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Bei Thiago-Abgang: Die möglichen Nachfolger bei Bayern im Check

21. Juli 2020 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Thiago Alcantara ist aus der Mannschaft des FC Bayern nicht wegzudenken. Der Spanier agiert in der Schaltzentrale, ist im Mittelfeldzentrum Initiator zahlreicher Angriffe. Zudem ist er ein wesentlicher Faktor im Gegenpressing, vereint also defensive und offensive Elemente.

Nachdem es zunächst so aussah, als würde Thiago Alcantara (29) seinen 2021 auslaufenden Vertrag beim Rekordmeister verlängern, deutet sich derzeit ein Abgang an. Der Spanier soll das Angebot des FC Bayern abgelehnt haben, gleichzeitig liegt aber noch keine konkrete Offerte für den Mittelfeldspieler vor. Dennoch: In München muss man entsprechende Pläne entwerfen, falls Thiago wechselt.

  • Thiago-Abgang im Sommer denkbar
  • Fünf Kandidaten für den FC Bayern im Check
  • Interne Lösung schwer vorstellbar

Interne Lösung beim FC Bayern?

Wirft man einen Blick auf das Mittelfeldzentrum beim FC Bayern, dann stellt man fest, dass mit Leon Goretzka (25), Joshua Kimmich (25), Corentin Tolisso (25), Michael Cuisance (20), Adrian Fein (21) und Javi Martinez (31) durchaus viel Personal vorhanden ist. Ist eine interne Lösung also eine Option? Sehr wahrscheinlich nicht. Goretzka und Kimmich gelten zwar als Topspieler, dahinter ist aber mit einem Qualitätsverlust zu rechnen.

(Photo by Christian Kaspar-Bartke/Bongarts/Getty Images)

Cuisance bringt viele Anlagen mit, um in die Rolle des Spielgestalters zu schlüpfen, der junge Franzose muss aber noch konstanter werden und braucht Zeit, um sich weiter zu stabilisieren. Auch Adrian Fein, zuletzt nach Hamburg verliehen, ist eher ein langfristiges Projekt. Javi Martinez wird im Sommer sehr wahrscheinlich ebenfalls wechseln, auch um Tolisso gibt es Gerüchte.

Derzeit deuten die Medienberichte eher darauf hin, dass der Rekordmeister selbst ohne einen Thiago-Abgang im Mittelfeld nachlegen möchte. Gehen Thiago und Martinez und wird ein Spieler wie Fein noch einmal verliehen, herrscht enormer Handlungsbedarf. Eine interne Lösung ist also aus qualitativer und quantitativer Sicht sehr unwahrscheinlich. Dementsprechend müssen sich die Verantwortlichen mit externen Lösungen befassen – und wir stellen einige der möglichen Kandidaten vor.

Tanguy Ndombele (23, Tottenham)

Erst im Sommer 2019 wechselte Tanguy Ndombele von Olympique Lyon zu den Tottenham Hotspurs, kostete damals stolze 60 Millionen Euro. Doch vollends überzeugen konnte der 23-jährige bei den Spurs nicht, Ndombele absolvierte nur rund 1500 Spielminuten. Schnell berichteten verschiedene Medien, dass es zwischen Trainer Jose Mourinho (57) und Ndombele kriselt und der Spieler den Verein verlassen will – und sogar darf.

Die Gerüchte um einen Abgang halten sich nun schon länger, Klarheit herrscht nicht. Die Gerüchte, wonach Tottenham ein Auge auf Pierre-Emile Höjbjerg (24, Southampton) geworfen hat, sorgen nur für noch mehr Spekulationen. Doch würde Ndombele als Spielertyp überhaupt in das Mittelfeld des Rekordmeisters passen?

(Photo by IAN KINGTON/AFP via Getty Images)

Grundsätzlich ja. Ndombele bringt zwar insgesamt nicht das gesamte Skillset eines Thiago mit, das findet man aber auf dem europäischen Markt im Prinzip überhaupt nicht. Der 23-Jährige ist ein sehr dynamischer Spieler, der auch im Passspiel über sehr gute Qualitäten verfügt. Darüber hinaus ist er pressingresistent und kann auf engem Raum potenziell gefährliche Situationen lösen. Wird er noch konstanter und dominanter, könnte aus ihm ein absoluter Topspieler im Mittelfeld werden.

Ismaël Bennacer (22, AC Mailand)

Ein weiterer, sehr spannender Spieler ist Ismaël Bennacer, der bei den Rossoneri in Mailand unter Vertrag steht. Bennacer ist einer der besten Spieler in der Serie A und hat sich nach seinem Wechsel von Empoli nach Mailand im vergangenen Sommer hervorragend entwickelt. Schon in Empoli zeigte Bennacer sehr spannende Ansätze, in einer Mannschaft mit höherer Qualität konnte er diese nun noch einmal deutlich übertreffen.

32 Spiele absolvierte der Algerier im Mittelfeld der Rossoneri in dieser Saison, ein Tor und eine Vorlage gelangen ihm dabei. Bennacer agiert aus dem tiefen Zentrum heraus, verteilt die Bälle sehr klug. Seine Bewegungen unter Druck ähneln durchaus denen eines Thiago, zudem ist er ein sehr giftiger und zweikampfstarker Spieler, der im Defensivbereich häufig hervorsticht, sich auch gerne einmal eine gelbe Karte abholt.

Bennacer gibt keinen Zweikampf verloren, behält in Drucksituationen sehr oft eine gute Übersicht und verfügt über eine gute Risikobewertung. Er weiß, in welchen Situationen er den Ball mit Dynamik nach vorne treiben kann und wann es sinnvoller ist, das Tempo zu drosseln. Wird Bennacer, der mit 22 Jahren noch viel vor sich hat, auch offensiv noch effizienter, könnte ihm der entscheidende letzte Schritt gelingen. Möglich machen könnte einen Wechsel eine Ausstiegsklausel – diese liegt allerdings bei 50 Millionen Euro.

Marc Roca (23, RCD Espanyol)

Im Sommer 2019 wollte der FC Bayern München verschiedenen Medienberichten zufolge Marc Roca von Espanyol verpflichten. Der defensive Mittelfeldspieler machte nicht zuletzt durch eine gute U21-Europameisterschaft auf sich aufmerksam, ein Wechsel kam am Ende aber nicht zustande. Roca blieb bei Espanyol – und stieg nach einer schwachen Saison mit dem Klub in die zweite spanische Liga ab.

Das dürfte dafür sorgen, dass Marc Roca in diesem Sommer vergleichsweise günstig zu haben sein wird. In Zeiten der Auswirkungen der Corona-Pandemie sind Schnäppchen auch bei den großen Klubs gerne gesehen. Doch wie hat sich Roca in der Abstiegssaison geschlagen?

 (Photo by Eric Alonso/Getty Images)

Im Wochenrhythmus herausragen konnte Marc Roca in dieser Saison nicht. Dennoch zählte er zu den Lichtblicken bei Espanyol, deutete seine Klasse immer wieder an. Allerdings ging die zunehmende Verunsicherung auch an ihm nicht spurlos vorbei, die Leistungen schwankten.

Seine Fähigkeiten würden jedenfalls dem Anforderungsprofil entsprechen. In Topform ist Roca ein guter Passspieler, der vor allem durch seine präzisen langen Bälle besticht und defensiv über viele Stärken verfügt. Der Spanier könnte im Sommer bei vielen Klubs eine Rolle spielen, die im Mittelfeld eine Verstärkung verpflichten wollen.

Fabian Ruiz (24, SSC Neapel)

Auf der Suche nach starken Spielern im Mittelfeld führt kein Weg an Fabian Ruiz vorbei. Ruiz spielt für die SSC Neapel, ist dort ein enorm wichtiger Dreh- und Angelpunkt im Zentrum. Er ist kein klassischer defensiver Mittelfeldspieler, sondern etwas offensiver ausgerichtet. Auch Fabian Ruiz verfügt über ein sehr gutes Passspiel, eine ausgeprägte Dynamik und sein Abschluss aus der Distanz ist hart und präzise.

Ihm gelingt es oft sehr gut, die Balance im Mittelfeld herzustellen. Die Mischung aus Vorstößen nach vorne und einer gewissen Absicherung beizubehalten funktioniert sehr gut, neun Torbeteiligungen in der noch laufenden Saison sprechen außerdem eine klare Sprache.

(Photo by Francesco Pecoraro/Getty Images)

Der 24-Jährige hat kaum Schwächen in seinem Spiel, was für potenzielle Interessenten Fluch und Segen zugleich ist. Denn der Spanier ist noch bis 2023 an die Partenopei gebunden und Verhandlungen mit der SSC Neapel gestalten sich häufig sehr schwierig. Fabian Ruiz ist ein sehr spannender Spieler, aber auch sehr teuer. Und das ist in diesem Sommer ein sehr entscheidender Faktor.

Houssem Aouar (22, Olympique Lyon)

Ein Spieler, der über fantastische Anlagen verfügt, aber bisher doch recht weit von der Thiago-Rolle entfernt war, ist Houssem Aouar von Olympique Lyon. Seine Ballbehandlung ist ein Genuss, seine Technik vom Allerfeinsten. Im Dribbling ist er außerdem eine Waffe, weswegen er bei OL auch vorwiegend im offensiven Mittelfeld respektive auf der höheren Achterposition eingesetzt wird.

Eines ist klar, wenn man Houssem Aouar als Kandidaten sieht: Er wäre ein Projekt. Denn im defensiven Bereich hat der 22-jährige noch viel Nachholbedarf. Es entspricht nicht seinem Naturell, in dieser Art und Weise defensiv zu denken, wie es Thiago oder beispielsweise ein Spieler wie Bennacer macht. Aouar ist eher ein Freigeist, der sich durch technische Finessen auszeichnet.

(Photo by JEAN-PHILIPPE KSIAZEK / AFP)

Im Spielaufbau könnte Aouar durchaus aus der Tiefe brillieren und die Angriffe initiieren, ob er allerdings das Zeug dazu hat, auch defensivtaktisch noch den ein oder anderen Schritt nach vorne zu machen und seinen Spielstil anzupassen, darf zumindest kritisch hinterfragt werden. Angesichts der hohen Ablöse, die Olympique Lyon für ihn fordern dürfte, ist dieser Transfer nicht sehr wahrscheinlich.

Fazit: Den perfekten Thiago-Ersatz gibt es nicht

Sollte Thiago Alcantara den FC Bayern im Sommer wirklich verlassen, gibt es einige interessante Spieler und diese fünf Namen sind nur eine kleine Auswahl spannender Mittelfeldspieler. Der Rekordmeister hätte durchaus die Mittel, um zu reagieren. Und in München dürfte man gegenwärtig bemüht sein, sich einen guten Plan zurecht zu legen. Denn das Transferfenster ist bis Anfang Oktober geöffnet, die Thematik rund um Thiago kann sich also noch in die Länge ziehen.

Einen idealen Ersatz, der Skillset und Qualität mitbringt, gibt es für den FC Bayern leider nicht. Es gibt aber einige Spieler, die dem Qualitätsspektrum von Thiago nahe kommen. Und das sollte den Verantwortlichen des Rekordmeisters, so bitter ein Verlust des 29-Jährigen auch wäre, Mut machen.

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(Photo by Alex Grimm/Bongarts/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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