fehler müssen in der Rückrunde abgestellt werden. Ein spielmachender Typ im Mittelfeld, der neben den vielen dynamischen Elementen auch einmal das Tempo kontrollieren, variieren und wenn nötig auch herausnehmen kann, würde Paderborn definitiv noch gut tun, um weitere Aspekte zum eigenen Spiel hinzuzufügen.

Paderborns Aufgaben für die Zukunft

Nach 3 Jahren, in denen man viele Fehler machte und in eine Negativspirale rutschte, rehabilitierte sich der Verein auf eindrucksvolle Art und Weise. Ohne Steffen Baumgart und Markus Krösche würde es den Verein in dieser Art und Weise nicht mehr geben. Doch was genau haben die beiden richtig gemacht? Und was kann man in die Zukunft mitnehmen? Hierbei gibt es zwei bestimmte Teilbereiche.

Dazu gehört natürlich der klare Matchplan und die generelle Ausrichtung der Mannschaft. Baumgart pflegt ein Offensivkonzept und dieses muss fortgeführt werden. Deshalb sollte man, solange wie möglich und unabhängig von einem Abstieg in Liga 2, am Cheftrainer festhalten.

Der zweite wichtige Aspekt ist die Transferpolitik. Der SCP wurde aufgrund mangelnder finanzieller Mittel dazu genötigt, junge und dynamische Spieler aus unteren Ligen zu verpflichten. Diese müssen gefördert und anschließend mit Transferplus verkauft werden. Damit war man erfolgreich und das muss das Konzept der Zukunft sein. So kann auch ein totaler Absturz, wie in der Vergangenheit, verhindert werden. Die Spieler müssen sich mit dem Klub identifizieren, das ist das A und O.

Die kommende Rückrunde wird aus Sicht des SC Paderborn also sehr spannend aus. Sollte man aus den Fehlern gelernt haben, ist der Klassenerhalt auf jeden Fall möglich. Längerfristig scheint sich der Verein durch eine klare Philosophie auch besser aufgestellt zu haben, sodass ein Absturz wie damals nicht mehr in dieser Form möglich sein dürfte.

(Photo by Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images)

Hendrik Wiese

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