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FC Bayern | Flick vs. Salihamidzic & die Folgen: (K)ein großes Thema!

10. April 2021 | Trending | BY Manuel Behlert

Spotlight | Auch in der Saison 2020/21 ist der FC Bayern insgesamt sehr gut unterwegs und eines der besten Teams der Welt. Dennoch gab es im Saisonverlauf auch schwächere Phasen und vor allem ein wenig interne Unruhe, gar Konflikte zwischen Sportvorstand Hasan Salihamidzic und Trainer Hansi Flick. Doch wie groß ist dieses Thema wirklich?

  • Wie groß sind die Differenzen zwischen Hansi Flick und Hasan Salihamidzic?
  • Sind die Neuzugänge wirklich ein „Problem“?
  • FC Bayern: Die Gesamtsituation 2020/21 ist speziell

Der „Streit“ und die „Versöhnung“ zwischen Flick und Salihamidzic

Es ist eines der größten medialen Themen rund um den FC Bayern in den letzten Wochen: Der Zwist zwischen Trainer  Hansi Flick (56) und Sportvorstand Hasan Salihamidzic (44). Der Hintergrund ist, dass Flick nicht vollumfänglich mit der Umsetzung der Kaderplanung zufrieden sein soll. Intern, so berichteten mehrere Medien, soll es geknallt haben. Auf Basis dieser Unstimmigkeiten kam es wenig überraschend, dass Flick mit dem Posten des Bundestrainers in Verbindung gebracht wurde. Es ist die erste Phase der Unruhe beim Rekordmeister, seit Flick im Herbst 2020 das Zepter als Cheftrainer in die Hand nahm.

Flick Salihamidzic

Photo by Imago

Den beiden Protagonisten war durchaus anzumerken, dass die Unruhe Auswirkungen hatte. Hansi Flick wirkte zuweilen gar gereizt. „Na wir sind beide bei Bayern München angestellt und wir arbeiten zusammen. Da ist gegenseitiges Vertrauen natürlich da. Deswegen stellt sich die Frage nicht. Und jetzt ist auch mal gut“, teilte der Cheftrainer im Rahmen des Spiels gegen den VfB Stuttgart mit. Aber eine Aussprache fand statt und zumindest nach außen hin demonstrierten beide Einigkeit. „Wir sind beide aufeinander zugegangen und haben das im Sinne des Vereins aus der Welt geschafft“, stellte der Trainer des FC Bayern nach dem Rückspiel gegen Lazio klar. 

Entscheidend ist, dass die versöhnenden Worte nicht nur zur Beruhigung der Situation in diverse Mikrofone gesprochen wurden. Von außen ist es schwer zu beurteilen, wie nachhaltig und intensiv die Aufarbeitung der Meinungsverschiedenheiten war. Medial bleibt der „Zoff“ jedenfalls weiterhin präsent, was auch daran liegt, dass es wenig klare Äußerungen gibt, auch die Zukunft des Cheftrainers betreffend. Doch zurück zu den Transfers: Die Wunschspieler des Trainers konnten nicht verpflichtet werden, auf der einen oder anderen Position musste er sich mit Alternativlösungen zurechtfinden. Neben Königstransfer Leroy Sane (25) erhoffte sich Flick auch Transfers von Spielern wie Callum Hudson-Odoi (20), Kai Havertz (21) und Sergiño Dest (20).

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Die spezielle Situation der Neuzugänge

Der ganz große finanzielle Spielraum war aber nicht vorhanden. Der ablösefreie Eric-Maxim Choupo-Moting (32) komplettierte gemeinsam mit Juventus-Leihgabe Douglas Costa (31) die Offensive, Marc Roca (24) sollte im Mittelfeldzentrum neue Akzente setzen und Bouna Sarr (27) kam kurz vor dem Ende der Transferphase als Rechtsverteidiger-Backup aus Marseille. Ein gern genutztes Argument in der Betrachtung der Streitigkeiten rund um die Kaderplanung ist, dass die Neuzugänge nur wenig spielen. Doch damit alleine macht man es sich deutlich zu einfach. 

Ein elementarer Faktor bei der Bewertung der Neuzugänge ist die Erwartungshaltung. Sarr, Choupo-Moting und Costa sollten den Kader auffüllen und als Backups dienen. Insbesondere Choupo-Moting macht seine Sache sehr ordentlich, ist engagiert und kann mit einer Vertragsverlängerung rechnen. Etwas komplizierter ist die Lage von Marc Roca. Der Spanier hat große Anlaufprobleme, die aber vor allem mit der fehlenden Vorbereitung einhergehen. Der Terminkalender des FC Bayern war und ist noch immer extrem eng getaktet, Trainingswochen mit konkreten Inhalten sind rar.

Das führt dazu, dass Roca nur wenige Spielminuten sammelte, zuweilen unglücklich wirkte. Seinen Transfer schon jetzt zu beurteilen, ist also falsch. Hansi Flick setzt die Neuzugänge auch nicht absichtlich auf die Bank, nur um seinem Sportvorstand zu beweisen, dass die Qualität fehlt. Es sind die Umstände, die dafür verantwortlich sind. Selbst bei einem individuell herausragenden Spieler wie Sané dauerte es eine Weile, bis er – auch bedingt durch die lange Verletzung – ein gutes Niveau erreichte. Eine Saisonvorbereitung vor der Spielzeit 2021/22 sollte dem Offensivspieler enorm weiterhelfen können.

Sonderfall Lucas Hernandez

Ein ganz spezieller Fall ist Lucas Hernandez (25), der schon 2019 von Atletico zum FC Bayern wechselte. Der viel zitierte „80-Millionen-Mann“ ist kein unangefochtener Stammspieler beim Rekordmeister, geschweige denn der Abwehrchef. Insbesondere aufgrund der hohen Erwartungshaltung wurde es nahezu immer zu einem medialen Thema, wenn Hernandez einmal nicht spielte. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Spieler bislang knapp 2200 Pflichtspielminuten auf dem Konto hat.

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Außerdem hat Hernandez mit einem ganz besonderen „Problem“ zu kämpfen. Die bereits erwähnte Vorbereitung, die vor dieser Saison fehlte, nahm auch ihm die Möglichkeit, sich noch besser mit den anderen Defensivspielern einzuspielen und so die nötigen Automatismen zu generieren. Zudem ist auch die Rolle ein Faktor, denn Hernandez spielt sowohl innen als auch außen. Trainer Flick setzte insbesondere in den schwierigen Phasen der Saison viel auf die gewohnten, eingespielten Formationen in der Defensive. Bemerkenswert ist, dass dies für den Franzosen kein großes Thema ist. Er wartet geduldig darauf, in der neuen Saison ohne David Alaba (28) und Jerome Boateng (32) eine größere Rolle einzunehmen und kommunizierte dies bereits. Die Aufregung um Hernandez spielt also intern so gut wie gar keine Rolle.

Hansi Flick, ein möglicher Abgang und der Faktor Kommunikation

Nun deutet vieles darauf hin, dass man das Thema Flick, Salihamidzic, internen Zoff und Unstimmigkeiten rund um die Kaderplanungen eigentlich ad acta legen kann. Das ist aber nicht der Fall. Denn die Gerüchte um einen Abgang des Trainers im Sommer reißen nicht nur nicht ab, sie werden von den Protagonisten fleißig weiter befeuert. Die Interviews im Vorfeld des Spiels gegen PSG zeigten erneut, wie unsouverän und dünnhäutig beide mittlerweile sind. Was fehlt, ist ein klares Bekenntnis seitens des Trainers und/oder des Sportvorstandes. Stattdessen werden die Fernsehzuschauer mit Phrasen en masse abgefrühstückt – und das nicht einmal geschickt.

„Die Vertragslaufzeit ist bekannt“, teilte Flick vor dem PSG-Spiel mit. Und Salihamidzic ergänzte kurz danach: „Wir bereiten uns nur auf das Spiel vor.“ Statt die Unruhe mit einer deutlichen Aussage zu beenden, wird sie weiter befeuert. Daran ändern auch Aussagen von Karl-Heinz Rummenigge (65), der dem DFB nahe legte, nicht mit Flick als kommendem Bundestrainer zu planen, nichts. Wer eins und eins zusammenzählen kann, der weiß nicht nur, dass das zwei ergibt, sondern auch, dass rund um den FC Bayern etwas im Busch ist. Dass Flick mit dem DFB-Job liebäugelt, ist realistisch betrachtet durchaus nachvollziehbar, nachdem er in kürzester Zeit sämtliche Titel mit dem Klub gesammelt hat.

Das Verweisen auf einen gültigen Vertrag ist in jedem Fall einen beliebte Phrase, eine Art Ausweichreflex. Dass Salihamidzic, angesprochen auf die Frage, ob man sich mit der Suche nach einem neuen Trainer beschäftigen müsse, nur verlegen mit den Schultern zuckte, fasst den Faktor Kommunikation sehr treffend zusammen. Gegenwärtig deuten die Vorzeichen zunehmend darauf hin, dass es im Sommer zu einer Trennung kommen wird. Auch die Pressekonferenz vor dem Spiel gegen den FC Union, als Flick wieder vermied, klar Stellung zu beziehen und sogar noch öffentlich darauf hinwies, dass der Kader in der Vorsaison besser war, goss neues Öl ins Feuer. Es entsteht der Eindruck, dass Flick sogar gewisse Konsequenzen provoziert.

Flick vs. Salihamidzic: Wie geht es weiter?

Nun stellt sich zwangsläufig die Frage, wie es in den kommenden Wochen weitergeht. Union, PSG, Wolfsburg, Leverkusen: Es geht Schlag auf Schlag, der Dreitagesrhythmus bleibt bestehen. Nachfragen werden zweifelsohne kommen, dafür ist das Thema zu groß und zu interessant. Und sofern kein klares Bekenntnis folgt oder folgen kann, weil die Dinge nicht final geklärt sind, bleibt die Unruhe und Ungewissheit. Fernab des grundlegenden Zwists und der Frage nach einer möglichen, zukünftigen Kurseinigung von Flick und Salihamidzic stellen sich übergeordnete Fragen. Welcher Nachfolger käme in Frage? Und könnte man als Klub wie der FC Bayern den Trainer ziehen lassen, ohne die Nachfolge bereits vorher zu fixieren? Ungewissheit auf der Trainerposition ist alles andere als gut und die Herangehensweise vor wenigen Jahren, als Jupp Heynckes gehalten werden sollte und am Ende Niko Kovac kam, sollte Warnung genug sein.

Verschiedene Elemente sind nun von Bedeutung. Es bedarf einer Kommunikationsstrategie, um die Interpretationsmöglichkeiten der Aussagen so gering wie möglich zu halten. Außerdem muss intern geklärt werden, was welcher Akteur denn wirklich will. Hansi Flick selbst goss wie erwähnt zuletzt zunehmend Öl in das Feuer. Auch das erschwert die Zusammenarbeit und möglicherweise ist eine Trennung aus diesem Grund nur folgerichtig. Eine weitere Saison mit Gerüchten, Theater, Unruhe und internen Unstimmigkeiten schadet dem Verein. Und das kann nicht im Sinne der Verantwortlichen sein.

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Manuel Behlert

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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