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Gekommen um aufzufallen: Leipzigs Augustin im Porträt

17. August 2017 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Bei der U19-EM 2016 spielte die französische Nationalmannschaft ein sehr gutes Turnier und wurde Europameister. Mit dabei: Kylian Mbappe, Ousmane Dembele, Amine Harit, Lucas Tousart, Christopher Nkunku, Theo Hernandez und natürlich Jean-Kevin Augustin. Augustin traf unter anderem im Finale zum wichtigen 1:0, fiel auch darüber hinaus auf und man räumte ihm gute Chancen ein bei PSG langfristig zu einer echten Alternative zu werden.

Daraus wurde nichts. Trotzdem ist der Wechsel nach Leipzig für Augustin kein großer Rückschritt. Hier spielt er in einer jungen, aggressiven und offensiv ausgerichteten Mannschaft, die mit zwei Stürmern agiert und aufgrund der Qualifikation für die Champions League mit den Kräften haushalten, also rotieren muss.

Schon immer vielversprechend

In der Jugend spielte Augustin zunächst für die Vereine FO Plaisir und AC de Boulogne-Billancourt. ehe er sich 2009 der Jugend von Paris Saint-Germain anschloss und deren Juniorenmannschaften durchlief. Schon früh zeigte sich sein Talent, Augustin wurde regelmäßig zu den Juniorenteams des französischen Verbandes eingeladen und machte auch dort auf sich aufmerksam. In Paris beobachtete man die Entwicklung und die ersten Schritte des Spielers mit der Hoffnung, dass er sich mittelfristig bei den Profis empfehlen könnte. In der Saison 2014/15 debütierte er für die Profis, als er im Coupe de France spielte und gleich ein Tor vorbereiten konnte. Zudem spielte er eine gute Saison in der UEFA Youth League.

(Photo by FRANCK FIFE/AFP/Getty Images)

In der Saison 2015/16 pendelte Augustin zwischen der Profimannschaft und der Jugendabteilung, spielte eine erneut gute Saison in der Youth League, erzielte sein erstes Tor in der Ligue 1, kam auf 13 Einsätze, überwiegend als Joker und debütierte sogar in der UEFA Champions League. Die Karriereplanung schritt weiterhin voran, fußballerisch und charakterlich entwickelte er sich in eine positive Richtung. In der abgelaufenen Saison, als es keinen Ersatz für Edinson Cavani gab, hatte sich Augustin persönlich einiges ausgerechnet. Doch der mittlerweile 20-jährige spielte nur 338 Minuten, erzielte dabei einen Treffer und gab drei Vorlagen. Die großen Namen wurden eingesetzt, er blieb auf der Strecke. Der Wechsel nach Leipzig war folgerichtig.

Immenses Potenzial

Denn auch wenn Augustin keine oder nur wenig Spielpraxis bei den Profis hatte: Das Potenzial ist vorhanden. Und dieses deutete er auch bereits in der Vorbereitung an! Im 4-2-2-2 von Trainer Ralph Hasenhüttl fühlt sich Augustin sichtlich wohl, seine klugen Läufe und seine Antrittsschnelligkeit kommen hier gut zur Geltung. Überdies ist der Hochgeschwindigkeitsfußball von RBL ohnehin eine ideale Ausrichtung für Augustin, der sehr zielstrebig Fußball spielt, schnell den Abschluss sucht und sich bei entsprechender Entwicklung schnell einen Namen in der Bundesliga machen kann.

Augustin verfügt über eine enge Ballführung und kann im Dribbling für Überzahlaktionen sorgen, sich aus der Umklammerung des Gegners befreien. Zudem ist sein Schuss aus der Distanz gut, er weiß, wie er im Offensivzweikampf seinen Körper einsetzen muss und handelt oftmals instinktiv. Trotz seiner Torjägerqualitäten sucht er häufig den freistehenden Mitspieler und kreiert so Torgelegenheiten. Zu seinen Schwächen zählt das Kopfballspiel, auch das Umschaltspiel auf die Defensive muss noch verbessert werden. Dabei muss man beachten, dass Augustin erst 20 Jahre alt ist und keine allzu großen Erfahrungen in der ersten Mannschaft von PSG aufweisen kann.

13 Millionen? Kein Problem!

Die Ablösesumme von 13 Millionen Euro für einen verhältnismäßig unerfahrenen Spieler mag auf den ersten Blick sehr hoch erscheinen. Aber auf dem heutigen Markt zahlt man auch für das Potenzial eines Spielers mit und das nötige Talent ist bei Augustin definitiv vorhanden, sodass die Summe, gerade weil Leipzig die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, absolut gerechtfertigt ist. Bei RB Leipzig setzt man bewusst auf junge Spieler, die noch formbar sind, denen man das RB-Gen implementieren kann. Spieler sollen hier reifen und sich ohne den riesengroßen Druck entwickeln dürfen.

(Photo credit should read FRANCOIS NASCIMBENI/AFP/Getty Images)

Dabei soll RB kein Ausbildungsverein sein, der diese Spieler irgendwann für viel Geld verkauft. Natürlich wird es Abgänge geben, aber primär will man sich im internationalen Geschäft einen Namen machen und dort langfristig etablieren. Spieler wie Augustin, die bei einem großen Klub ausgebildet wurden, aber dort nicht den letzten Schritt gehen konnten, sollen ebenso wie Talente aus dem Nachwuchs und punktuell hinzugekaufte, einigermaßen fertige Spieler eine Rolle spielen.

Stammkraft oder Rotationsspieler?

Mit der Konkurrenz bestehend aus Timo Werner, Yussuf Poulsen und unter Umständen sogar Burke oder Sabitzer kann dem Spieler kein fester Platz in der ersten 11 offeriert werden. RB Leipzig setzt auf einen variablen Kader, der auch in der Breite über genügend Optionen verfügt und für bestimmte Gegner und nach bestimmte Belastungen anpassbare Aufstellungen hergibt. Es ist gut denkbar, dass Augustin zwischen Startelf und der Bank pendelt, aber durchaus regelmäßig 70-90 Minuten spielen darf. Gerade die Erfahrungen in der Champions League könnten für Augustin sehr wichtig sein, damit er kontinuierlich gute Leistungen in Leipzig bringen kann.

Der Spieler hat nicht ohne Grund einen Vertrag über 5 Jahre unterzeichnet. Er ist erstmals alleine in einem fremden Land, muss sich akklimatisieren, die Sprache lernen und gleichzeitig mit größeren Erwartungen zurechtkommen. Das wird wohl besonders zu Beginn nicht einfach sein, aber in Leipzig kümmert man sich für gewöhnlich intensiv um die Integration der Spieler, das Mannschaftsklima scheint sehr gut zu sein. Die Vorzeichen für einen Transfer, den man im Nachhinein als erfolgreich betrachtet, sind also gegeben. Jetzt liegt es primär am Spieler selbst, diese auch zu bestätigen.

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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