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Gladbach | Das Erfolgsrezept von Marco Rose

28. November 2019 | Spotlight | BY Kilian Thullen

Spotlight | In der Bundesliga seit fünf Spieltagen Tabellenführer und auch in der Europa League nach holprigem Start auf Zwischenrundenkurs. Borussia Mönchengladbach spielt bisher eine gute Saison und überzeugt mit dominanten Auftritten. Doch was genau macht die „Fohlen“ in dieser Saison so stark?

Gladbachs spielerisch durchwachsener Saisonstart

Um diese Frage zu beantworten muss man zurück in die Sommervorbereitung blicken, in der Trainer Marco Rose erstmals mit der Mannschaft arbeiten konnte. Schnell war klar, dass der gebürtige Leipziger einen temporeichen und aggressiven Stil spielen lässt, durch den er europaweite Bekanntheit erlangte. Wie auch bei seiner vorherigen Station in Salzburg, sollte das aus der 4-Raute-2-Grundordnung geschehen, welche er fortan primär trainieren und spielen ließ. Bereits in den ersten Spielen zeigte sich, dass diese für die Mannschaft ungewohnte Formation einige Probleme mit sich brachte.

Der Saisonbeginn verlief auf dem Papier zwar recht erfolgreich, es waren jedoch einige Auftritte dabei, die vor allem offensiv sehr unausgereift und zuweilen etwas wild wirkten. Vor allem gegen Mainz und Basaksehir, dem letzten Spiel mit einer Mittelfeldraute, zeigten sich die Schwierigkeiten, die die Mannschaft mit dem System hatte. Diese Probleme lassen sich darauf zurückführen, dass das Spiel der Borussia in den vergangenen Jahre stark auf Breite ausgelegt war, die Flügel waren unter Dieter Hecking zumeist doppelt besetzt. Roses System hingegen war vor allem auf Angriffe durch das Zentrum ausgelegt. Zudem wurden einige Spieler in Rollen gesteckt, in denen sie sich sichtlich unwohl fühlten – Patrick Herrmann als Mittelstürmer und Breel Embolo als Zehner sind wohl die beiden besten Beispiele.

(Photo by INA FASSBENDER/AFP via Getty Images)

Umstellung auf 4-3-3

Rose erkannte diese Probleme und verharrte, im Gegensatz zu einigen anderen Trainern, nicht auf seiner Stammformation. Im Spiel gegen den FC Augsburg ließ er seine Mannschaft erstmals im 4-3-3 auflaufen, was sich als voller Erfolg entpuppte. Die „Fohlen“ wirkten wie entfesselt und schickten die Gäste mit einem 5:1 nach Hause, was in der Höhe zweifellos verdient war. Seit dieser Partie läuft die Borussia, mit einigen Ausnahmen, in dieser Formation auf und hat sich an die Spitze der Bundesligatabelle gespielt. Im Gegensatz zum vorherigen System ist die Mannschaft mit dem 4-3-3 bestens vertraut, da sie es unter dem vorherigen Trainer Dieter Hecking häufig praktizierten. Aus diesem Grund kann Rose auf bereits vorhandene Automatismen zurückgreifen, die er nicht erst mühsam im Training erarbeiten muss.

Neben Patrick Herrmann profitiert vor allem einer von der Umstellung: Marcus Thuram. Der Franzose wird im 4-3-3 zumeist auf dem Flügel eingesetzt, wo er seine Fähigkeiten im Eins-gegen-Eins und seine starken Tempodribblings gut ausspielen kann. Seit der Umstellung konnte Thuram in neun Spielen acht Torbeteiligungen (vier Tore, vier Assists) verbuchen und wird bereits mit der französischen Nationalmannschaft in Verbindung gebracht.

(Photo by INA FASSBENDER/AFP via Getty Images)

Flexibilität als Erfolgsgeheimnis

Marco Rose versteift sich seit des erfolgreichen Systemwechsels jedoch keineswegs auf ein System. Neben dem 4-3-3 lässt er seine Mannschaft gelegentlich im ebenfalls aus Heckings Amtszeit bekannten 3-5-2 auflaufen. Auch dabei hatte der 43-jährige ein gutes Händchen bei personellen Entscheidungen. Zakaria trumpfte als Innenverteidiger gegen Dortmund und nach der Umstellung während des Rückspiels gegen Rom regelrecht auf.

Doch nicht nur in der Vorbereitung auf ein Spiel zeigt sich Rose flexibel, auch während einer Partie wechselt er häufig die Formation, um der Mannschaft neue Impulse zu geben. Häufig fruchten diese Umstellungen, gelegentlich wirken die Spieler jedoch etwas überfordert mit den hohen Anforderungen, die an sie gestellt werden. Dieser Vorwurf, den sich auch Julian Nagelsmann zu seiner Hoffenheimer Zeit häufiger anhören musste, rührt daher, dass Rose seinen Spielern enorm viele taktische Anweisungen und Vorgaben mit auf den Weg gibt. Kommen zudem Systemwechsel während eines Spiels dazu, kann die Umstellung auch einen gegenteiligen Effekt haben und die Mannschaft lähmen.

Der aktuelle Höhenflug der Borussia kann freilich nicht ausschließlich auf die taktische Flexibilität des Trainers zurückgeführt werden. Gelungene Transfers, ein eingespielter Mannschaftskern und auch eine Portion Glück haben ebenfalls einen starken Einfluss auf die guten Leistungen der „Fohlen“. Dennoch ist es bemerkenswert, dass Rose es innerhalb so kurzer Zeit gelungen ist, seinen Spielstil durchzusetzen und erfolgreich zu implementieren. Das ist ihm nicht durch stures „Schablone auflegen“, sondern durch Anpassungen seiner Grundidee an die Stärken des Kaders gelungen. Ad acta gelegt wurde das 4-Raute-2-System jedoch keineswegs – oder um es in den Worten von Marco Rose zu sagen: „Die Raute ist nicht aus der Welt.“ Flexibilität eben.

Kilian Thullen

(Photo by Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images)

Kilian Thullen

Bosz, Rose & Co. im Herzen, die Bundesliga im Blick. Seinen Durst nach Gegenpressing und dynamischem Offensivspiel stillt Kilian vor allem in Deutschland. Seit 2018 bei 90PLUS.


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