Warum ein Salary Cap keine Lösung ist – Ein Kommentar

20. Mai 2021 | Trending | BY Christoph Albers

Im Februar dieses Jahres gab Karl-Heinz Rummenigge der italienischen Corriere della Serra ein Interview, in dem er die Idee der Einführung eines Salary Cap im europäischen Fußball ausdrücklich begrüßte. Spätestens damit dürfte allen argwöhnischen Fußball-Fans klar geworden sein, dass dem Fußball damit nicht geholfen wäre. 

Doch auch nach einer inhaltlichen und deutlich ernsteren Betrachtung, liegt der Entschluss nahe, dass die Einführung einer Gehaltsobergrenze weder praktikabel, noch wirklich erfolgsvorsprechend wäre. Ein Kommentar.

Als Ausgangspunkt der Betrachtung dienen drei bisher umgesetzte Fallbeispiele im Profi-Fußball, die jeweils sehr unterschiedliche Schwerpunkte setzen und damit auch sehr unterschiedliche Stärken- und Schwächen-Profile mit sich bringen. Anschließend folgen noch einige weiterführende Überlegungen, warum dieses Instrument weder geeignet, noch wünschenswert ist.

Salary Cap in der MLS – Weder kompatibel noch wünschenswert

Das wohl prominenteste Beispiel eines Salary Cap ist die nordamerikanischen Major League Soccer (MLS), die analog zu anderen US-Sportarten, schon seit ihrer Gründung auf ein solches Modell vertraut. Allgemeinhin wird dieses Modell sehr positiv wahrgenommen und auch im Kontext des europäischen Klub-Fußballs immer wieder als erstrebenswertes Beispiel genannt. Dass dieser Vergleich jedoch schwerst hinkt, wird nicht erst auf den zweiten Blick deutlich.

Die Liga ist eine eigenständige (vom Fußball-Verband losgelöste) Organisation, die sich im Besitz von Investoren befindet, die wiederum ein Recht darauf haben, eine eigene Mannschaft zu stellen. Die Spieler schließen unterdessen zumeist Verträge mit der Liga, nicht direkt mit dem jeweiligen Klub direkt, ab, was der Liga die Möglichkeit gibt die Kosten und die Einhaltung der Gehaltsbestimmungen zu kontrollieren. Darüber hinaus gibt es, neben zahlreichen Nebenbedingungen in der Zusammenstellung der Kader („Roster“ genannt), noch die sogenannten „Designated Players“, deren Anzahl pro Team begrenzt ist, während ihr Gehalt nicht mehr begrenzt ist. 

Das hat natürlich zwei offensichtliche Nachteile:

  1. Das Gehalt ist doch nicht vollständige begrenzt.
  2. Es gibt extreme (!) Differenzen in der Gehaltsstruktur innerhalb eines Teams, die wohl kaum als wünschenswert angesehen werden können. Andererseits gibt es zwar auch ein Minimum-Gehalt, das den Spielraum nach unten begrenzt, was sehr positiv ist (in kleineren europäischen Ligen leben manche Spieler am Existenzminimum, sollte man auch nicht vergessen), aber wohl nicht ausreicht, um die übrigen Probleme auszugleichen.

Umgekehrte Machtverhältnisse

Eines der größten Probleme, das dieses System mit sich bringt, liegt in den kollektiven Tarifverträgen („Collective Bargaining Agreements“), die zwischen Spielergewerkschaft und der Liga ausgehandelt werden und die Gehaltsstrukturen für eine bestimmte Periode regeln. Je nach Verhandlungsposition kann eine Partei, in der Regel die Liga, die Bedingungen restriktiv vorgeben. Gerade in der COVID-Krise, war die Verhandlungsposition der Liga vorteilhaft, weil viele Spieler nicht über längere Zeit auf ihr Gehalt zu verzichten können. Dieser Fall ist wiederum denkbar, wenn sich die Spielervertretung und die Liga nicht auf eine Struktur festlegen können.

In diesem Konstrukt ist es also die Liga, ein Zusammenschluss reicher Investoren, die ihre Macht schamlos ausüben kann, weil sich eine weniger privilegierte Gruppe von Spielern kaum wehren kann. Aus gesellschaftlicher Sicht ein eher unerwünschter Effekt. 

Ein anderes Problem, das damit zusammenhängt, ist sicherlich auch die Frage, wohin das Geld fließt, das (aufgrund des Salary Cap) nicht in die Taschen der Spieler wandert. Die Antwort ist so ernüchternd wie naheliegend: In die Tasche der ohnehin schon wohlhabenden Investoren. Das Bedürfnis nach einem immer größeren Wachstum ist durch die Deckelung der Kosten nämlich keineswegs erloschen. Vielmehr besteht so die Möglichkeit, dass der Gewinn durch immer höhere Einnahmen bei unterproportional ansteigenden Kosten weiter maximiert wird. Die Verlierer: Spieler und Fans.

Was ebenfalls mit diesem Mechanismus einhergeht: Die Attraktivität des Geschäftsmodells (nichts anderes ist es) MLS für Investoren wird immer größer. Die Expansion auf über 30 Teams ist ein sichtbarer Beleg. Es gibt also auch immer mehr Spiele und somit zusätzliche Vermarktungsmöglichkeiten – auf dem Rücken der Fans. Ein Phänomen, dass man aus Europa nur allzu gut kennt.

„Closed Shop“

Dass die Qualität der Spiele damit ebenfalls nicht gerade ansteigt, liegt auf der Hand. Ohne Absteiger gibt es nur diesen Weg. Dieses Fehlen ist, neben der Organisation als Interessengemeinschaft der Besitzer, die zweite wichtige Voraussetzung, mit der sichergestellt wird, dass das Salary Cap nicht systematisch ausgehöhlt wird. Weil also alle Franchises immer in der Liga bleiben und die Liga den Besitzern gehört, profitieren auch alle Besitzer davon, wenn die Liga ausgeglichen und spannend ist. Die Notwendigkeit, das Salary Cap zu umgehen, besteht also gar nicht erst. 

Eine solche Organisation und die Abschaffung der Auf- bzw. Abstiegsprinzips ist im europäischen Fußball eigentlich undenkbar und sollte dies auch bleiben. Dass darüber weitestgehend Konsens besteht, wurde spätestens mit der Debatte um eine mögliche „Super League“ sichtbar. 

Da dieses Modell also offenkundig nicht nach Europa übertragen werden kann, lohnt sich ein Blick auf zwei Modelle aus dem europäischen Fußball. Fangen wir an mit dem Beispiel aus der englischen Football League One und Football League Two (dritte und vierte Liga).

(imago)

Salary Cap in der Football League One & Two – Nicht durchsetzbar

Vor der Saison 2020/21 stimmten die Clubs der englischen dritten und vierten Liga mit ausreichender Mehrheit für die Einführung eines „harten“ Salary Cap. Dieser sah vor, dass kein Klub in Summe mehr als 2,5 Millionen Pfund (League One) bzw. 1,5 Millionen Pfund für Gehälter ausgeben dürfen. 

Das Votum folgte wegen einer ganze Reihe von Fällen, in denen kleinere Klubs in große finanzielle Schwierigkeiten geraten waren, u. a. Derby County, Hull City, Wigan Athletic, Bolton Wanderers und allen voran Bury, das in der Folge aus dem englischen Profi-Fußball verschwand. All das geschah, obwohl es schon eine Art nationales „Financial Fair Play“ gab, dass eine Gehaltsobergrenze abhängig vom Umsatz vorsah. Dass es trotzdem zu diesen Vorfällen kam, wurde als sicheres Anzeichen gewertet, dass es einen härteren Mechanismus zur Vorbeugung benötigen würde.

Nach sechs Monaten schon wieder Geschichte

Schon kurz nach dem Beschluss kam es zur Umsetzung, was sich im Nachhinein als großer Fehler herausstellen sollte. Denn nur knapp sechs Monate später war das „harte“ Salary Cap schon wieder Geschichte, nachdem die Spielergewerkschaft PFA dagegen vorgegangen war. Ihr Vorwurf: Das „harte“ Salary Cap“ sei weder rechtens noch durchsetzbar. Eine durchaus nachvollziehbare Haltung, schließlich ging es vorliegend keineswegs um Spieler, die üppige Millionen-Gehälter verdienen.

Auch in diesem Fall muss man das Motiv betrachten: Das Salary Cap sollte die Kosten der Klubs deckeln und sie vor einer Überschuldung zu schützen. Es ging hier also weder darum, mehr Wettbewerbsgleichheit herzustellen, noch darum, viel zu hohe Spielergehälter einzudämmen.  An der Stelle muss sicherlich auch die Frage erlaubt sein, ob es nicht die Aufgabe der Verantwortlichen der Vereine ist, ihren Klub vor einer Überschuldung zu schützen.

Nun könnte man es sich einfach machen und sagen, dass sie ihre Strafe verdient hätten, wenn sie ihren Job einfach nicht richtig machen. Doch im Fall von Fußball-Klubs greift diese Auffassung zu kurz.

Mehr als ein Business

Die Funktion von Vereinen geht weit über den Spielbetrieb hinaus. Sie sind sind oftmals das Zentrum der lokalen Community und erfüllen üblicherweise wichtige gesellschaftliche Funktionen – mit Angeboten für die Jugend, als Anlaufstelle für Fans und nicht zuletzt als größtmögliche Quelle für Zugehörigkeit und Identifikation. Tritt ein Verein den Weg in die Insolvenz an, hinterlässt es viele verzweifelte Menschen, oftmals verbrannte Erde und Schulden, die oft genug auch den Staat belasten. 

Das Motiv, die Vereine vor der Überschuldung zu schützen, ist also durchaus ein wichtiges und lobenswertes, doch ein „hartes“ Salary Cap ist dabei wohl weder notwendig, noch hinreichend. Die Ursache der Probleme sind sicherlich nicht allein die zu hohen Spielergehälter, weshalb es auch nicht richtig wäre, die Spieler allein dafür zu „bestrafen“. Darauf soll im weiteren Verlauf noch konkret eingegangen werden.

Aus diesem Beispiel kann man auf jeden Fall mitnehmen, dass eine juristisch zulässige Umsetzung alles andere als einfach ist und es extrem wichtig ist, zu prüfen, ob diese Maßnahme geeignet und angemessen ist, um die Ursache der Probleme zu bekämpfen. Während die Variante des „harten“ Salary Cap in England vorübergehend gescheitert ist, ist das umsatzabhängige Salary Cap im spanischen Profi-Fußball bereits seit einigen Jahren etabliert. Grund genug, um auch dieses Beispiel einmal näher zu beleuchten.

(Steven Paston/imago)

Salary Cap in La Liga – Die gewünschte Wirkung umgekehrt 

Im spanischen Oberhaus veröffentlicht die Liga jedes Jahr eine Übersicht mit den Maximalbeträgen, die ein Verein in der folgenden Saison für die kompletten Gehälter (nicht begrenzt auf die Spielergehälter) ausgeben darf. Diese Zahlen basieren, neben ein paar weiteren, kleineren Faktoren (z.B. Anzahl anderer Sportabteilungen), vor allem auf den Umsätzen der jeweiligen Klubs. Die dahinterstehende Logik ist also vergleichsweise einfach: Je größer der Umsatz, desto mehr darf ein Klub für Gehälter ausgeben.

Was auch erstmal nachvollziehbar klingt, funktioniert jedoch ebenso in die andere Richtung. Je geringer der Umsatz, desto weniger darf ein Verein für Gehälter ausgeben. Das ist vor allem insofern problematisch, als dass die Strukturen im Profi-Fußball oftmals langfristiger ausgelegt sind. In diesem Fall sind vor allem die Vertragslaufzeiten ausschlaggebend.

Die Auswirkungen der COVID-Krise auf den FC Barcelona sind hier ein geeignetes Fallbeispiel. Betrachtet man die Umsatzentwicklung der Katalanen in den letzten 15 Jahren, so kann man hier von einem stetigen, monotonen Wachstum sprechen. Von 259 Millionen Euro in der Saison 2005/06, wuchs der Umsatz bis zur Saison 2018/19 auf 841 (!) Millionen Euro an. Der FC Barcelona avancierte damit zum umsatzstärksten Fußballclub der Welt und durfte daher auch hohe Ausgaben für Gehälter tätigen. Bedingt durch den CoronaImpact, sank der Umsatz im Geschäftsjahr 2019/20 aber auf 715 Millionen Euro. Dies brachte wiederum eine Reduzierung der maximalen Summe für Gehälter mit sich. 

Fußball-typische Zeiträume

Barca geriet unter Zugzwang. Neben einer Einigung mit den Spielern, die bereit waren, auf Teile ihres Gehalts zu verzichten, was aber eher der Liquiditätssicherung diente, musste man Spieler mit gut dotierten Verträgen abgeben, um innerhalb des von der Liga vorgegebenen Limits zu bleiben und Strafen zu vermeiden. In der Folge wurden verdiente Spieler wie z.B. Luis Suarez oder Ivan Rakitic für eine geringe Ablösesumme und womöglich sogar einer Abfindungszahlung abgegeben. Damit konnten zwar die Gehaltsausgaben reduziert werden, doch die Gesamtkosten wurden durch die Abfindungen, die nicht zu den Gehaltsausgaben gezählt werden, nicht im gleichen Maße reduziert.

Problematischer als das Thema Kosten, ist aber sicherlich die dahinterstehende Message. Im Krisenfall kann es sein, dass ein Verein durch diese Regel zum Vertragsbruch gedrängt wird. Ein Vorwurf, der sonst immer gerne den Spielern gemacht wird. Nun könnte man zwar sagen, dass die Klubs ja konservativer planen könnten. Doch warum sollte ein Verein seine sportlichen Ambitionen, die oft in direkter Verbindung zu den Gehaltsausgaben stehen (starke Korrelation), freiwillig reduzieren, wenn er wie Barca guten Gewissens von einem Umsatzwachstum ausgehen kann. 

Nun hatte der FC Barcelona natürlich schon vor dieser Krise gewisse finanzielle Probleme. Diese hatten aber keinen Einfluss auf das Gehaltslimit. Die Kernaussage bleibt daher wie folgend bestehen: Ein so geartetes Salary Cap muss zwangsläufig auch die Zeiträume der üblichen Vertragslaufzeiten berücksichtigen, um keine moralisch unerwünschten Auswirkungen zu haben.

Zementierung bestehender Verhältnisse

Das viel größere Problem dieses Mechanismus ist aber ein anderes. Er zementiert die bestehenden Verhältnisse und sorgt damit keineswegs für mehr Ausgeglichenheit im Wettbewerb. So kann Real Madrid in der kommenden Saison beispielsweise bis zu 473 Millionen Euro für Gehälter aufwenden – mehr als doppelt so viel wie Atlético (217 Millionen Euro). Und mehr als 14-mal so viel wie Elche (mit anderen Worten 441 Millionen Euro mehr), das in dieser Hinsicht den geringsten Anspruch hat. Zahlen, die absolut absurd sind und zeigen, dass dieses Instrument sicherlich mehr Schaden anrichtet, als es Nutzen stiftet.

Damit folgt es dem Beispiel des Financial Fair Play der UEFA, das ebenfalls ein vielerorts missverstandenes Instrument ist. Auch beim „FFP“ geht es nicht darum, eine größere Ausgeglichenheit herzustellen, sondern lediglich darum, Überschuldungen zu verhindern und bestehende Strukturen zu festigen. Gerade letzteres ist ein extrem wichtiger Punkt, ansonsten hätten die „großen“ Vereine der Einführung auch niemals zugestimmt. Dass gerade Manchester City und Paris Saint-Germain ihre Probleme damit hatten, ist keineswegs zufällig. Auch wenn sie letztlich keine großen Konsequenzen zu spüren bekamen, waren sie sicherlich ein wesentlicher Grund, warum das „FFP“ überhaupt eingeführt worden ist. Die „großen“ Vereine wollten ihren „Closed Shop“ unter einem irreführenden Titel durchsetzen. Natürlich wissend, dass dies nicht im Interesse der Fans ist. Womit man ferner auch wieder bei Karl-Heinz Rummenigge wäre. 

Die „Nahrungskette“

Somit lässt sich ein weiterer Aspekt feststellen, der mit der spanischen Auslegung der Salary Cap. Die „Nahrungskette“ der Vereine wird ebenfalls zementiert. Will ein Spieler eines kleineren Teams mehr verdienen, liegt häufig ein Vereinswechsel nahe. Folglich muss er entweder zu einem nächst größeren Verein wechseln, weil das Gehaltslimit nur zeitlich versetzt zur Umsatzsteigerung erhöht wird. Kleine Klubs könnten somit indirekt bestraft werden für den eigenen sportlichen Erfolg. Man muss nämlich erst im Nachhinein in die neuen Dimensionen „hineinwachsen.“ Ebenfalls ein wenig wünschenswerter Effekt.

Insgesamt bewirkt das „spanische Modell“ also genau das Gegenteil von dem, was man sich als Fußballfan ursprünglich von der Einführung eines Salary Cap gewünscht hätte. 

Die hier vorgestellten Praxisbeispiele weisen also allesamt signifikante Mängel auf, weshalb sie wohl keineswegs für andere Ligen oder Länder zu empfehlen sind. Doch wie könnte die gewünschte Wirkung auf andere Weise erzielt werden, wenn nicht so? Darum soll es im folgenden Abschnitt gehen. 

(imago)

Andere Ideen – Verantwortung und Nachhaltigkeit sind gefragt

Egal, wie man es dreht und wendet, man kommt nicht drum herum, die Vereine stärker in die Verantwortung zu nehmen. Die Zeit, sich hinter fehlenden Regeln zu verstecken, ist schlichtweg vorbei. Es gibt ausreichend Beispiele, wie es auch ohne den Einsatz großer Mittel, aber mit einer guten Struktur und Vision geht. Daneben gibt es mittlerweile einige Möglichkeiten, um effizient zu rekrutieren und einigermaßen planbar erfolgreich zu sein. Der Schlüssel dazu liegt in einer guten, ausgereiften und konsequent gelebten Philosophie.

Eine selbstgesetzte Gehaltsobergrenze kann dabei ein extrem sinnvolles Tool sein. Es gibt Leitplanken für Entscheidungen vor und die Umsetzung liegt vollends im eigenen Machtbereich. Doch auch hier braucht es eine konsequente Umsetzung, um Glaubwürdigkeit zu erzeugen und den Nutzen greifbar zu machen. 

Es gibt keinen einfachen Weg

Dass dies nicht immer leicht ist, ist auch klar. Aber einen einfachen Weg zum Erfolg wird es wohl kaum geben. Wenn man es sich zu leicht machen will, gibt es Probleme, wie das Beispiel Hannover 96 zeigt. Der Verein führte im Zuge der jüngsten Krise eine Gehaltsobergrenze von 400.000 Euro ein, die zukünftig kein Profi mehr überschreiten solle. Diversen Medienberichten zufolge, soll 96 nun aber bereit sein mehr (bis zu 540.000 Euro) zu bieten, um Innenverteidiger Timo Hübers, trotz großen Interesses anderer Clubs, zu halten. Die dahinterstehende Argumentation ist einfach, Hübers Vertrag läuft im Sommer aus, sodass das Hannoveraner Eigengewächs ablösefrei wechseln könnte, sollte nicht doch noch zu einer Verlängerung kommen.

Nun wäre es sicherlich deutlich teurer, einen Innenverteidiger mit einem vergleichbaren Profil zu verpflichten. Doch der Bruch mit der selbstauferlegten Obergrenze wiegt schwer. Das Vertrauen wäre dahin, sodass sich die Spieler zukünftig nur in eine ausreichend gute Verhandlungsposition bringen müssen. 

(imago)

Folglich ist es allein mit einer Obergrenze nicht getan. Erst ergänzt um interne Regeln zu Vertragsdauern (z.B. mindestens ein Jahr Restlaufzeit, ansonsten muss ein Spieler für eine bestimmte Ablösesumme verkauft werden) und Nachfolge-Planung (reservierte Plätze für eigene Nachwuchskräfte und sog. „Schattenkader“) kann eine interne Grenze sinnvoll und nachhaltig angewendet werden. 

Transparenz und Mitbestimmung

Ein weiterer, wichtiger Schritt wäre die Einführung geeigneter Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz, insbesondere in Hinblick auf eigene Regeln und Werte. Erst dadurch, dass ein Verein wirklich Rechenschaft für sein Handeln ablegt, kann sichergestellt werden, dass alle Beteiligten im Sinne einer nachhaltigen Vereinsführung handeln und nicht den Versuchungen des kurzfristigen Erfolgs erliegen. Die Abkehr von einem reinen Shareholder-Value-Ansatz, der den Hang zum kurzfristigen Denken verschärft, hin zu einem Stakeholder-Value-Ansatz, der auch die Interessen der Fans und der Gesellschaft mit einbezieht, ist dabei nahezu unumgänglich. Die Fans könnten dabei eine sehr wichtige Funktion einnehmen, da ihre Stimme mit großer Wahrscheinlichkeit einen Weg propagiert, der die langfristige Stabilität über den kurzfristiges Risiko stellt. 

Die konsequente Orientierung an den Konzepten der Corporate Citizenship und der Corporate Social Responsibility würde diesen Ansatz zudem sinnvoll ergänzen und den Verein in die Lage versetzen, seiner Verantwortung als gesellschaftliches Gut gerecht zu werden.

Ohne Umverteilung geht es nicht

Doch allein mit Appellen und dem Vertrauen auf die Eigenverantwortung der Vereine wird es sicherlich nicht getan sein. Eine umfangreiche Lizenzierung, die tatsächliche Anreize für erwünschtes Verhalten gibt, ist daher unerlässlich. Eine stärkere Fokussierung auf Nachwuchsförderung und Nachhaltigkeit, die durch Verpflichtungen und Vergütungen vermittelt werden kann, könnte die Vereine auf den richtigen Weg führen. So dürfte die Wahrscheinlichkeit, dass ein Klub seine Nachwuchsspieler auch in der ersten Mannschaft einsetzt, deutlich höher sein, wenn er zuvor große Anstrengungen unternommen hat, um diese zu fördern, was womöglich auch eine Steigerung in der Qualität der Ausbildung und folglich auch der Spieler zur Folge hätte. 

Diese zwei Aspekte könnten auch in der Verteilung der TV-Einnahmen eine größere Rolle spielen. Damit wäre auch der Punkt der Vergütung abgegolten. Eine insgesamt deutlich ausgeglichenere Verteilung der Broadcasting-Einnahmen wäre ohnehin unumgänglich, um eine größere Ausgeglichenheit im Wettbewerb herzustellen. Dies wäre womöglich das wichtigste Ziel eines Salary Cap. Eine stärkere Umverteilung, auch in den Amateurbereich, der die Basis des Fußballs darstellt, wäre folglich die deutlich bessere Maßnahme, im Vergleich zum vielfach problembehafteten Salary Cap.

Was ist das Motiv?

Ohnehin liegt darin vermutlich die wichtigste Frage bezüglich des Salary Cap: Welches Motiv steht im Vordergrund? 

Geht es darum zu verhindern, dass Vereine in Insolvenz anmelden müssen? In diesem Fall ist eine strengere Lizenzierung mit klarer Anreizgestaltung in Sachen Nachhaltigkeit sicherlich sinnvoller. 

Geht es darum zu verhindern, dass Spieler zu viel verdienen? Dann muss man sicherlich erstmal feststellen, was wirklich zu viel ist. Bei einer solchen Betrachtung dürfte schnell auffallen, dass der Prozentsatz der kickenden Millionäre deutlich kleiner ist, als angenommen. Zudem müsste dabei unbedingt die Frage beantwortet werden, wer von dem Geld, das auf diese Weise eingespart wird, zukünftig profitieren soll. Wenn es die noch reicheren Investoren sind, wäre wohl kaum etwas gewonnen. Den Spielern wäre es wohl eher zu gönnen. Es müsste also sichergestellt werden, dass auch die Fans davon profitieren, was wiederum kaum realistisch erscheint. Außer bei einer stärkeren Beteiligung der Fans in die Entscheidungsprozesse. 

Oder geht es darum, eine größere Ausgeglichenheit im Wettbewerb zu erzeugen? In diesem Fall wäre eine faire (auch nach untenhin) Verteilung der Broadcasting-Einnahmen zu bevorzugen, gepaart mit einer umfassenderen und sinnvolleren Lizenzierung, die ein erwünschtes Verhalten der Vereine bedingt, über die Ausgaben für Gehälter hinaus. 

Fazit


Die Einführung eines Salary Cap ist weder die Lösung der Probleme, weil es nicht die eigentlichen Ursachen bekämpft, noch eine wirklich sinnvoll umsetzbare Alternative. Andere Maßnahmen wären deutlich besser geeignet, um notwendige Veränderungen herbeizuführen. Wobei auch klar ist, dass diese Veränderungen ebenfalls nur schwer durchsetzbar sind. Sollte ein Salary Cap in Deutschland oder darüber hinaus eingeführt werden, besteht die große Gefahr, dass es solche unerwünschte Folgen mit sich bringt.

Die Verhältnisse dort würden sicherlich auch einem Herrn Rummenigge gefallen, der damit eine noch größere Planbarkeit vorfinden würde. Nicht falsch verstehen, dieser Redakteur möchte weder Rummenigge persönlich, noch den FC Bayern als das personifizierte Böse darstellen. Doch steht er mehr oder sinnbildlich für die ECA, die Schattengesellschaft der „großen“ Klubs und die Pläne zur sogenannten „Superliga“, die so maßgeblich Einfluss darauf nehmen, wie die Spitze des europäischen Fußballs aussieht, dass man die Zustimmung zur Einführung eines solchen Instruments nicht ohne Argwohn zur Kenntnis nehmen kann. 

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Christoph Albers

Cruyff-Jünger und Taktik-Liebhaber. Mag präzise Schnittstellen-Pässe, schwarze Leder-Fußballschuhe, Retro-Trikots und hat einen unerklärlichen Hang zu Fußball-Finanzen. Seit 2016 bei 90PLUS.


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