Bremens Allzweckwaffe auf links: Augustinsson im Porträt

14. August 2017 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Er ist 23 Jahre alt, geboren in Stockholm, schwedischer Nationalspieler und soll die linke Seite bei Werder Bremen möglichst langfristig beackern. Schon früh stand der Transfer von Ludwig Augustinsson vom FC Kopenhagen zu Werder Bremen fest, die Norddeutschen überwiesen 4,5 Millionen Euro an die Dänen und statteten den Spieler mit einem Vertrag bis 2021 aus. Augustinsson will in Bremen vor allem eines: überzeugen.

In Kopenhagen hätte Augustinsson international spielen können, der Spieler entschied sich aber ganz bewusst der Aufgabe Bundesliga und folgt Thomas Delaney, der ebenfalls aus Kopenhagen an die Weser wechselte und einen guten Eindruck hinterließ.

Erst Schweden, dann Dänemark

Augustinsson kommt aus der Jugend des Stockholmer Vereins IF Brommapojkarna. Hier debütierte er in der Profimannschaft im Jahr 2011 und etablierte sich fortan als Stammkraft, absolvierte 27 der 30 Saisonspiele, stieg in die höchste Spielklasse, die Allsvenskan auf, verließ danach aber im Januar 2013 den Klub und schloss sich dem mehrfachen schwedischen Meister IFK Göteborg an. Hier spielte der Linksverteidiger zwei Jahre, ehe er zum FC Kopenhagen wechselte. Dieser Wechsel wurde zum 1. Januar 2015 vollzogen, die Dänen zahlten eine Ablösesumme in Höhe von 1,3 Millionen Euro für den damaligen Juniorennationalspieler.

(Photo by Martin Rose/Bongarts/Getty Images)

In der Rückrunde der Saison 2014/15 stand er in 15 Ligaspielen für die Dänen auf dem Platz, dabei erzielte der offensiv ausgerichtete Augustinsson einen Treffer und bereitete 6 vor. Er fand sich schnell in Dänemark zurecht und etablierte sich sofort als Stammspieler beim FC Kopenhagen. Die Saison 2015/16 war erneut ein großer Erfolg. 39 Pflichtspiele, 1 Tor und 12 Torvorlagen – diese Konstanz war der nächste logische Schritt in der Entwicklung von Augustinsson. Auch in der abgelaufenen Spielzeit konnte dieses Niveau noch einmal verbessert werden. 2 Tore und 18 Vorlagen in 50 Pflichtspielen sind definitiv eine Empfehlung für die Bremer. Augustinsson ist ein absoluter Dauerbrenner.

Konstante Fortschritte, noch mehr Potenzial

Die Entwicklung des Schweden ist also bisher absolut beeindruckend, er zeigte kaum Schwächen, war selten einmal nicht bei 100 % und arbeitet permanent, um noch besser zu werden. 2015 wurde Augustinsson mit der schwedischen U21-Nationalmannschaft etwas überraschend Europameister und schlug Portugal im Finale nach Elfmeterschießen, er selbst verwandelte. Bisher verlief die Karriere des Ludwig Augustinsson absolut nach Plan, er ging bei seinen Vereinswechseln jeweils den nächsten, klugen, folgerichtigen Schritt und macht dies auch beim Wechsel in die Bundesliga.

Es ist durchaus anzunehmen, dass Augustinsson auch in Bremen sofort gut zurechtkommen wird. Die Eindrücke in der Vorbereitung sind bereits positiv, die ersten Pflichtspiele werden aber entscheidend sein. Bei den Bremern kann er den nächsten Schritt gehen, ist in der Bundesliga konstant auf höherem Niveau gefordert und kann sein Potenzial weiterhin ausschöpfen. Das Ende der Entwicklung ist definitiv noch nicht erreicht, Augustinsson muss aber über kurz oder lang internationale Erfahrungen sammeln, auch im Verein. Die Entwicklung in Bremen unter Alexander Nouri ist absolut positiv, dennoch ist noch nicht absehbar, ob die internationalen Ambitionen in den kommenden Jahren verwirklicht werden können.

Offensivstark und ausbalanciert

Die Qualitäten des Schweden sind absolut vielseitig. Die vielen Torvorlagen, die er bisher in seiner Karriere gegeben hat, untermauern seine offensive Ausrichtung. Augustinsson schaltet sich so viel wie möglich in die Offensive ein, verfügt über eine gute Übersicht und ein sicheres Passspiel. Seine Flanken sind gefährlich und variantenreich, sofern flache Bälle als auch hohe Flanken, sowohl von der Grundlinie als auch aus dem Halbfeld kann er für Gefahr sorgen. Zudem tritt er gerne Standards und bringt sich im Kombinationsspiel in der Offensive ein, wählt kluge Laufwege und beschäftigt so die gegnerische Defensive über 90 Minuten. Außerdem besitzt er eine enorme Beschleunigung, kann mühelos bei eigenen, schnell vorgetragenen Angriffen in eine gefährliche Position kommen.

(Photo by JONATHAN NACKSTRAND/AFP/Getty Images)

Sobald er in Bremen die Laufwege der Angreifer verinnerlicht hat, wird er auch hier einige Tore vorlegen, möglicherweise auch selbst erzielen. Ein Außenverteidiger, dem einige Scorerpunkte zuzutrauen sind, ist für Mannschaften besonders wichtig, die häufiger mit einer Dreierkette auflaufen. Natürlich hat er nicht nur Stärken in der Offensive, auch defensiv schafft er es, die Balance aufrecht zu erhalten. Seine Schnelligkeit erschwert es den Gegnern ihn zu überlaufen, ihn auszudribbeln, dazu ist er im Zweikampf robust und setzt seinen Körper gut ein. Natürlich gibt es auch kleine Schwachstellen, so ist der rechte Fuß nicht ganz so ideal ausgeprägt wie der starke linke, zudem muss er noch ein wenig am defensiven Stellungsspiel und am Kopfballspiel feilen.

Ideal für das System Nouri

Alexander Nouri hat Werder Bremen stabilisiert, sie flexibler gemacht und mit seinen verschiedenen Interpretationen eines Hybrids aus Dreier- und Fünferkette dafür gesorgt, dass Werder nur schwer ausrechenbar ist. Vor allem durch die Vielzahl an polyvalenten Spielern kann Bremen in der gleichen Formation verschiedene Ausrichtungen annehmen und unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Viele Neuzugänge gab es nicht in Bremen, Nouri will eher an Stellschrauben drehen, die vorhandenen Spieler und Qualitäten noch besser einsetzen. Mit Augustinsson ist aber eine immens wichtige Verstärkung gelungen, denn der Schwede bringt alles mit, um auf der linken Seite der Dreierkette je nach Aufgabenverteilung alleine sowohl eine offensivere als auch eine defensivere Herangehensweise umzusetzen.

Selbst wenn in der Innenverteidigung im Bereich der Dreierkette Personalmangel herrscht ist Augustinsson ein Kandidat. Dort will Werder nach der Verletzung von Niklas Moisander aber noch einmal nachlegen, ein Einsatz in diesem Bereich ist also eher unwahrscheinlich. So bleibt die linke Seite, auf der er sich Konkurrenz in Form von Ulisses Garcia oder dem deutlich offensiveren Florian Kainz stellen muss. Die ausbalancierteste Wahl wird aber Augustinsson sein. Damit kann der Schwede also auch in Bremen mit kontinuierlichen Einsätzen rechnen und versuchen sein Scorerkonto zu füllen, wie er es bisher immer getan hat.

 

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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