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Hertha | Mathew Leckie – Plötzlich wieder wichtig

22. September 2020 | Spotlight | BY Marc Schwitzky

News | Vom aussortierten Wechselkandidaten in den Mannschaftsrat von Hertha BSC – Mathew Leckie feiert eine überraschende Auferstehung in Berlin. Trainer Bruno Labbadia hat großen Anteil an dieser Entwicklung.

Leckie wollte im Sommer weg

„Ich denke, ein Wechsel ist das, was ich brauche. Ich werde versuchen, im Sommer zu wechseln“, sagte Mathew Leckie (29) im Mai diesen Jahres im Podcast „Fox Football“. Der Australier hatte eine enttäuschende Saison hinter sich, in der er auf nur sieben Bundesliga-Einsätze und insgesamt gerade einmal 188 Minuten für Hertha BSC kam. Es schien, Leckies Kapitel in Berlin sei nach drei Jahren vorbei. Aufgrund seiner Rolle als maximal noch Ergänzungsspieler hätte man dem Flügelspieler in der Hauptstadt wohl auch keine Träne nachgeweint. Leckie hat schließlich nur in seiner ersten Hinrunde für Hertha überzeugen können, in der er vier Tore schoss und ein weiteres vorbereitete.

Foto: IMAGO

Auf Leckies starken Auftakt in Berlin folgten jedoch zweieinhalb triste Jahre. Vor allem die höchst strapaziösen Reisen zur australischen Nationalmannschaft machten dem Angreifer zu schaffen, in jeder Länderspielpause kam Leckie aus dem Rhythmus, was in Verletzungen, Formschwankungen und oftmals dem Platz auf der Bank oder sogar Tribüne bedeutete. Bereits in der Saison 2018/19 zeigte die Leistungskurve des 29-Jährigen nach unten, nur 18 Mal, davon zehn Mal von Anfang an, durfte Leckie für die Blau-Weißen auflaufen. Immer seltener kam der Flügelflitzer dazu, seine Stärken im Offensivspiel und sein herausragendes Tempo auszuspielen. In der vergangenen Spielzeit spielte Leckie unter Ante Covic (44) und Nachfolger Jürgen Klinsmann (56) schließlich gar keine Rolle mehr.

Hertha BSC: Labbadia gibt Leckie eine Chance

Erst unter Bruno Labbadia (54) sollte Leckie wieder in den Berliner Kader zurückfinden. In den letzten Partien der zurückliegenden Saison wird der Australier noch zweimal eingewechselt. Trainer Labbadia hatte bei seinem Amtsantritt bei der „alten Dame“ öffentlich bekundet, keine Rücksicht darauf zu nehmen, wie wohlgelitten Spieler bei seinen Vorgängen waren und wie lange ihre Verträge noch laufen. Das Umfeld bezog diese Aussage vor allem auf Spieler wie Vedad Ibisevic (36) oder Peter Pekarik (33), aber eben auch Leckie sollte eine faire Chance erhalten.

Foto: IMAGO

Und dennoch standen die Zeichen zunächst auf Abschied. Hertha, mit den Millionen des Investors gesegnet, pumpt seit vergangenem Sommer viel Geld in den Kader. Mit Dodi Lukebakio (22) kam 2019 ein direkter Konkurrent für den Flügel, auch andere Offensivpieler wie Matheus Cunha (21) erschweren Nominierungen für den Spieltagskader. Es schien kein Platz mehr für Leckie da zu sein. So war es überraschend, wie viele Einsätze er in den Testspielen der vergangenen Wochen bekam. Labbadia attestierte Leckie eine gute Vorbereitung mit starken Trainingsleistungen. „Er ist ein Spieler, der viele Dinge hat. Er ruft es zwar leider nicht immer ab, jetzt war es aber so, dass er Dinge gut gemacht und sein Potenzial mehr abgerufen hat“, bescheinigt Labbadia Leckie, der sich aufdrängt.

Leckie neu im Hertha-Mannschaftsrat

Daraus resultierte, dass Leckie auch in den ersten beiden Pflichtspielen der Saison 20/21 zum Einsatz kam – im DFB-Pokal stand der Angreifer sogar in der Startelf. In beiden Partien steuerte er jeweils eine Torvorlage bei, beim 4:1-Auftaktsieg über Werder Bremen sehenswert mit Außenrist. Es sind die ersten direkten Torbeteiligungen für Leckie seit Mai 2019. Trainer Labbadia zeigt sich „froh, dass er uns jetzt einfach wieder mehr Möglichkeiten gibt.“ Zwar nicht als absoluter Stamm- aber wichtiger Rotationsspieler und Joker.

Neben den Einsätzen erhielt Leckie nun eine weitere Belohnung: Der Australier gehört dem neu gewählten Mannschaftsrat der Berliner an, womit wohl auch die letzten Zweifel an seinem Verbleib bereinigt sein sollten. Eigentlich hieß es, Hertha würde noch nach einem neuen Flügelspieler suchen, doch durch die unvorhergesehene Auferstehung Leckies (Vertrag bis Sommer 2021) könnte sich dieses Vorhaben erledigt haben. „Ich muss irgendwo hingehen, wo ich die Möglichkeit habe, wieder zu spielen“, sagte Leckie im Mai – es scheint, als habe er diesen Ort auch ohne Transfer wiedergefunden.

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Marc Schwitzky

Erst entfachte Marcelinho die Liebe zum Spiel, dann lieferte Jürgen Klopp die taktische Offenbarung nach. Freund des intensiven schnellen Spiels und der Talentförderung. Bundesliga-Experte und Wortspielakrobat. Seit 2020 im 90PLUS-Team.


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