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Erfahren und flexibel: U21-Kapitän Arnold

9. Juni 2017 | U-21 EM 2017 | BY Manuel Behlert

Mit seinen 23 Jahren hat Maximilian Arnold vom VfL Wolfsburg bereits einiges erlebt. Ein Sieg in der Champions League gegen Real Madrid, Erfolgsserien in der Bundesliga, aber auch eine Negativspirale, Abstiegskampf in der vergangenen Saison und zahlreiche Trainerwechsel. Dass er gerade in diesen jungen Jahren ohne die eigentlich benötigte Kontinuität im Verein eine derart gute Entwicklung nahm, spricht für seine Qualitäten. In der U21-Auswahl des DFB ist der Führungsspieler und Kapitän – und will das beim anstehenden Turnier in Polen rechtfertigen.

Geboren in Riesa, spielte Arnold in seiner Jugend für den SV Strehla, den SC Riesa und Dynamo Dresden, ehe er 2009 zur U17 des VfL Wolfsburg wechselte, für den er bisher 160 Pflichtspiele absolvierte. Arnold akklimatisierte sich schnell, wurde zum Leistungsträger in der U17 und U19 der Wölfe. In der Saison 2011/12 debütierte er am 14. Spieltag gegen den FC Augsburg in der Bundesliga, ein weiterer Einsatz folgte am letzten Spieltag gegen den VfB Stuttgart. Auch in der Saison 2012/13 kam Arnold am Ende der Saison zu einigen Einsätzen, traf prompt in drei aufeinanderfolgenden Spielen gegen Hoffenheim, Bremen und Gladbach und machte dadurch auf sich aufmerksam.

(Photo by Boris Streubel/Bongarts/Getty Images)

Das Zentrum als Lösung

In der A-Jugend spielte Arnold meist in der Schaltzentrale als Bindeglied zwischen Defensive und Offensive. Er war dort individuell fast allen Gegenspielern überlegen, durfte aber in der Bundesligamannschaft zunächst nur auf der offensiven Außenbahn oder hinter der Spitze auflaufen. Auch dort fand er sich ganz gut zurecht, konnte seinen präzisen Abschluss mit dem linken Fuß zeigen und musste nicht übermäßig viel Verantwortung übernehmen. In der Saison 2013/14 gehörte Arnold erstmals zum Stammpersonal beim VfL. Fast 2500 Pflichtspielminuten, 7 Tore und 3 Vorlagen, Einsätze im offensiven, zentralen und rechten Mittelfeld – Arnold spielte dort, wo gerade Platz war und funktionierte.

Seine Qualitäten gaben zwar das Spiel hinter der Spitze her, aber gerade im Konterspiel der Wölfe unter Dieter Hecking wurde oftmals deutlich, dass er vor allem im Umschaltspiel seine Stärken hat, Lücken erkennen, Pässe richtig temperieren kann. Er initiierte zahlreiche gefährliche Angriffe, weil er eine enorme Handlungsschnelligkeit besitzt und sich zutraut, auch schwierigste Pässe unter dem größtmöglichen Druck zu spielen. Natürlich produziert man bei diesem Risiko Fehler, aber man sah deutlich, dass das Mittelfeldzentrum, zusammen mit einem defensivstarken Spieler wie Luiz Gustavo, seine optimale Position ist, die endgültige Lösung nach dem permanenten hin- und herschieben. Seine öffnenden Pässe in Richtung Kevin de Bruyne, Andre Schürrle oder Daniel Caligiuri wurden regelmäßig verwertet, trugen noch häufiger dazu bei, dass zumindest gefährliche Szenen entstanden.

Weiterhin offensive Akzente

Auch wenn Arnold etwas defensiver eingesetzt wurde, die offensiven Akzente konnte er weiterhin setzen. Zum Einen haben natürlich auch die mitunter traumhaften Pässe aus dem Mittelfeldzentrum initiierenden und kreierenden Charakter, zum Anderen gelangen ihm trotzdem 6 Tore und 5 Vorlagen in 40 Pflichtspielen. Das Tempo der Wolfsburger Angriffe war meist hoch, Arnold konnte nicht gleichzeitig um die Mittellinie herum für Akzente sorgen und in der Offensive die Angriffe verwerten. Dennoch: bei ruhenden Bällen, bei Abprallern aus dem Rückraum heraus und bei Offensivaktionen aus dem ruhigeren, geordneteren Ballbesitz heraus trat Arnold in Erscheinung, seine Distanzschüsse blieben gefährlich.

(Photo by Micha Will/Bongarts/Getty Images)

2015/16 gelangen ihm 6 Scorerpunkte in 44 Spielen, hier war er vor allem in der Champions League in einer guten Verfassung. Die Bundesligasaison war eher durchschnittlich, Arnold übernahm mehr Defensivaufgaben, hatte nicht mehr die individuelle Klasse eines Kevin de Bruyne vor sich. Das trug dazu bei, dass aus ihm ein noch kompletterer Spieler wurde, der je nach Bedarf auf verschiedenen Positionen in verschiedenen Systemen eingesetzt werden kann. Die gerade abgelaufene Saison war für Arnold vor allem in charakterlicher Hinsicht eine Herausforderung. Abstiegskampf, Unruhe im Verein, verschiedene Trainer. Der 23-jährige Arnold war trotz zahlreicher System- und Personalwechsel weiterhin eine Konstante, brachte zuverlässig zumindest ordentliche Leistungen.

Gestandene Persönlichkeit, frei im Kopf

Durch die immer größer werdende Verantwortung, die auf den Schultern Arnolds lastete, entwickelte er sich auch fernab der Juniorennationalmannschaft zu einer gestandenen Persönlichkeit, die eine Mannschaft mitführen kann. Mit bisher 18 Einsätzen bei der U21 gehört er zu den erfahrensten Spielern dieses Kaders, hat schon einige Jahre auf dem Buckel, debütierte 2013. In der A-Nationalmannschaft wird es Arnold schwer haben. Unter anderem Dahoud, Weigl, Goretzka, Kroos, Gündogan und Khedira ist die Konkurrenz nicht nur extrem groß, sondern größtenteils auch noch sehr jung, kann noch zahlreiche Jahre auf hohem Niveau spielen.

Gerade deswegen könnte der Wolfsburger umso mehr Motivation mitbringen. Dieses Turnier könnte im Nationalmannschaftsdress bereits sein letztes sein, auch wenn man nie weiß, was die Zukunft mit sich bringt. Die Flexibilität, die Erfahrung, die vielen Jahre in der U21 – all dies macht Arnold zum optimalen Kapitän dieser Mannschaft. Ob zusammen mit Kohr, Dahoud oder Meyer – die Ausrichtung kann an den Gegner angepasst werden. Außerdem ist es sehr wichtig, dass Arnold befreit aufspielen kann. Nach dem Klassenerhalt muss er sich keine Gedanken um seine Zukunft machen, kann sich voll und ganz auf dieses Turnier, die Ziele mit der U21 konzentrieren. Den Schwung aus den positiven Erlebnissen rund um den Relegationsgewinn kann er außerdem in positive Energie umwandeln. Maximilian Arnold wird der DFB-Auswahl ein würdiger Kapitän sein.

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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