Neuer Ärger in Lille: Droht sogar der Zwangsabstieg?

13. Dezember 2017 | News | BY 90PLUS Redaktion

Platz 18 im Klassement der Ligue 1, die unwürdige Posse um Ex-Trainer Marcelo Bielsa und nun auch noch Stress mit den Aufsichtsbehörden der französischen Beletage – der OSC Lille macht es seinen Anhängern in dieser Saison wahrlich nicht leicht. Aufgrund eines nach Meinung der Ligakommission unzureichenden Finanzkonzepts wurde gegen den LOSC eine Verpflichtungssperre
verhängt und im Falle ausbleibender Einnahmen gar der Zwangsabstieg in Aussicht gestellt. 

Auf der offiziellen Internetpräsenz der Ligue de Football Professionnel (LFP) findet sich lediglich ein dürres Statement zum Thema: „Interdiction de recruter“, also ein Verbot, neue Spieler zu verpflichten. Erlassen wurde das Dekret von der DNCG, der gefürchteten Direction nationale du contrôle de gestion, eine unabhängige Kontrollinstanz, die in regelmäßigen Abständen die
wirtschaftliche Tragfähigkeit aller französischer Profiklubs unter die Lupe nimmt.

 

Keine Routineangelegenheit

Neben den Nordistes haben nur der Zweitligist Paris F.C. und die notorisch klammen korsischen Vertreter von AC und Gazelec Ajaccio Sanktionen vom Finanzwächter zu befürchten, es handelt sich also keinesfalls um eine Routineangelegenheit. Was genau die Aufsichtsbehörde beanstandet hat, bleibt unklar, das vorgelegte Finanzkonzept des neuen LOSC-Präsidenten Gérard Lopez scheint sie jedenfalls nicht überzeugt zu haben. Französische Medien wie der Radiosender „RMC“ glauben zu wissen, dass Lopez und der übrigen Vereinsführung auferlegt wurde, bis zum nächsten Audit vor der Kommission im Frühjahr 2018 zusätzliche Einnahmen in Höhe von 25 Millionen Euro nachzuweisen, andernfalls drohe der Zwangsabstieg.

(Photo by PHILIPPE HUGUEN/AFP/Getty Images)

Notverkäufe als Lösung?

Anstatt im Januar noch einmal ordentlich einkaufen zu gehen und damit die missliche Tabellensituation – Lille rangiert nach 17 Spieltagen auf Relegationsplatz 18 – zu verbessern, könnten die Verantwortlichen beim vierfachen Meister gezwungen sein, einiges an Tafelsilber zu veräußern und damit einen ohnehin nur leidlich konkurrenzfähigen Kader weiter zu schwächen.

„France Football“ spekuliert bereits, dass Leistungsträger wie die beiden brasilianischen Mittelfeld-Thiagos – Maia und Mendes – zum Verkauf stehen könnten, wobei der Verlust des konstanteren Mendes den Verein sicher härter treffen würde. Auch Rechtsverteidiger Kevin Malcuit und das brasilianische Sturmtalent Luiz Araújo werden als potentielle Wechselkandidaten genannt.

Abgänge dieser Güteklasse würden zwar kurzfristig Geld in die Kriegskasse spülen, doch wären sie gleichzeitig sportlich nur schwer zu verkraften. Zudem bedeuteten sie die abrupte Abkehr von den hochfliegenden Plänen einer LOSC-Renaissance, wie sie Neu-Besitzer Lopez noch im Sommer mit opulenter Inszenierung angekündigt hatte. Diese Pläne allerdings existierten angesichts der
Demission der als Aufschwungsgaranten verpflichteten argentinischen Trainerlegende Marcelo Bielsa ohnehin bestenfalls noch in der Theorie.

(Photo by FRANCOIS LO PRESTI/AFP/Getty Images)

À propos Bielsa: Demnächst begibt sich die Führungsspitze des LOSC erneut zum Ligabüro nach Paris und verhandelt vor dem LFP-Rechtsausschuss eine Vertragsauflösung mit dem Ex-Heilsbringer. Bielsa besteht auf 9,5 Millionen Euro an vertraglich vereinbarten Gehaltszahlungen und hat über seinen Anwalt bereits verlauten lassen, dass er nicht an einem Vergleich interessiert ist. Die Finanzlage könnte sich also weiter verkomplizieren.

 

Mangelnde Sorgfalt der Kommission?

Von Vereinsseite aus wurde lediglich kommuniziert, dass man die „überraschende Entscheidung der Kommission zur Kenntnis nimmt“ und bereit sei, „die Empfehlungen der DNCG umzusetzen und damit die solide wirtschaftliche Basis des Projekts zu gewährleisten.“ Pierre Ménès, bekannter Fußballanalyst beim Pay-TV- Sender „Canal +“, lenkt den Fokus derweil auf die Arbeit der Kommission
selbst:

„Es ist durchaus erstaunlich, dass die DNCG der Übernahme des LOSC durch Herrn Lopez im Sommer bedenkenlos grünes Licht erteilt hat und das gleiche Finanzkonzept nun plötzlich nicht mehr sattelfest sein soll.“

Sicherlich ein bedenkenswerter Einwand, doch wird den Lillois nicht anderes übrigbleiben, als die Vorgaben der gestrengen Ligahüter zu erfüllen, auch wenn es eine Gratwanderung am sportlichen Abgrund nach sich ziehen könnte.


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