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Kapitän Neuer kritisiert erneut: Warum bei Kovac die Alarmglocken schrillen sollten

30. Oktober 2019 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Nachspielzeit | Der FC Bayern München hat gestern durch einen mühevollen 2:1-Erfolg beim VfL Bochum das Achtelfinale im DFB-Pokal erreicht. Als Erfolg feiern wollte man dieses Spiel gestern in München aber nicht – im Gegenteil. Hasan Salihamidzic fehlten nach dem Spiel die Worte, sein Auftritt in der Mixed-Zone ging sofort durch sämtliche Medien.

Keine Entwicklung beim FC Bayern

Niko Kovac, der Trainer des FC Bayern, äußerte sich nach dem Spiel ebenfalls, sprach von einem harten Stück Arbeit und bemängelte die Einstellung seiner Mannschaft. Generell fällt der Kroate in den letzten Wochen eher durch ungeschickte Aussagen auf, sei es in Interviews vor oder nach dem Spiel oder bei Pressekonferenzen im Vorfeld der Partien.

(Photo by INA FASSBENDER/AFP via Getty Images)

Kovac wirkt noch immer relaxed, mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen des FC Bayern sollte er aber zumindest abseits der Kameras nachdenklicher wirken. Denn nach den schwachen Resultaten gegen Hoffenheim (1:2) und Augsburg (2:2) waren auch die Spiele gegen Olympiakos (3:2), Union Berlin (2:1) und nun den VfL Bochum vor allem eines: zäh. Der Rekordmeister verfolgt einen Anspruch, dem man unter Kovac fußballerisch eigentlich fast nie gerecht wird. Und das, obwohl der Kader deutlich mehr hergeben müsste.

Wie lange halten sich die Verantwortlichen bedeckt?

Ein großes Problem ist, dass es derzeit nicht einmal Ansätze gibt, die positiv stimmen. Niko Kovac, der einmal sagte, dass die Defensive Handwerk sei, bekommt das Defensivproblem nicht in den Griff, der FC Bayern spielt kaum einmal mehr zu null, lud auch gestern den VfL Bochum in der Anfangsphase gleich mehrfach ein. Als neutraler Beobachter entsteht das Gefühl, dass die Spieler beim Rekordmeister dieser Tage vielleicht noch nicht auffällig gegen, aber zumindest nicht leidenschaftlich für den Trainer spielen.

Salihamdizic und seine von Ironie getränkte Rede am gestrigen Abend sorgte für den ein oder anderen Lacher, gleichermaßen zeigt sie, dass dem Sportdirektor, der zum Sportvorstand aufsteigen soll, zur Leistung nicht viel einfiel. Und die obligatorische Rückendeckung für Kovac blieb ebenfalls aus. Man erhält derzeit das Gefühl, dass Salihamidzic nicht mehr zu den großen Verteidigern des Trainers gehört. Auch die Mimik von Uli Hoeneß wird zunehmend finsterer, gleichzeitig hält Karl-Heinz Rummenigge sein Schweigegelübde, das er sich selbst auferlegt hat, weiterhin durch.

. (Photo by Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images)

Doch wie lange halten sich die Verantwortlichen bedeckt? Wann entladen sich die düsteren Wolken, die derzeit über der Säbener Straße aufziehen, zu einem Gewitter? Möglicherweise will man nicht die ganz große Unruhe generieren, bevor Uli Hoeneß in wenigen Wochen sein Amt als Präsident niederlegt und Zeiten der Veränderung anbrechen. Doch die Zurückhaltung der Verantwortlichen rückt Kovac und damit auch dessen Aussagen gleich doppelt in den Vordergrund. Und wie bereits erwähnt: Mit seinen Aussagen sorgt Kovac zurzeit für Kopfschütteln.

Neuers Kritik sollte zu denken geben

Ein weiterer Aspekt, der nicht außer Acht gelassen werden darf, ist die Mannschaft. Zwar äußern sich einige Spieler, wie zum Beispiel Serge Gnabry, zurückhaltend und sind der Meinung, dass sich auch die Spieler selbst an die eigene Nase fassen müssen, gleichzeitig sind gerade diese, noch eher jungen Spieler, nicht dafür verantwortlich die kritischen Elemente so offen anzusprechen wie es die Führungsspieler tun.

Einer dieser Führungsspieler ist Kapitän Manuel Neuer, ein Spieler, der noch bis 2021 unter Vertrag steht, große Ziele verfolgt und noch einmal um den Titel in der Champions League mitspielen will. Und in den letzten Wochen und Monaten durchläuft Neuer eine Entwicklung, wird in seinen Aussagen immer klarer, formuliert Kritik prägnanter anstatt auszuweichen, wie es früher punktuell der Fall war. Auch nach dem gestrigen Spiel äußerte der Torhüter seinen Unmut über den Auftritt.

“Das war viel zu wenig und eine Enttäuschung von uns. Das war charakterlich in der ersten Hälfte nicht so, wie es sich gehört im Pokal. Wir sind mit einer Schramme davongekommen aber wir müssen darüber nachdenken, wie wir uns präsentieren. Das war traurig, enttäuschend. Jeder muss bei sich anfangen. Wir brauchen nicht über einzelne Spieler reden, das System oder den Trainer. Keine Ausreden suchen, Sonne, Platz, Flutlicht, Wind. Jeder muss sich selbst hinterfragen, ob er in den Spiegel schauen kann.”

Manuel Neuer nach dem 2:1 in Bochum, zitiert via Heiko Niedderer (Bild)

Als Kapitän ist Manuel Neuer nicht nur ein Spieler, der sich immer wieder in den Interviews äußern muss, sondern er ist auch eine Art Sprachrohr für die Mannschaft. Mit seiner Aussage, dass sich jeder hinterfragen müsse, zielt er bewusst nicht nur auf die Mannschaft ab, sondern auch auf den Trainer, die Verantwortlichen und den gesamten Verein.

 (Photo by INA FASSBENDER / AFP)

Möglicherweise macht sich auch ein Spieler wie Manuel Neuer Gedanken, wie die derzeitige Entwicklung der Mannschaft und der Status des FC Bayern in Europa mit den angesprochenen, großen Ambitionen zu vereinbaren ist. Auch die Verträge von Schlüsselspielern wie Alaba und Thiago laufen zeitnah (2021) aus, auch diese beiden Spieler werden sicher nicht sofort verlängern, wenn man ihnen dieser Tage ein Angebot unterbreiten würde. Neuer spricht derzeit – relativ gut verpackt – das aus, was offenbar mehrere Spieler in der Mannschaft beschäftigt.

Die Entwicklung ist negativ, die Lösungen fehlen, der weitere Weg mit Niko Kovac könnte nicht nur ein steiniger sein, sondern einer, an dessen Ende man scheitert. Beim Trainer sollten nach diesen Aussagen jedenfalls die Alarmglocken schrillen.

(Photo by Lars Baron/Bongarts/Getty Images)

Manuel Behlert

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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