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FC Bayern | Lewandowski-Verletzung kann eine Chance sein!

26. Februar 2020 | Spotlight | BY Hendrik Wiese

Der lange befürchtete Extremfall für den deutschen Rekordmeister ist eingetreten. Topstürmer Robert Lewandowski hat sich im Champions League-Hinspiel gegen den FC Chelsea verletzt und fällt rund vier Wochen aus. Das ist auch eine Chance für Coutinho, Zirkzee und Hansi Flick!

Der gesuchte Back-Up

In München hat man lange überlegt, ob nicht ein zweiter, erfahrener Stürmer hinter Robert Lewandowski für die Mannschaft hilfreich wäre. Nach reiflicher Überlegung entschied man sich gegen einen weiteren Angreifer á la Mario Mandzukic oder Timo Werner. Rächt sich das nun?

Vor allem am Anfang der diesjährigen Spielzeit erkannte man die Abhängigkeit vom „RL9“. Der Pole traf wie am Fließband und war der absolute Zielspieler beim Rekordmeister. Unter Niko Kovac erkannte man phasenweise kein gezieltes Offensivkonzept, sondern „hoffte“ meist auf die individuellen Qualitäten der Stars, darunter hauptsächlich die von Lewandowski. Mit insgesamt 36 (!) Saisontoren ist er der Go-to-Guy im Münchener Angriff, doch wie kann der vielleicht individuell stärkste Spieler im Bayern-Kader ersetzt werden?

Entgegen dem ganzen Pessimismus steckt in der Verletzung eine Chance für den FC Bayern: Man kann Nachwuchstalent Joshua Zirkzee näher an die Mannschaft führen. Der junge Angreifer war zum Ende der Hinrunde als Joker gleich zweimal erfolgreich, erzielte den Siegtreffer gegen Freiburg und das 1:0 beim Erfolg gegen Wolfsburg.

Nun dürfte der 18-Jährige die Chance erhalten, auch mal von Beginn an aufzulaufen, wenn rotiert wird. Oder ist eventuell doch Fiete Arp der Profiteur? Der ehemalige Hamburger machte einen starken Eindruck in der Saisonvorbereitung, fiel aufgrund von Verletzungen immer wieder zurück und musste zuletzt gar bei den Amateuren auf der Bank Platz nehmen. Lewandowski, an dem (zurecht) kein Vorbeikommen war, macht nun unfreiwillig temporär Platz für einen Youngster. Solche eine Chance gibt es beim FC Bayern München nicht oft.

Auch wenn es nun in die heiße Phase der Saison geht, erlaubt es der Spielplan sogar. Mit Hoffenheim, Augsburg und Union Berlin warten in der Liga hauptsächlich Gegner aus dem Tabellenmittelfeld auf den Rekordmeister. Doch wie agiert man, wenn es im Pokal gegen Schalke oder im Champions League-Rückspiel gegen Chelsea geht?

Neue Chance für Coutinho?

Kandidat Nummer eins dürfte Serge Gnabry sein, der die Position bereits in der Nationalelf gespielt hat. Dem 24-Jährigen darf man die Rolle als neue Nummer neun zutrauen, sein Platz auf den Außen gibt er somit aber natürlich ab.

Alternative Nummer eins wäre Leon Goretzka, der, ähnlich wie beim 5:0 Heimsieg gegen Schalke 04, hinter dem Stürmer agieren dürfte und die Position von Thomas Müller einnehmen könnte. Der „Raumdeuter“ könnte somit auf die Außen rücken.

Seine besten Spiele bestritt die Bayern-Ikone allerdings in der Zentrale. Seine Fähigkeiten in den Zwischenräumen zu agieren, immer anspielbar zu sein und seine Mitspieler in Szene setzen zu können bewies er einmal mehr gegen den FC Chelsea. In Halbzeit eins war Müller der beste Mann auf Seiten der Münchener und besaß die zwei besten Chancen auf Bayern-Seite.
Den Platz von Gnabry auf den Außen könnte somit ein anderer Spieler einnehmen, wie wäre es mit Philippe Coutinho?

Der Brasilianer erlebt eine durchschnittliche Saison, mit Tief- aber auch Höhepunkten. Trainer Hansi Flick und auch Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge vertrauen dem Brasilianer weiterhin: „Es ist nicht so, dass er nicht möchte, er zeigt seine Klasse im Training und manchmal auch im Spiel. Er macht sich nur zu viel Druck.“

Da Flick auf der linken Seite Freiräume für Alphonso Davies schaffen möchte, setzte sich Gnabry nicht, wie eines Außenspielers üblich, an der Seitenlinie fest, sondern agierte des Öfteren etwas zentraler, wo er es oft schaffte mit perfekter, offener Spielstellung den Ball mit in die Bewegung nehmen und so Tempo entwickeln konnte.

Genau diese Rolle hat auch Philippe Coutinho drauf. Als klassischer Außenspieler fühlt er sich nicht wohl, ihm muss ein taktisches Gerüst helfen. Zu seinen Qualitäten zählt es, den Ball in der Zentrale durch Dribbelstärke und Spielverständnis in eine gute Position zu bringen.

Auch sein Abschluss, vor allem aus der Distanz, ist eine Waffe. Bisher zeigte er das aber noch zu selten oder ihm fehlte bei seinen Distanzschüssen das nötige Glück. Hier muss er sich noch steigern, wenn er in den kommenden Wochen eine gute Rolle spielen will.

Matchball für Hansi Flick

Auf der Bankettrede deutete Karl-Heinz Rummenigge ein längeres Engagement Flicks als Bayern Coach an. Die Verletzung Lewandowskis ist die große Chance des 55-Jährigen den „Ball endgültig zu versenken.“

Flick wird nun auf eine Probe gestellt: Wie löst er die Herausforderung ohne den besten Mittelstürmers der Welt?
Pep Guardiola schaffte es einst ohne Innenverteidiger und ohne Flügelspieler erfolgreich zu sein. „Mia san Rot“-Redakteur Justin Kraft äußerte es passend auf Twitter: „Meine Erwartung ist, dass er es trotz des Ausfalls schafft, Bayern an der Spitze der Liga zu halten. Da gibt es keine Ausreden.“

Sollte Flick diese Herausforderung angemessen lösen, dürfte es keine Zweifel mehr geben, wer nächstes Jahr auf der Trainerbank der Bayern Platz nimmt.

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(Photo by Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images)

Hendrik Wiese

Aufgewachsen mit dem Spielstil von Bastian Schweinsteiger bevorzugt Hendrik spielerische Dominanz und technisch ansehnlichen Fußball. Seit Dezember 2019 ist er für 90PLUS unterwegs, bevorzugt im deutschen Oberhaus.


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