Aufregung nach dem La Liga Spitzenspiel – eine Nachbetrachtung

27. November 2017 | News | BY Christoph Albers

Das Spitzenspiel der spanischen Elite-Klasse hielt das, was es versprochen hatte. In einem brisanten, teilweise sehr mitreißenden Spiel trennten sich der Tabellenzweite, Valencia, und der Tabellenführer, der FC Barcelona, mit einem 1:1. Doch auch nach dem Spiel kehrte nicht so recht Ruhe ein, zu viele Themen sind noch zu diskutieren.

 

Das Spiel

Valencia spielte im gewohnten 4-4-2 mit Rodrigo und Zaza im Sturm und Guedes auf der linken Seite. Der gesperrte Trainer Marcelino nahm auf der Tribüne Platz. Beim FC Barcelona begann Iniesta auf der linken Seite, Paulinho rückte ins Mittelfeld im variablen 4-4-2/4-3-3 von Trainer Valverde. Vermaelen nahm den Platz in der Innenverteidigung für den gelb-gesperrten Gerard Pique ein.

Die erste Hälfte gehörte klar dem FC Barcelona. Die Katalanen dominierten das Spiel über viel Ballbesitz und ein nahezu perfektes Gegenpressing. Die Gastgeber hatten große Probleme sich aus der eigenen Hälfte zu befreien und konnten den Ball nur selten über mehrere Stationen in den eigenen Reihen halten. Vor allem ein guter Sergio Busquets und ein äußerst aufmerksamer Samuel Umtiti, sowie ein wacher Jordi Alba, sorgten für etliche Balleroberungen. Trotz der sehr guten Spielanlage kam Barça kaum zu Chancen, bis zur 30. Spielminute -dem Aufreger der Partie. Lionel Messi zog aus der Distanz einfach mal ab, Keeper Neto ließ den Ball durchrutschen und kratze ihn erst deutlich hinter der Linie wieder aus dem Tor. Die Unparteiischen hatten die Szene nicht richtig gesehen (es gibt in Spanien noch keine technischen Hilfsmittel) und ließen zu Unrecht weiterlaufen. Im direkten Gegenzug eröffnete sich dem Valencia CF die erste richtige Torchance durch Zaza, der jedoch verzog. Ein Großteil der Barcelona-Spieler hatte aufgehört zu spielen und protestierte – zurecht – wild. Vor der Pause passierte, bis auf eine weitere Gelegenheit durch Luis Suarez, nicht mehr viel.

(Photo MARCO BERTORELLO/AFP/Getty Images)

Nach der Pause war es ein völlig anderes Spiel. Valencia machte mächtig Druck und presste nun deutlich höher, womit Barcelona sichtliche Probleme hatte. Einige einfache Ballverluste, die Valencia so erzeugte, brachten den Gastgeber zurück ins Spiel. In der 60. Minute war es dann soweit, Rodrigo erzielte das 1:0 für Valencia. Semedo musste auf der rechten Seite allein gegen Guedes und Gaya verteidigen (wobei er, wie fast durchgehend in der zweiten Halbzeit, nicht gut aussah), Letzterer brach durch und brachte den Ball in den Fünfmeterraum, wo Rodrigo einschieben konnte. Umtiti macht den Weg am ersten Pfosten frei, weil er auf einen Pass in den Rückraum spekulierte, er hätte das Tor also am ehesten verhindern können.

In der Folge tat sich der FC Barcelona ziemlich schwer mit einer Reaktion. Versuche waren vorhanden, jedoch ohne Fortune. Erst ein genialer Pass von Messi, diagonal über die Kette, auf Jordi Alba, der den Ball im Sprung ins Tor beförderte, brachte den Ausgleich mit sich. Anschließend war Barça sogar noch bemüht die Partie komplett zu drehen, die gelang aber nicht mehr.

Einer wirklich starken ersten Hälfte, in der man es verpasste sich zu belohnen, folgte eine relativ schwache zweite Hälfte des FC Barcelona. Im Endeffekt war definitiv mehr als der eine Punkt für den Spitzenreiter möglich, doch das Spiel zeigt auch, dass noch einiges an Arbeit zu tun ist, um das Beste aus der Mannschaft rauszuholen.

 

Barça-Coach Valverde zum Spiel

Trainer Ernesto Valverde bezog nach dem Spiel zu den wichtigen Themen Stellung…

… über das nicht-gegebene Tor von Lionel Messi:

„Ich denke wir können uns alle darauf einigen, dass eine technische Unterstützung für den Schiedsrichter bei solch klaren Situationen, wenn der Ball die Linie klar überschritten hat, benötigt wird. […] Allerdings hatten wir gegen Malaga auch eine Fehlentscheidung zu unseren Gunsten, als der Ball bereits im Aus war, bevor wir getroffen haben. Niemand weiß, was passiert wäre, wenn das Tor gezählt hätte. Aber es hätte uns auf jeden Fall in Führung gebracht, das wäre ein großer Vorteil gewesen.“ [Sport]

… über das Spiel an sich:

„Beide Teams sind ihrem Stil treu geblieben. Sie waren auf schnelle Konter aus, aber in der ersten Hälfte haben wir sie dominiert und nicht viel hergegeben. Es war ein gutes Spiel, mit einem strittigen Moment, der uns glücklicherweise nicht aus unserem Fokus riss. In der zweiten Hälfte haben sie besser begonnen und das Tor erzielt, aber wir haben versucht Schritte nach vorn zu machen. Wir hatten etwas Probleme mit dem Räumen in unserem Rücken, aber wir konnten ausgleichen und sind sogar noch auf Sieg gegangen. Wir hätten gerne die drei Punkte mitgenommen, aber wir sind zufrieden mit der Art und Weise, wie wir gespielt haben.“ [Sport]

… über mögliche Kritik an der Spielweise:

„Es ist nicht wichtig, was die Leute darüber sagen. Wir wollen das Spiel dominieren und den Ball in unseren Reihen haben. Manchmal hat man mehr Glück als andere, manchmal weniger. Unsere Idee ist es das Spiel immer zu kontrollieren.“ [Sport]

… über den Gegner Valencia:

„Valencia ist ein ernsthafter Titelkandidat, das haben sie bewiesen. Wir sehen das Potenzial, das sie haben.“ [Sport]

(Photo by MARCO BERTORELLO/AFP/Getty Images)

Schiedsrichter Villanueva im Blickpunkt

Die Szene, um die sich alles dreht, das nicht-gegebene Tor, ist unstrittig – der Ball war klar hinter der Linie. Technische Hilfsmittel wären eine große Hilfe gewesen und hätte die Szene selbstverständlich auflösen können, doch auch mit bloßem Auge war es eigentlich klar zu erkennen. Hier muss sich vor allem der Linienrichter die Kritik gefallen lassen.

Ein weiterer Kritikpunkt an der Schiedsricherleistung, der heute in den Medien rund um den FC Barcelona geäußert wurde, ist die fehlende Bestrafung für den Valencia-Torschützen Rodrigo. Er wurde für seinen Perücken-Torjubel nicht mit der gelben Karte bestraft, auch wenn das regeltechnisch richtig gewesen wäre und Villanueva sogar schon dabei war diese zu zücken. Warum sich der Referee letztlich dagegen entschied, ist unbekannt. Vielleicht lässt sich hier mit Fingerspitzengefühl argumentieren, da es sich um eine Geste an den jüngst verstorbenen Ex-Präsidenten Jaime Orti handelte. Aus menschlicher Sicht absolut vertretbar.

Rodrigo beging wenig später ein klares Foul an Paulinho und sah dafür zurecht die gelbe Karte. Das sorgte natürlich für große Ärger auf Barcelona-Seite, da man sich nach der ersten strittigen Szene klar benachteiligt sah. Allerdings bleibt offen, ob er das Foul sonst so begangen hätte. An dieser Stelle lohnt sich die Aufregung sicherlich nicht.

(Photo by JOSE JORDAN/AFP/Getty Images)

Die Spielerbewertung

Wie immer gibt es für jeden der Spieler nach solchen Spielen eine Vielzahl an Bewertungen. Worin sich alle einig sind ist, dass Jordi Alba der beste Barça-Spieler des Abends war. Der Linksverteidiger war wie immer sehr agil, hatte viele Ballkontakte, war offensiv und defensiv sehr präsent, kombinierte gut mit Iniesta und krönte seine Leistung mit dem Tor. Auch Messi, Umtiti (trotz des Fehlers vor dem 1:0) und Ter Stegen bekamen durchweg gute Wertungen.

Das Mittelfeld bekam für eine deutlich schwächere zweite Häfte deutliche Abzüge. Rakitic war meiner Meinung nach der Schwächste, Paulinho war gerade am Anfang sehr stark, Busquets ließ nach einer grandiosen ersten Hälfte stark nach und Iniesta war hintenraus die fehlende Kraft anzumerken.

Harte Kritik gab es unterdessen für Luis Suarez, der vor allem durch viele Abseitsstellungen und unglückliche Entscheidungen auffiel, und für die eingewechselten Spieler (Deulofeu, Aleixs Vidal, Denis Suarez), wobei vor allem Deulofeu sehr schwach war und in fast jeder Aktion den Ball verlor.

Auf Seiten Valencias wussten vor allem die linke Seite um Gaya und Guedes, die in der zweiten Hälfte aufdrehte, und der enorm fleißige Simone Zaza zu gefallen.

 

Nach dem Spitzenspiel

Die Lage an der Tabellenspitze ist nach dem Spiel logischerweise unverändert. Barcelona hat vier Punkte Vorsprung auf Valencia, beide sind noch ungeschlagen. Der Vorsprung der beiden auf Atletico und Real Madrid beträgt noch acht bzw. vier Punkte. In der Liga geht es für Barcelona am Samstag Zuhause gegen Vigo weiter, während Valencia bei Getafe antreten muss. Unter der Woche müssen beide aber erstmal in der Copa del Rey ran. Barça trifft am Mittwoch auf Murcia (19:30) und Valencia am Donnerstag (21:30) auf Zaragoza.

(Photo by Fotopress/Getty Images)

 

Christoph Albers

Cruyff-Jünger und Taktik-Liebhaber. Mag präzise Schnittstellen-Pässe, schwarze Leder-Fußballschuhe, Retro-Trikots und hat einen unerklärlichen Hang zu Fußball-Finanzen. Seit 2016 bei 90PLUS.


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