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Bundesliga | Dose vs. Lederhose: Ist RB Leipzig bereit für den Titel?

19. März 2021 | Trending | BY Victor Catalina

Spotlight | Vier Punkte trennen den FC Bayern und RB Leipzig momentan. Am 3. April steigt das große Duell um den Titel. Aber ist die Mannschaft von Julian Nagelsmann überhaupt bereit dafür? Eine Analyse.

RB Leipzig: Konstanz als erster Schritt zum Erfolg

Am 6. April 2013 gewann der FC Bayern 1:0 in Frankfurt und löste damit Borussia Dortmund offiziell als Deutschen Meister ab. Seit diesem Spiel sind exakt 2903 Tage vergangen, am Status quo hat sich aber nichts geändert, die Schale steht nach wie vor in der Münchener Vitrine. In den letzten beiden Saisons versuchte der BVB erfolglos, der Bundesliga wieder einen schwarzgelben Anstrich zu verpassen, nun ist RB Leipzig in der Position des Bayern-Jägers.

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Seit dem Aufstieg 2016 hat sich die Mannschaft stark weiterentwickelt. Während man in den ersten Jahren unter Ralph Hasenhüttl (53) ausschließlich auf High-Energy-Pressing und Konterfußball setzte, machte man vor allem letzte Saison, der ersten von Julian Nagelsmann (33) als RB-Trainer, einen weiteren Schritt nach vorne, wurde taktisch noch variabler, lernte, auch in Ballbesitz Spiele zu dominieren und agierte verstärkt aus einer Favoritenrolle heraus.

Diese Spielzeit lief für RB vielversprechend an. Aus den ersten fünf Spielen gab es vier Siege und ein Unentschieden. Dann jedoch musste man sich in Gladbach erstmals geschlagen geben. Dass man von dieser Partie am 31. Oktober bis Anfang Januar, einem 1:3 gegen die andere Borussia aus Dortmund keine Niederlage kassierte und lediglich in München (3:3), Frankfurt (1:1) und gegen den 1. FC Köln (0:0) unentschieden spielte, spricht für diese Weiterentwicklung. In den Vorsaisons hatte RB vor allem gegen vermeintlich kleinere Gegner Punkte liegengelassen. So konnte man nach der COVID-19-Pause zuhause gegen Freiburg (1:1), Paderborn (1:1), Hertha BSC (2:2) und Düsseldorf (2:2) nur vier von zwölf möglichen Punkten holen.

Resiliente Rasenballer: Die Kunst, Rückschläge wegzustecken

In dieser Saison hat RB Leipzig vor allem, was die Resilienz angeht, einen großen Schritt nach vorne gemacht. So war man beispielsweise in der Champions League nach der 0:1-Niederlage in Paris unter Druck, aus den letzten beiden Gruppenspielen gegen Basaksehir und Manchester United sechs Punkte holen zu müssen, um das Achtelfinale zu erreichen – und RB lieferte. Ein spektakuläres Spiel in Istanbul gewann man dank eines Treffers von Alexander Sørloth (25) in der Nachspielzeit 4:3. Gegen den englischen Rekordmeister führte man bereits 3:0 und zitterte das 3:2 letztendlich über die Zeit.

 

 

Auch in der Bundesliga zeigten die Nagelsmänner, dass sie mit dem FC Bayern mithalten können. Christopher Nkunku (23) brachte die Seinen in Führung. Nach einem Doppelschlag von Jamal Musiala (18) und Thomas Müller (31) stellte Justin Kluivert (21) postwendend auf 2:2. Kurz nach der Pause gab es dank Emil Forsberg (29) sogar die zweite Gästeführung des Abends, bevor Müller den Münchenern zumindest den Punkt rettete. Zudem gelang den Leipzigern Ende Februar noch die Aufholjagd, als Borussia Mönchengladbach ziemlich unvermittelt 2:0 in Führung ging.

Aber es ist nicht nur die Resilienz während der Spiele selbst, die RB momentan auszeichnet. Nach der 2:3-Niederlage in Mainz vergrößerten die Münchener mit einem 4:0 auf Schalke ihren Vorsprung auf sieben Punkte, die neunte Meisterschaft in Folge schien damit nur noch Formsache. Aber anstatt mental zu kollabieren und den Fokus einzig auf die erneute Champions-League-Qualifikation zu legen, punktete RB konsequent weiter – und wurde belohnt. Mitte Februar ließ der Rekordmeister binnen weniger Tage gegen Bielefeld (3:3) und in Frankfurt (1:2) fünf Punkte liegen. Genau auf diese Art und Weise haben die Münchener selbst in den letzten Jahren die ein oder andere titelbringende Aufholjagd gestartet.

Knackpunkt Spitzenspiele: Die letzte Reife fehlt RB

Mit diesen Voraussetzungen hat RB Leipzig nicht nur das Fundament geschaffen, um den FC Bayern nach fast 3000 Tagen als Meister abzulösen. Inzwischen steht sogar das Haus. Was fehlt, sind Anstrich und Möblierung. Denn so konstant, wie sich der Tabellenzweite der Bundesliga im Moment zeigt, die Galaauftritte gegen große Gegner sind rar gesät. Einzig gegen Manchester United und Paris Saint-Germain (2:1) konnte man drei Punkte holen. In München reichten zwei Führungen nicht zum Sieg, von Borussia Dortmund (1:3) ließ man sich nach der Pause überrollen. Auch in Wolfsburg kam man nicht über ein 2:2 hinaus. Gegen Frankfurt gab es zweimal ein 1:1.

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Im Achtelfinale der Champions League bekam man es mit einem äußerst biederen wie verletzungsgeplagten FC Liverpool zu tun. Eigentlich eine gute Gelegenheit, um international auf sich aufmerksam zu machen. Stattdessen war man über 180 Minuten mehr oder minder chancenlos und verlor nach Hin- und Rückspiel auch in der Höhe verdient 0:4. Besonders die Tatsache, dass man ohne eigenen Treffer ausschied, lässt an der Titelreife der Mannschaft zweifeln.

Es sind genau diese großen Spiele, in denen der FC Bayern regelmäßig Ergebnisse liefert. Den BVB kämpften sie zweimal nieder (3:2, 4:2), Atlético Madrid wurde mit einem satten 4:0 nach Hause geschickt, dem VfL Wolfsburg (2:1) und Bayer Leverkusen (2:1) brachten sie kurz vor Weihnachten jeweils die erste Saisonniederlage bei.

Fazit

In den vier Jahren seit dem Aufstieg hat man bei RB Leipzig viel richtig gemacht, den Verein zuerst in der Bundesliga stabilisiert und anschließend Stück für Stück in der absoluten Spitze etabliert. Die Verpflichtung von Nagelsmann darf dahingehend als Meilenstein gelten.

Unter ihm sind sie noch variabler geworden, können sowohl mit einem echten Stürmer wie Yussuf Poulsen (26) oder Alexander Sørloth, als auch – wie in München – mit Emil Forsberg als falscher Neun auflaufen. Es wird spannend sein, ob sich RB im Sommer auf Trainersuche begeben muss, sollte sich Hansi Flick (56) in Richtung DFB orientieren.

Was RB Leipzig abgeht, um endgültig zum Titelkandidaten zu werden, sind die Auftritte in Spitzenspielen. Am vergangenen Wochenende wäre ein Sieg gegen Eintracht Frankfurt zumindest strategisch wichtig gewesen, da man diese Woche das Freitagsspiel bekommen hat und mit drei Punkten in Bielefeld und der vorübergehenden Tabellenführung Druck auf den FC Bayern hätte ausüben können. Am übernächsten Spieltag steht das Spitzenduell gegen die Münchener an. Will RB nochmal in den Titelkampf eingreifen, ist ein Sieg eigentlich Pflicht. Sollte mit einer Niederlage der Rückstand erneut auf sieben Punkte anwachsen, käme das der endgültigen Entscheidung im Titelrennen gleich. Die kommenden Tage sind die ultimative Reifeprüfung. Julian Nagelsmann und sein Team bringen theoretisch alles mit, um sie auch zu bestehen. Es liegt nun an ihnen, diese Fähigkeiten auch in Punkte umzuwandeln.

 

 

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Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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