KOMMENTAR: Meldesperre für Real und Ateltico Madrid

9. September 2016 | News | BY Christoph Albers

Am gestrigen Donnerstag bestätigte die FIFA die Meldesperre (sowie Geldstrafen) gegen die letztjährigen Champions League-Finalisten Real Madrid und Atletico Madrid. Beide Vereine haben jedoch bereits angekündigt vor den CAS ziehen zu wollen, um die Strafen noch abzuwenden. Eine Aufhebung der Strafen wäre jedoch relativ überraschend, schließlich hat man beim FC Barcelona, in einem vergleichbaren Verfahren, auch davon abgesehen das Urteil der FIFA zu kippen

 

Die eigentliche Frage für uns ist aber jetzt, was bedeutet die Transfer- bzw. Meldesperre für die betroffenen Klubs?

In erster Linie heißt es natürlich, dass sie in den kommenden beiden Transferfenstern (1.1.-31.1.17; 1.7.-31.8.17) keine Spieler mehr melden können. Sie dürfen zwar Spieler verpflichten, wie es der FC Barcelona mit Arda Turan und Aleix Vidal gemacht hat, aber diese können erst zum Winter gemeldet und dann auch erst eingesetzt werden. Das hat natürlich Auswirkungen, diese werden wir im Folgenden genauer unter die Lupe nehmen.

 

Sommertransferfenster 2016:

Da die Sperren bereits im Januar 2016 verhängt wurden, aber durch den Einspruch aufgeschoben wurden, hatten beide Klubs bereits im abgelaufenen Transferfenster die Möglichkeit sich auf die drohende Sperre vorzubereiten und einige Spieler zu verpflichten. Barcelona hat es im Sommer 2014 vorgemacht, damals verpflichteten die Katalanen u.a. noch Luis Suarez, Ivan Raktitic, Claudio Bravo, Marc-Andre Ter Stegen, Jeremy Mathieu und Thomas Vermaelen. In der Saison holten sie dann auch das Triple.

Atletico hat das Transferfenster auch nochmal genutzt, um sich kräftig zu verstärken. Mit Kevin Gameiro, Nicolas Gaitan und Sime Vrsaljko kamen gleich drei Spieler mit absolutem Stammspieler-Potenzial, ohne dass auch nur ein Stammspieler den Verein verlassen hat.

Bei Real sieht es dagegen anders aus. Mit Alvaro Morata wurde nur ein einziger Spieler verpflichtet, er kam per Rückkauf-Option für 30 Millionen Euro von Juventus Turin zurück. Ansonsten kehrten nur Leihspieler zurück, darunter auch Marco Asensio, dem zuzutrauen ist, dass er eine größere Rolle bei den Königlichen spielen wird. Ansonsten sah man wenig Bedarf, als amtierender Champions League-Sieger auch mehr als legitim.

(Photo by Denis Doyle/Getty Images)

Die kommenden beiden Transferfenster:

Das kommende Wintertransferfenster dürfte für Real Madrid ohnehin keine allzu große Bedeutung haben, der Verzicht auf Transfers dürfte daher zu verkraften sein. In den vergangenen fünf Wintertransferphasen verpflichtete man nur zwei Spieler. Es fällt nur die Möglichkeit weg etwas nach zu justieren, falls es nicht nach Plan läuft oder Verletzungen dazwischenkommen. Allerdings verfügt der Kader über eine ausreichende Breite, sodass hier kein Problem entstehen sollte, vor allem angesichts dessen, dass die wirklich wichtigen Spiele, von denen die Bewertung am Ende abhängt, ohnehin erst in der Rückrunde stattfinden.

Das kommende Sommertransferfenster könnte da schon eher ein Problem werden. Allerdings besteht die Möglichkeit auch dort schon Spieler zu verpflichten, damit sie dann im Winter gut integriert sind und sofort eine Rolle spielen können. Real dürfte auf jeden Fall als Verein attraktiv genug sein, damit Spieler, trotz der Perspektive ein halbes Jahr nur zugucken zu können, kommen. Wobei die Spieler der Top-Kategorie davon sicherlich trotzdem nichts halten, einen absoluten Kracher wird es demzufolge wohl nicht geben. Zumal dieses Konzept beim FC Barcelona mit Arda Turan und Aleix Vidal ja auch nicht so reibungslos funktioniert hat.

Bei Atletico könnte das Wintertransferfenster schon eher ein Problem werden, so hat man doch in den vergangenen fünf Saison jeweils leicht nach justiert. Auch der Saisonstart verlief bisher nicht ganz reibungslos, allerdings ist es noch zu früh, um ein Urteil zu fällen, sodass man daraus sicherlich noch kein Problem ableiten kann. Auch bei den Colchoneros haben wir daher keine größeren Bedenken ob des Wegfalls der Möglichkeit von Wintertransfers.

Die Sommertransferphase wird wie auch bei Real, natürlich, schmerzlicher vermisst werden. Allerdings trauen wir auch Atletico zu, dass sie dennoch Spieler für sich gewinnen können, die jedoch zunächst nicht eingesetzt werden dürfen.

Der Wegfall von Sommertransfers ist für beide selbstverständlich ein klarer Nachteil gegenüber dem Wettbewerb, auch wenn die wirklich wichtigen Spiele erst dann in der Rückrunde folgen, sodass die Beiden auch neue Spieler einsetzen können. Ob es daher Probleme geben wird? Dazu kommen wir jetzt.

 

Mögliche Probleme:

Bei Real Madrid könnte die Innenverteidigung eine mögliche Achillesferse sein. Pepe ist bereits 33, es ist daher fraglich, trotz seiner starken Saison zuletzt, ob er den Standards der Königlichen noch über die kommenden zwei Jahre gerecht werden kann. Auch sein Nebenmann Sergio Ramos ist bereits 30, längere Ausfallzeiten können durchaus auftreten, wenn sie ihrer bereits langen Karriere Tribut zollen müssen. Dahinter steht zwar mit Raphael Varane ein weiterer Spieler mit Top-Niveau bereit, aber die übrigen Optionen werden den Ansprüchen sicherlich nicht gerecht.

Ein weiteres Problem könnte das defensive Mittelfeld sein. Real verfügt zwar über viele Optionen im zentralen Mittelfeld, aber es gibt keinen wirklichen Ersatz für Casemiro, der sich zuletzt unentbehrlich gemacht hat. Ohne ihn fehlt bei Real oft die Balance im Spiel, hier wäre eine gute Alternative durchaus wichtig.

Ansonsten ist der Kader aber top besetzt und auch von der Altersstruktur her sollten in den kommenden beiden Jahren keine Probleme auftreten. Cristiano Ronaldo und Luka Modric sind zwar auch schon jeweils 31, aber bei Ronaldo gibt es keinerlei Anzeichen auf eine nachlassende Physis und für Modric stehen ausreichend starke Alternativen bereit. Da er durchaus verletzungsanfällig idst, verfügt man bereits über einige Erfahrung im Umgang mit seinen Abwesenheiten.

Bei Atletico liegt das größte Problem im zentralen Mittelfeld. Mit Kapitän Gabi (33), Tiago (35) und Augusto Fernandez (30) ist man hier schon ziemlich überaltert. Zwar stehen mit auch durchaus jüngere Alternativen bereit, diese werden aber auch des Öfteren auf anderen Positionen benötigt (Saul und Koke oft außen).

Ein weiteres Problem könnte die Linksverteidigerposition sein. Filipe Luis ist hier eigentlich Monopolist, und der ist auch schon 31. Hier hätte man eventuell nochmal tätig werden können. Auch wenn Neuzugang Vrsaljko hier auch spielen kann, aber er ist natürlich primär auf der rechten Seite eingeplant, wo er mittelfristig den bereits 31-jährigen Juanfran beerben soll. Auf der Seite hat man das Problem also bereits gut gelöst.

Ansonsten ist der Kader auch sehr gut aufgestellt, verfügt über eine gute Breite und Altersstruktur. Mit Oblak, Gimenez, Lucas Hernandez, Koke, Saul, Carassco, Griezmann und Correa verfügt man über einige hochveranlagte Spieler, die sogar noch 25 oder jünger sind. Für diese Spieler kann die Meldesperre also durchaus auch eine große Chance sein.

 

Die Abgangsseite:

Abgänge sind natürlich weiterhin möglich, diese sind von der Sperre selbstverständlich nicht direkt betroffen. Indirekt aber natürlich schon, schließlich kann kein Ersatz verpflichtet werden. Damit sind Abgänge natürlich wesentlich unwahrscheinlicher, die Spieler die da sind werden wohl zum Großteil bleiben (müssen). Demzufolge sind auch gerade die Trainer umso mehr gefordert die Unzufriedenheit der Ersatzspieler zu gering wie möglich zu halten, ansonsten kann es hier zu großen Problemen kommen.

Bei Real gibt es da einige Kandidaten. Vor allem James Rodriguez, Isco und Matteo Kovacic. Gerade James war zuletzt mehrfach mit einem Wechsel in Verbindung gebracht. Er spielte bislang unter Zidane keine allzu große Rolle, wenig für einen Spieler mit seinen Ambitionen. Sein Problem ist im Wesentlichen, dass es im 4-3-3 von Zidane keine klassische „10“ gibt, die beste Position des Kolumbianers. Seine Qualität ist jedoch eigentlich unbestritten, man ist also gut beraten ihn zufrieden zu halten.

Bei Isco und Kovacic ist die Lage etwas anders. Beide sind die logischen Alternativen zu Kroos und Modric, kommen aber nicht an den beiden Platzhirschen vorbei. Für sie könnte die Meldesperre in erster Linie auch eine Chance sein, schließlich wird ihnen kein weiterer Spieler vor die Nase gesetzt, die Problematik bei Modric wurde ja bereits angesprochen. Sie können sich jetzt beweisen und möglicherweise durchsetzen.

Atleticos Kader bietet da weniger Zündstoff. Simeone hat es in den vergangenen Jahren immer geschafft seinen ganzen Kader zu einer Einheit zu formen und keine Konflikte aufkommen zu lassen. Zurzeit scheint auch kein Spieler im Kader zu sein, der ein Problem werden könnte.

Auch nicht Antoine Griezmann, der zuletzt immer wieder mit englischen Klubs in Verbindung gebracht wurde. Er selbst knüpfte seinen Verbleib an den von Coach Simeone, der seinerseits gerade bis 2020 verlängerte. Griezmann selbst ist bis 2021 gebunden. Atletico hat also alle Trümpfe in der Hand und wird auf seinen Verbleib pochen. Damit dürften Gerüchte um seinen Abgang auch weniger werden.

 

Die Chancen:

Dieses Thema ist schnell abgehandelt. Die Transfersperre ist natürlich eine große Chance für die jungen Spieler und die Ersatzspieler. Sie haben nun die Möglichkeit sich zu zeigen, ohne dass ihnen weitere Spieler vor die Nase gesetzt werden.

Bei Real sind das vor allem Varane (obwohl er natürlich schon sehr etabliert ist), Kovacic, Isco, Asensio, Lucas Vazquez und Alvaro Morata.

Bei Atletico kommen da in erster Line Lucas Hernandez, Thomas und Angel Correa in Frage.

 

Fazit:

Die Transfer-/Meldesperre ist natürlich alles in allem nicht gerade positiv für beide Vereine, allerdings sind beide Teams gut gerüstet, um diese Zeit problemlos zu überstehen. Die Herausforderung wird sein alle Spieler bei Laune und möglichst fit und verletzungsfrei zu halten. Für andere Vereine, im Wesentlichen natürlich der FC Barcelona, ist das natürlich ein Wettbewerbsvorteil, aber nur ein äußerst kleiner. Ihre Stellung im nationalen und internationalen Wettbewerb ist, trotz der Finanzkraft der englischen Teams, natürlich nicht gefährdet.

 

Christoph Albers

Cruyff-Jünger und Taktik-Liebhaber. Mag präzise Schnittstellen-Pässe, schwarze Leder-Fußballschuhe, Retro-Trikots und hat einen unerklärlichen Hang zu Fußball-Finanzen. Seit 2016 bei 90PLUS.


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