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Heidel, Schmidt & co.: Mainz 05 am Scheideweg – und mit zahlreichen offenen Fragen

31. Dezember 2020 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Die bisherige Saison des FSV Mainz 05 verlief alles andere als gut. Ein anderes Zwischenfazit ist nach zwei Trainerentlassungen nach 13 Spieltagen überhaupt nicht möglich. Es ist Zeit für Neues in Mainz – und gleichzeitig auch die Zeit, alte Bekannte wieder willkommen zu heißen. Und es stellen sich einige Fragen.

  • Christian Heidel zurück in Mainz
  • Martin Schmidt: Überraschender neuer Sportdirektor
  • Ist die Ausrichtung von Mainz 05 die richtige?

Mainz 05 in der Saison 2020/21: Chaosklub 2.0

Die letzten Monate beim FSV Mainz 05 waren turbulent. Trainer Achim Beierlorzer (53) musste nach einem schwachen Saisonstart gehen, wurde von Jan-Moritz Lichte (40) ersetzt. Ein Spielerstreik rund um die Suspendierung von Adam Szalai (33) überschattete die letzten Tage von Beierlorzer. Hinzu kamen schon im Herbst zahlreiche Gerüchte über eine Rückkehr von Christian Heidel (57), der lange in Mainz erfolgreich arbeitete.

Doch damit noch nicht genug. Sportvorstand Rouven Schröder (45) geriet zunehmend in das Zentrum der Kritik, die Leistungen wurden außerdem auch nicht besser. Das große Chaos in Mainz bekam medial vor allem deswegen nicht so viel Aufmerksamkeit, weil knapp 200 Kilometer Luftlinie weiter nördlich noch mehr Unruhe herrschte. Der FC Schalke 04 stellte Mainz 05 in den Schatten, die Probleme wurden dadurch aber nicht kleiner.

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Rund um das Pokalspiel gegen den VfL Bochum, das Mainz 05 kurz vor der Weihnachtspause verlor, gab man die Trennung von Rouven Schröder bekannt. Christian Heidel übernahm nicht sofort, sondern wünschte sich Bedenkzeit. Nach den Weihnachtsfeiertagen war die Heidel-Rückkehr fix, gleichzeitig wurde Trainer Lichte freigestellt und Ex-Trainer Martin Schmidt (53) wurde als neuer Sportdirektor vorgestellt. Das musste man erst einmal sortieren.

Mainz 05: Im Umfeld muss Ruhe einkehren

Vieles hat sich in den letzten Tagen also verändert. Die Antrittspressekonferenz von Christian Heidel war allerdings dennoch wie eine Reise zurück in die Vergangenheit. Er sei „nicht der Messias“, kündigte Heidel an. Und dennoch hatte man ein gutes Gefühl, wenn man ihm zuhörte. Was er sagte, hatte Hand und Fuß. Seine besonnene Art könnte dem Klub definitiv weiterhelfen. Und im Vergleich zu seiner Zeit beim FC Schalke 04, die rückblickend nicht gerade herausragend erfolgreich war, lässt man ihn in Mainz machen.

Dennoch ist auch Heidel klar, dass die Aufgabe, endlich wieder für ein ruhiges Umfeld zu sorgen, alles andere als einfach ist. Zu groß war die Unruhe der letzten Wochen und Monate, zu prekär ist die sportliche Situation. Und nur weil Heidel wieder da ist, herrscht nicht Friede, Freude, Eierkuchen bei den 05ern. Es bestehen weiterhin einige offene Fragen. Zum Beispiel die nach der Qualität von Martin Schmidt als Sportdirektor. Bisher hat er in diesem Bereich noch nicht gearbeitet.

(Photo by Robert Hradil/Bongarts/Getty Images)

Ob er qualifiziert ist und möglicherweise eine sehr aussagekräftige und gute Bewerbung abgegeben hat, lässt sich von Außen nur schwer beurteilen. Dass Heidel und Schmidt sich kennen, ist aber kein Geheimnis. Von 2015 bis zum Heidel-Abgang 2016 arbeiteten sie in Mainz zusammen. Ob das eine Rolle bei der Anstellung spielte, bleibt allerdings Spekulation.

Svensson oder nicht? Die Trainerfrage als elementares Kriterium

Offen ist derzeit, welcher Trainer die Mannschaft im neuen Jahr betreuen wird. Ein neuer Übungsleiter wird ohnehin erst nach dem Spiel beim FC Bayern am 3. Januar präsentiert. Dieser Schuss muss sitzen, das wissen die Verantwortlichen. Bo Svensson (41), derzeit beim FC Liefering tätig, scheint der Wunschkandidat zu sein. Allerdings muss eine Ablösesumme bezahlt werden, derzeit ist noch keine Entscheidung gefallen. Auch hier fällt auf: Svensson kennt Heidel und arbeitete unter Schmidt bereits als Co-Trainer in der Bundesliga. In Liefering ist der Däne bisher durchaus erfolgreich, auch deswegen pocht man beim österreichischen Klub auf die Ablösesumme.

(Photo by Simon Hofmann/Bongarts/Getty Images)

Andere Namen sind derzeit nicht im Umlauf, daher ist davon auszugehen, dass Svensson der Wunschkandidat aller Verantwortlichen ist. Der 41-Jährige muss die Aufgabe aber voller Überzeugung antreten und einen klaren Plan haben. Denn eine Vorbereitung mit der Mannschaft gibt es nicht. Sollte er nach dem Spiel gegen den FC Bayern übernehmen, warten in den ersten Spielen Eintracht Frankfurt, Borussia Dortmund, der VfL Wolfsburg und RB Leipzig. Das Programm ist heftig, Niederlagen zu Beginn sind durchaus realistisch. Und die Mannschaft müsste auch in diesem Fall noch an den Trainer und seine Anpassungen glauben, vollumfänglich mitziehen. Eine weitere Entlassung könnte man sich in jedem Fall nicht erlauben.

Mainz 05: Kurswechsel und zweigleisige Planung

Kurz nach der Rückkehr von Christian Heidel sind also mehr Fragen offen als beantwortet. Natürlich ist es in der Kürze der Zeit nicht möglich, in allen Teilbereichen für Klarheit zu sorgen. Gleichzeitig drängt die Zeit, der Plan von Heidel muss umgesetzt und die Trainerfrage geklärt werden. Und all das ist nur die Basis. Die Wiedereinkehr von Ruhe muss oberste Priorität haben, parallel müssen aber Pläne für den Klassenerhalt und den Abstiegsfall entworfen werden. Das ist insbesondere aufgrund der Corona-Auswirkungen noch schwieriger als vorher. Zudem müssen Punkte her und es geht in den nächsten Wochen gegen viele Topteams, das Programm ist sehr hart. Mainz 05 steht, zumindest was diese Saison angeht, an einem immens wichtigen Punkt, wenn nicht gar an einem Scheideweg.

Doch all das wussten Heidel und Schmidt vorher. Es spricht für sie, dass sie sich zutrauen, die Dinge in die richtige Richtung zu lenken. Mut alleine wird nicht ausreichen, aber er kann ein Antrieb sein. Schwierige Phasen, Ungewissheit und fehlende Planungssicherheit gab es in der Vergangenheit in Mainz bereits häufiger. Und Christian Heidel hat Erfahrung darin, diese Phasen zu meistern und den Klub zu restrukturieren.

Dennoch: Die nun zu erledigende Aufgabe ist eine von hoher Tragweite. Wer wird neuer Trainer? Welche Veränderungen im Kader sind im Winter möglich? Kehrt nun sukzessive Ruhe ein? Ist Martin Schmidt ein geeigneter Sportdirektor und stimmt die Zusammenarbeit zwischen ihm und Heidel? Welche Auswirkungen hätte ein Abstieg? All diese Fragen schweben über den 05ern. Und sie werden erst im Laufe der nächsten Monate beantwortet werden können. Für den Moment jedenfalls bleibt vor allem Ungewissheit – und eine Mammutaufgabe.

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Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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