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Jeremy Doku im Porträt: Bereit, die Ligue 1 aufzumischen

12. Oktober 2020 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Der belgische Fußball hat in den vergangenen Jahren einige große Spieler hervorgebracht. Die Jugendarbeit in diesem Land hat sich deutlich verbessert, immer wieder spielen sich junge Spieler in den Dunstkreis der A-Nationalmannschaft. So auch Jeremy Doku.

  • Jeremy Doku: Stade Rennais als logischer Schritt
  • Bei Anderlecht zum Toptalent gereift
  • Knapp 30 Mio. Euro Ablöse: Wird er den Erwartungen gerecht?

Jeremy Doku: Anderlecht und ein steiler Aufstieg

Geboren wurde Jeremy Doku (18) im belgischen Borgerhout. Früh zog es ihn in die Jugendakademie des RSC Anderlecht. Schon im Alter von zehn Jahren wechselte er aus Beerschot dorthin. Früh zeichnete sich ab, dass der offensive Außenbahnspieler das nötige Talent mitbringt, um eine Profikarriere hinzulegen. Doku durchlief die Akademie des RSC Anderlecht, spielte parallel ab der U15 für die Juniorenauswahlmannschaften Belgiens. 

Den Aufstieg des talentierten Offensivspielers als „steil“ zu bezeichnen, trifft es sehr gut. Doku wurde immer besser, lernte schnell dazu, arbeitete an seinen Schwächen. Die U-Nationalmannschaften wurden mehr oder weniger im Vorbeigehen abgehakt, im September feierte der Belgier schon sein Debüt in der A-Nationalmannschaft. War die Einwechslung gegen Dänemark zwei Minuten vor dem Ende noch eher von symbolischem Wert, durfte sich Jeremy Doku wenige Tage später gegen Island schon über die volle Distanz beweisen. Den ersten Länderspieltreffer gab es natürlich inklusive. 

Frühes Profidebüt, schnelle Entwicklung

Auch im Verein machte sich Jeremy Doku als Teenager schnell einen Namen. Die belgische Liga bietet generell sehr gute Voraussetzungen für junge Spieler. Der Druck ist nicht so hoch wie in einer absoluten Topliga, die Vereine setzen auf Talente und werfen diese früh in das kalte Wasser. Sein Profidebüt feierte der Youngster dementsprechend früh – am 25. November 2018 – mit 16 Jahren. Damals gab es zwar eine 2:4-Niederlage gegen St. Truiden und er spielte nur zwölf Minuten, dennoch war Doku in der Jupiler Pro League angekommen.

(Photo by JASPER JACOBS/BELGA MAG/AFP via Getty Images)

Fünf weitere Einsätze kamen noch hinzu, der Belgier akklimatisierte sich schnell auf Profiniveau. Die Folge: In der Saison 2019/20 spielte Jeremy Doku eine gute Rolle mit 24 Einsätzen, vier Toren und drei Vorlagen beim RSC Anderlecht eine gute Rolle. Abseits des Blickes auf die reinen statistischen Werte fiel auf, dass der Spieler Monat für Monat große Fortschritte machte. Sein Spiel entwickelte sich auf eine neue Ebene, getreu dem Motto „learning by doing“ fügte der talentierte Offensivspieler seinem Spiel immer neue Aspekte hinzu.

Der Wechsel in die Ligue 1

Nicht selten wechseln junge Spieler früh den Verein und machen damit einen Fehler. Die ersten Schritte in der Karriere, insbesondere der erste Transfer, sollten gut durchdacht sein. Im Fall von Jeremy Doku gab es zahlreiche Interessenten. Vor allem der FC Liverpool beobachtete Doku übereinstimmenden Medienberichten zufolge über einen längeren Zeitraum. Doch der Sprung in die Premier League, zu einem der absoluten Topteams, wäre zu groß gewesen. Naheliegend war deswegen ein Transfer in eine der nächst-größeren Ligen.

Als der Stade Rennais FC begann, sich intensiv mit Jeremy Doku zu beschäftigen, wurde es erstmals konkret. Der aktuelle Tabellenführer der Ligue 1 spielte eine herausragende Saison 2019/20 und qualifizierte sich für die UEFA Champions League. Doch nicht nur das: In Rennes können sich junge Spieler ebenfalls sehr gut entwickeln, wie das Beispiel Eduardo Camavinga (17) zeigt. Zudem stehen mit Yann Gboho (19) oder Brandon Soppy (18) weitere vielversprechende Talente im Aufgebot. 

Der Transfer von Jeremy Doku zog sich aber in die Länge. Die Belgier wollten ihr Tafelsilber nicht unter Wert verkaufen, riefen eine hohe Ablösesumme auf. Wohl auch in der Hoffnung, dass andere Klubs einsteigen. Doch die Perspektive Stade Rennais war für Doku eine derart vielversprechende, dass die Entscheidung seitens des Spielers schnell fiel. Kurz vor dem Ende der Transferphase ging der Transfer noch über die Bühne. Der Belgier kostete etwas mehr als 25 Millionen Euro.

Jeremy Doku: Ein Versprechen in die Zukunft

Dass er diese Summe aber durchaus Wert sein könnte, zeigte der Spieler schon in den ersten Spielen der laufenden Saison in Belgien. In den ersten sieben Speilen kam Jeremy Doku zum Einsatz. Dabei erzielte er zwei Tore und bereitete vier weitere Treffer vor. Die Effizienz und die Entscheidungsfindung im letzten Drittel, in der Vorsaison noch ausbaufähig, haben sich deutlich verbessert.

(Photo by VIRGINIE LEFOUR/AFP via Getty Images)

Insbesondere das Verhalten, die Laufwege im offensiven Drittel und die Spielintelligenz sind wichtige, wenn nicht entscheidende Faktoren für einen jungen Spieler. Denn diese sind nur bis zu einem bestimmten Punkt trainierbar. Um aber auf höchstem Level performen zu können, müssen solche Qualitäten gegeben sein. Instinktiv auch in Drucksituationen das Richtige zu machen – das zeichnet herausragende Spieler aus.

Tempodribbler mit Schwächen in der Rückwärtsbewegung

Mit 18 Jahren ist auch Jeremy Doku noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung angekommen. Der Belgier bringt aber vieles mit, das ausgebaut werden kann. Seine Geschwindigkeit ist sehr gut, schon im Antritt lässt er viele Gegenspieler stehen. Hinzu kommen seine vielen Richtungswechsel und schnellen Haken, mit denen er jeden Verteidiger vor Probleme stellen kann. Außerdem kann Doku auf der linken und der rechten Seite spielen und seinen Stil entsprechend der Anforderungen anpassen.

Der Youngster ist ein Spaßfußballer, ein klassischer Publikumsliebling. Er sucht die direkten Duelle mit dem Gegenspieler, hat Spaß daran, diesen auszuspielen oder zu überlaufen. Seine Hereingaben, die zu Beginn der Karriere noch eine große Streuung haben, gewannen zuletzt an Präzision. Überdies hat Doku physisch zugelegt.

Photo: Imago

Charakteristisch sind Szenen, in denen er quasi aus dem Stand Tempo aufnimmt und seine Gegenspieler stehen lässt. Es folgen häufig Flanken, Pässe in den Strafraum oder Abschlüsse. Das Potenzial ist enorm hoch, in allen Bereichen seines Spiels kann er sich noch verbessern. Signifikante Schwächen gibt es kaum. Punktuell wirkt Doku etwas übermotiviert, nimmt es mit zu vielen Kontrahenten auf oder verpasst den richtigen Moment des Abspiels. Das lässt sich aber noch abstellen. 

Auch in der Rückwärtsbewegung finden sich noch Elemente, die zu verbessern sind. Sowohl nach ge- als auch misslungenen Aktionen bleibt Doku mitunter stehen statt sich schnellstmöglich wieder hinter dem Ball zu positionieren. In Rennes wird man genau daran arbeiten und versuchen, diesen Rohdiamanten zu schleifen.

Jeremy Doku und Stade Rennais: Eine kluge Wahl für beide

Bis 2025 ist Jeremy Doku nun an Stade Rennais gebunden. Der Klub hat große Pläne mit dem Offensivspieler und der Belgier will in der Ligue 1 den nächsten Schritt machen. Spielt er eine gute Saison, winkt sogar das Ticket für die Europameisterschaft 2021. Gelingt es dem Spieler, sich schnell in Frankreich zu akklimatisieren, wird er schon alleine aufgrund des straffen Terminplans aus Ligabetrieb, dem Pokal und der Champions League sehr gute Chancen haben, viele Einsatzminuten zu sammeln.

Auf den ersten Blick erscheint der Transfer für beide Seiten sehr sinnvoll. Doku geht den nächsten Schritt ohne medial schon derart im Fokus zu stehen, wie es bei einem Wechsel zu einem Klub aus der Premier League oder La Liga der Fall gewesen wäre. Stade Rennais geht mit der Ablösesumme ein bewusstes, aber kalkuliertes Risiko. Denn die Chance auf einen lukrativen Weiterverkauf ist angesichts des immensen Pontentials des Spielers bei einer einigermaßen normalen Entwicklung des Marktes in den kommenden Jahren sehr groß.

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Manuel Behlert

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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