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Die große Premier League Vorschau (1/5) – Chelsea, Crystal Palace, Newcastle & Burnley

7. August 2017 | Vorschau | BY Chris McCarthy

Am Freitag eröffnen der FC Arsenal und Leicester City die Premier League Saison 2017/2018. In unserer fünfteiligen Vorschau nehmen wir alle 20 Mannschaften unter die Lupe und nennen unter anderem auch 20 Newcomer, die man auf dem Zettel haben sollte.

Den Anfang machen Chelsea, Crystal Palace, Newcastle United und der FC Burnley.

Chelsea FC

(letzte Saison 1. Platz)

Vorschau

In seiner Debüt-Saison führte Antonio Conte (48) den FC Chelsea auf Anhieb zur Meisterschaft. Sein Mut, während der Spielzeit das System auf eine kaderfreundliche Dreierkette umzustellen, entpuppte sich als genialer Schachzug. 2017/2018 möchten die Blues nun nach einem Jahr Abstinenz auch wieder in der Königsklasse mitmischen. Dies war auch das Motto der Transferperiode, denn dazu benötigt der Kader mehr verlässliche Optionen.

Genau damit taten sich die Blues zur Frustration von Antonio Conte zum Auftakt des Sommers schwer. Nachdem der Italiener seinem bisherigen Top-Stürmer Diego Costa (28) unmissverständlich nahelegte, einen neuen Verein zu suchen, fand er über Umwege zu Alvaro Morata (24). Der Spanier wechselte, nachdem sich Romelu Lukaku (24) überraschend für Manchester United entschied, für 65, durch Klauseln maximal 78 Millionen Euro, an die Stamford Bridge. Womöglich ein heimlicher Segen, denn der ehemalige Angreifer von Real Madrid passt auf den ersten Blick viel besser zur Spielphilosophie des FC Chelsea.

(Photo by Thananuwat Srirasant/Getty Images for ICC)

Darüber hinaus sicherten sich die Londoner in Tiemoué Bakayoko (22; Millionen Euro, AS Monaco) eine weitere Option für das mit Spieler des Jahres N’Golo Kanté (26) stark besetzte zentrale Mittelfeld. Antonio Rüdiger (24; 35 Millionen Euro, AS Rom) ist eine brauchbare Alternative für die Dreierkette, die in John Terry (35, Aston Villa) seinen Mentor verliert.

Aufgrund der teuren Verkäufe von eher durchschnittlichen Ergänzungsspielern in den letzten Jahren verfügt man zudem noch über die Flexibilität, den Kader weiter zu verstärken und jede Position doppelt zu besetzen. Gerade die offensiven Außenverteidigerpositionen sind noch etwas dünn besetzt. Auch im Sturm könnte man seine Optionen überdenken.

 

Prognose

Nach der beeindruckenden Saison 2016/2017 geht der FC Chelsea als Top-Favorit in die kommende Spielzeit. Der Kader ist quantitativ und qualitativ noch besser aufgestellt als im Vorjahr. Mit ein paar weiteren Neuzugängen sollte das Team gleich auf allen drei Hochzeiten (Premier League, FA Cup, Champions League) mittanzen können. Ein kleines Fragezeichen steht allerdings hinter Alvaro Morata. Denn nur wenn der 24-Jährige sich tatsächlich als die erhoffte, treffsichere Verstärkung entpuppt, können all diese Hochzeiten auch in titelreichen Ehen enden.

 

Im Fokus

(Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Wie im Fazit bereits erwähnt, liegt enorm viel Druck auf den Schultern von Neuzugang Alvaro Morata. Nach einer für ihn frustrierenden Saison auf der Bank von Real Madrid, in der er trotzdem 15 Saisontore erzielte, ist der Spanier von Tag eins einer der Schlüsselspieler im System von Antonio Conte. Nur wenn er sich ohne oder mit maximal geringer Anlaufzeit an die intensivere und körperbetontere Premier League anpassen kann, geht die Rechnung in der Offensive auf. Wenn nicht, darf man sich die Frage stellen, wer die 20 Saisontore von Diego Costa aus der vergangenen Spielzeit kompensieren soll. Hier wäre eine weitere Alternative, bei gleichzeitiger Leihe für Michy Batshuayi (23), eventuell ratsam.

Newcomer

Andreas Christensen (21) als Newcomer zu bezeichnen ist sicherlich nicht für jeden nachvollziehbar. Doch in der Premier League betritt der Innenverteidiger nach zwei mehr als überzeugenden Leih-Jahren bei Borussia Mönchengladbach durchaus Neuland. Auch in London hält man vom groß gewachsenen Dänen große Stücke. Christensen steht jedoch eine Herkulesaufgabe bevor. Kommt er  trotz seines jungen Alters und Konkurrenten wie David Luiz (30), Antonio Rüdiger, Gary Cahill (31) oder César Azipilicueta (27) zu signifikante Einsatzzeiten auf einer der drei Abwehrpositionen? Das Talent dazu hat er allemal.

  

 

Crystal Palace FC 

(letzte Saison 14. Platz)

Vorschau

Nach einer Zittersaison, in der Sam Allardyce (62) die stark abstiegsbedrohten Ealges am 19. Spieltag übernahm und durch beeindruckende Siege gegen Chelsea, Arsenal und Liverpool doch noch rettete, war der Sommer nicht weniger ereignisreich. „Big Sam“ beendete seine Karriere und Frank De Boer (47) übernahm in London das Zepter. Der langjährige Erfolgstrainer von Ajax Amsterdam plant nach dem kurzen Intermezzo bei Inter Mailand eine ruhigere Herangehensweise als seine Vorgänger.

(Photo credit should read ISAAC LAWRENCE/AFP/Getty Images)

Gab man 2016/2017 noch über 100 Millionen Euro für neue Spieler aus, stehen wohl überlegte, preiswerte und perspektivische Verpflichtungen plötzlich im Vordergrund. So entschied man sich beispielsweise gegen eine über 20 Millionen Euro teure feste Verpflichtung von Liverpool Verteidiger Mamadou Sakho (27), obwohl dieser in der abgelaufenen Rückrunde sehr überzeugte. Stattdessen angelte man sich, begünstigt durch die Ajax-Connection, für 9 Millionen Euro Abwehrtalent Jairo Riedewald (20) aus Amsterdam. Hinzu kommt die einjährige Leihe des vielversprechenden Ruben Loftus-Cheek (21) von Chelsea. Mehr Transfers wurden bisher nicht getätigt.

Der Ansatz könnte sich lohnen, denn die Fans im Selhurst Park streben nach Kontinuität und geben sich mit relativ wenig, sprich aufopferungsvollen Kampf, schon zufrieden. Darüber hinaus konnte in De Boer endlich ein Trainer geholt werden, der das System an seine vorhandenen Spieler anpasst und nicht umgekehrt. Es bahnt sich ein 3-4-3 an. An Qualität mangelt es dem Kader, trotz der schwachen Saison, eigentlich ohnehin nicht. Ein oder zwei weitere Stammspieler, genauer gesagt ein Torwart und ein Innenverteidiger, würden jedoch nicht schaden und sollten realisierbar sein.

 

Prognose

Während wir stark davon ausgehen, dass Crystal Palace sich deutlich weiterentwickeln kann, bleibt es abzuwarten, ob die Mannschaft die ambitionierten Vorgaben von Frank De Boer direkt umsetzen kann. Qualitativ sind die Eagles mit Wilfried Zaha, Yohan Cabaye, Christian Benteke oder Scott Dann mehr als ausreichend gut besetzt, um dieses Mal nicht ernsthaft in Abstiegsgefahr zu geraten. Ein Platz im unteren Mittelfeld wäre realistisch und für den Start der neuen Ära auch zufriedenstellend. 

 

Im Fokus

(Photo by Mike Hewitt/Getty Images)

Für Chelsea-Leihgabe Ruben Loftus-Cheek ist die bevorstehende Saison von enormer Bedeutung! Der 21-jährige Engländer, der sich erst nach intensiver Überzeugungsarbeit der Blues 2016 dazu entschied, seinen Vertrag dort zu verlängern, brennt schon lange auf die Gelegenheit, sein Können Woche für Woche unter Beweis zu stellen. Bei Crystal Palace, wo sein Trainer ihm wohl von Tag eins das Vertrauen zeigen wird, gibt es für Loftus-Cheek nun keine Ausreden. Kann er seine Chance nutzen und sein großes Potential verwirklichen?

Newcomer

Mit gerade einmal 20 Jahren ist Jairo Riedewald bei Crystal Palace direkt als Stammspieler eingeplant. Das sollte für den niederländischen Nationalspieler kein Problem sein, denn in der Eredivisie gab der Innenverteidiger bereits mit 17 Jahren sein Debüt. Sein damaliger Trainer? Frank De Boer! Ob sich Riedewald gleich in der Premier League durchsetzen kann, wird nicht von seinem außergewöhnlichem Antizipationsvermögen oder starkem Passspiel abhängen. Viel mehr bleibt abzuwarten, ob der vergleichsweise schmächtige Abwehrspieler seine körperlichen Defizite damit kompensieren kann.

 

Newcastle United FC

(Aufsteiger)

Vorschau

Im März 2016 übernahm Rafael Benitez (57) das Traineramt bei Newcastle United. Rückblickend wohl etwas zu spät, denn erst in den letzten fünf (ungeschlagenen) Saisonspielen konnte das Team die Ideen des Spaniers umsetzen. Es folgte der Abstieg. Trotzdem blieb der Champions League Sieger von 2005 den Magpies treu und führte sie souverän als Tabellenerster zurück in die Beletage des englischen Fußballs. 

(Photo by Stu Forster/Getty Images)

Um in der Premier League wieder Fuß zu fassen, benötigt der Trainer die Unterstützung des umstrittenen Besitzers Mike Ashley. Bisher zeigte dieser sich allerdings nicht so spendabel, wie sich Benitez das vorgestellt hatte. Der überdurchschnittliche Zweitligakader wurde durch die Verteidiger Florian Lejeune (28; Eibar; 10 Millionen Euro) und Javier Manquillo (23, Atletico, 5 Millionen), aber auch Jacob Murphy (22, Norwich, 12 Millionen) und Christain Atsu (25; Chelsea; 7,5 Millionen), die von den Flügeln das Offensivspiel beleben sollten, definitiv punktuell verstärkt. Auch Mikel Merino (21, Dortmund, Leihe mit Kaufpflicht) stellt eine weitere interessante Option dar und dürfte den hoch veranlagten Jonjo Shelvey (25) entlasten.

So weit so gut, doch es fehlt nach wie vor ein verlässlicher Stürmer! Zwar ist Dwight Gale (26) ein kompetenter Angreifer, der in der abgelaufenen Zweitligasaison 23 Mal traf, doch der Engländer bringt es in zuvor 64 Premier League Spielen auf lediglich 15 Tore.

 

Prognose

Eigentlich hat Ashley genug getan, um Benitez mit einen konkurrenzfähigen Premier League Kader auszustatten. Eigentlich, denn die Entscheidung, von der Verpflichtung eines hochkarätigen Angreifers abzusehen, könnte eklatante Folgen haben. Noch haben die Magpies dazu drei Wochen Zeit. Man würde sich dadurch einige Sorgen und einen anderenfalls wohl drohenden Abstiegskampf sparen.

 

Im Fokus

(Photo by Stu Forster/Getty Images)

Im Sommer 2013 gab der FC Liverpool auf und trennte sich für 6 Millionen Euro vom sehr talentierten, allerdings ebenso inkonstanten und hitzköpfigen Jonjo Shelvey (damals 21). Bei Swansea nahmen die guten spielerischen Momente, aber auch die mentalen, aggressiven Aussetzer zu, sodass der sechsfache Nationalspieler im Januar 2016 für knapp 20 Millionen Euro verkauft wurde. Nach einer Saison in der zweiten Liga, hat der polarisierende, zentrale Mittelfeldspieler hoffentlich an Reife gewonnen und mit 25 Jahren nun die Chance, ausschließlich durch sportliche Leistungen für Aufsehen zu sorgen.

Newcomer

Der „Quasi-Kauf“ von Mikel Merino für 7 Millionen Euro könnte sich als Schnäppchen erweisen. Der Spanier verfügt über eine sauber Technik, ein gutes Passspiel und solides Zweikampfverhalten. Sollte er seine Entscheidungsfindung optimieren, und das ist mit mehr Spielpraxis durchaus denkbar, hat Merino das Potential, sich zu einem Leistungsträger der Magpies zu entwicklen.

 

Burnley FC

(letzte Saison 16. Platz)

Vorschau

Zum ersten Mal seit den Siebzigern ist der FC Burnley in zwei aufeinanderfolgenden Spielzeiten in der ersten englischen Liga vertreten. Der Grundstein dafür wurde vor allem im heimischen Turf Moor gelegt, wo man im Vergleich zu mickrigen sieben Punkten in der Fremde, stolze 33 Zähler holte.

(Photo by Nathan Stirk/Getty Images)

Auch in der kommenden Saison wird Trainer Sean Dyche (46) auf eine intensive, aufopferungsvolle Spielweise und die Rolle als Underdog setzen. Denn gerade so holte man 2016/2017 gegen Liverpool, Manchester United und Chelsea fünf für unmöglich gehaltene Punkte. Bei nur sechs Zählern Abstand auf die Abstiegsränge kein unerheblicher Bonus! In der Transferphase verstärkten sich die Clarets mit Spielertypen, die genau in diese Philosophie passen. Jonathan Walters (33; 2,3 Millionen Euro, Stoke) und Phil Bardsley (32; 800.000 Euro, Stoke) sind Kämpfernaturen und verfügen ebenso wie Jack Cork (28; 9 Millionen Euro, Swansea), der dem Spiel mehr Struktur verpassen soll, über viel Premier League Erfahrung.

Der Abgang von Innenverteidiger Michael Keane (24) für eine Rekordablöse von knapp 30 Millionen Euro zum FC Everton wiegt natürlich enorm schwer. Allerdings hat Burnley dank der hohen Ablösesumme nicht nur die Chance, noch einen kompetenten Ersatz zu holen, sondern auch eine Entlastung für die treffsicheren Sam Vokes (27, 10 Tore) und Andre Gray (26, 9 Tore) zu verpflichten.

Zwei derartige Neuzugänge würden dem gesamten Kader, mit den unspektakulären, aber bisher klug gewählten Verstärkungen, etwas Schwung verleihen und qualitativ abrunden.

 

Prognose

Es wird sicherlich nicht der schönste Fußball sein, aber sollten die Clarets in den verbleibenden Wochen des Transferfensters noch ein glückliches Händchen beweisen, haben sie eine realistische Chance auch eine dritte aufeinanderfolgende Premier League Saison zu bestreiten. Der Trainer, die Erfahrung und die Heimstärke sprechen im Abstiegskampf für sie, wenngleich es sehr eng werden dürfte. 

 

Im Fokus

(Photo by Nathan Stirk/Getty Images)

Robbie Brady (25) kam im Winter für stolze 15 Millionen Euro vom Zweitligisten Norwich und verlieh den Clarets durch seine Standards und kluge Ideen neue Element in der Offensive. Der Mittelfeldspieler aus der Jugend von Manchester United galt schon immer als hochtalentiert, allerdings auch als inkonstant und etwas brotlos. Mit 25 Jahren ist es für ihn wohl allmählich an der Zeit, zu zeigen, ob er sich für ein größeres Team empfehlen kann. Dafür braucht sein Spiel endlich ein Endprodukt (nur ein Tor und zwei Assists in der Rückrunde 2016/2017).

Newcomer

Der ablösefreie Charlie Taylor (23; Leeds United) sollte in seiner ersten Saison im englischen Fußballoberhaus auf Anhieb hinten links gesetzt sein. Bei seinem ehemaligen Arbeitgeber wurde er 2015/2016 zum Spieler der Saison gewählt. Nun hat der Engländer die Chance, sich auf der großen Bühne zu etablieren.

 

 

Teil 2 mit Manchester City, Leicester City, Watford & Huddersfield Town

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Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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