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Dominik Kohr: Rückkehrer mit Ambitionen

6. Juni 2017 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Er kommt aus der Leverkusener Jugend, konnte sich bei Bayer in jungen Jahren nicht durchsetzen. Die Leihe zum FC Augsburg war logisch, nach 1 1/2 Jahren bei den Fuggerstädtern wurde er fest verpflichtet. Beim FCA reifte er weitere zwei Jahre, übernahm immer mehr Verantwortung und spielte sich weder in den Fokus seines Jugendvereines. Dominik Kohr hat eine gute Entwicklung hinter sich, ist mittlerweile ein gestandener Bundesligaspieler und konnte per Rückkaufoption günstig zurück zur Werkself gelotst werden. Der 23-jährige hat bei Bayer nun viel vor.

91 Bundesligaspiele absolvierte Kohr beim FC Augsburg. Hinzu kamen 6 Spiele in der Europa League, in denen er erste internationale Erfahrungen sammeln konnte. Gerade im Abstiegskampf zeigte der in Trier geborene zentrale Mittelfeldspieler gute Leistungen, war unverzichtbar für die Augsburger Mannschaft. Das erkannten auch die Verantwortlichen von Bayer, zogen die Option und wollen Kohr nun fest in der Mannschaft integrieren.

Sich stetig entwickelnder Arbeitertyp

Kohr, der von der U18-U21 alle Jugendauswahlmannschaften des DFB durchlaufen hat, debütierte im November 2012 in der Bundesligamannschaft der Werkself. Drei weitere Einsätze in der Hinrunde kamen hinzu, Kohr gehörte in der Rückrunde weiterhin punktuell zum Kader, wurde aber nicht mehr eingesetzt. Die Saison 2013/14 begann für den Youngster schlecht. Mit einem Innenbandriss musste er pausieren, später wurde er sukzessive langsam an die Mannschaft herangeführt, absolvierte 2 Spiele für Leverkusen, nach der Leihe im Winter noch 8 weitere für den FC Augsburg. Er fasste langsam Fuß in der Bundesliga, gewöhnte sich an das hohe Tempo und hatte in einem homogenen Mittelfeld, unter anderem mit Daniel Baier, gute Entwicklungsmöglichkeiten.

(Photo by Adam Pretty/Bongarts/Getty Images)

Die Entwicklung ging dann auch stetig voran. 2014/15, die Saison, in der Augsburg sich für die Europa League qualifizieren konnte, war extrem wichtig für Kohr. Er stand in 26 Bundesligaspielen auf dem Platz, wurde häufig früher ausgewechselt, genoss aber das Vertrauen von Markus Weinzierl. Ein Jahr später musste sich der kampfstarke, zweikampfstarke Mittelfeldspieler erstmals mit der Doppelbelastung auseinandersetzen. Über 3100 Spielminuten sammelte Kohr, dabei gelangen ihm 5 Torvorlagen, er holte sich 18 gelbe Karten ab. Auch in der abgelaufenen, schwierigen Saison war er einer der Dauerbrenner. Abgesehen von einer Verletzung und drei Sperren fehlte Kohr nur in zwei Spielen. Die Entwicklung vom Ergänzungs- zum Stammspieler war schon längst vollendet, mittlerweile nahm er sogar eine Führungsrolle ein.

Einsatzfreudig und konstant

Das Spiel des 23-jährigen ist keinesfalls spektakulär. Kohr spielt abgeklärt, lässt sich nicht einfach unter Druck setzen, ist ein rundherum solider Mittelfeldarbeiter. Seine Passquote ist mit annähernd 75 % definitiv in Ordnung, wenn auch nicht überragend. Daniel Baier, der im Idealfall mit ihm zusammen im Zentrum agierte, war eher für die kreativen Momente, das gute Passspiel zuständig. Kohr sollte Lücken zulaufen, dem Gegner permanent auf den Füßen stehen und nahezu überall auftauchen, wo jemand gebraucht wird. Mit den Jahren erwarb er neue Fähigkeiten, entwickelte sich auch taktisch weiter. Kein Wunder, dass Manuel Baum und Stefan Reuter betonten, dass man den Spieler gerne behalten würde.

(Photo by CHRISTOF STACHE/AFP/Getty Images)

Die Rückkaufklausel führte aber dazu, dass dem FCA die Hände gebunden waren. Beeindruckend ist bei Kohr neben der ganzen Einsatzfreude, Dynamik und Laufstärke auch die Konstanz. Er macht wenig grobe Fehler und wenn, dann ist er in der Lage, diese wieder zu bereinigen, weil er keinen Ball verloren geht. Natürlich führt sein Spielstil, gerade bei einem Team, das zuletzt eher im Abstiegskampf unterwegs war, zwangsläufig dazu, dass er zu einem Foul greifen und sich eine gelbe Karte abholen muss. Natürlich ist Kohr auch einmal in Nichtigkeiten verwickelt, teilt auch einmal unerkannt aus. Kurzum, er ist ein Spieler, den man nicht zwangsläufig mag, wenn er beim Gegner spielt, aber den man besonders zu schätzen weiß, wenn er im eigenen Team aufläuft.

Perspektiven in Leverkusen

Klar ist, dass Kohr es seinem Jugendverein beweisen will. Natürlich konnte er die ersten Schritte im Profifußball hier machen, aber der Durchbruch gelang in Augsburg. Kohr rechnet wahrscheinlich auch nicht damit, auf Anhieb einen Stammplatz in Leverkusen zu ergattern, aber die Konstellation im zentralen Mittelfeld gibt einiges her. Julian Baumgartlingers Saison war eher unbefriedigend, Kampl und Aranguiz sind offensiver ausgerichtet, Lars Bender sehr verletzungsanfällig. Zudem verfügt man mit Vladlen Yurchenko noch über einen weiteren Spieler im Mittelfeldzentrum, dieser aber kam in der vergangenen Saison nicht über 222 Einsatzminuten hinaus, wird wohl abgegeben.

Auch ein Abgang von Baumgartlinger oder Aranguiz ist nicht ausgeschlossen. Besonders der Platz des Ex-Mainzers wäre prädestiniert für Kohr, der ähnliche Eigenschaften wie Baumgartlinger mitbringt, aber jünger und dem Verein zudem verbunden ist. Natürlich wird auch vieles vom neuen Trainer abhängen. Welches System dieser spielen lässt, welche Spielertypen er bevorzugt. Aber auch ohne die Mehrfachbelastung und die naturgegebene Rotation könnte Kohr eine gute Rolle spielen. Er wird alles dafür geben, sich im zweiten Versuch in Leverkusen langfristig durchzusetzen. Die Voraussetzungen dafür bringt er mit, sein Leistungsvermögen ist außerdem noch nicht ausgeschöpft. Schafft es der neue Trainer endlich wieder eine homogene Struktur zu implementieren und Kohr vernünftig einzubauen, könnte er über mehrere Jahre glücklich werden.

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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