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Weißt du noch?…als Marco Roses Salzburger beim BVB siegten

18. März 2021 | Weißt du noch...? | BY Simon Lüttel

Im Frühjahr 2018 stand Borussia Dortmund, wie auch in diesem Jahr, wenige Monate vor einem Umbruch inklusive Trainerwechsel. Der Fokus lag darauf, die laufende Spielzeit mit dem Erreichen des Minimalziels, der Champions-League-Qualifikation, zu beenden. Ein großer Unterschied zur aktuellen Situation ist, dass damals noch offen war, wer den vakanten Trainerposten infolge des Umbruchs besetzten wird. Im Sommer 2021 wird jener Trainer beim BVB anheuern, der den Dortmundern einst im eigenen Stadion als klarer Außenseiter eine empfindliche Niederlage zufügte – Marco Rose.

 

Salzburg vs BVB – Ein Duell der Gegensätze

Die Vereine Red Bull Salzburg und Borussia Dortmund unterscheiden sich auf mehreren Ebenen. Im Jahr 2005 wurde der SV Austria Salzburg von der Red Bull GmbH zu 100% übernommen. Infolgedessen gewann der FC Red Bull Salzburg in den 13 Jahren nach der Übernahme neun Meistertitel in der Bundesliga. Währenddessen beäugte die Führungsetage des BVB das fortschreitende Einflussnehmen von Investoren kritisch und strebt sich gegen den Wandel der zunehmenden Kommerzialisierung im modernen Profifußball. Dass große Teile der aktiven Dortmunder Fanszene das Engagement ebenfalls kritisch sehen, wurde besonders im Februar 2017 deutlich. Damals wurde als der deutsche Schwesterverein Rasenballsport Leipzig mit teils hasserfüllten Plakaten in Empfang genommen.

Im Achtelfinale der Europa League trafen Red Bull Salzburg und Borussia Dortmund erstmals aufeinander. Auch die Stimmungslage der beiden Klubs war zum damaligen Zeitpunkt grundverschieden. Die Mannschaft von Marco Rose führte die Tabelle der österreichischen Bundesliga mit acht Punkten an und war auf dem besten Weg den fünften Meistertitel in Folge zu gewinnen. Zudem blieben die Salzburger vom Verletzungspech verschont und hatten keine Personalsorgen.

Der BVB hingegen spielte eine enttäuschende Saison. Nach einem nahezu perfekten Start unter Peter Bosz folgte eine Talfahrt, die mit der Entlassung des Niederländers im Dezember 2017 endete. Peter Stöger übernahm und sollte den BVB stabilisieren. Dies gelang dem Österreicher in Anbetracht der Ergebnisse weitestgehend. Doch die Art und Weise wie die mit starken Individualisten gespickte Dortmunder Mannschaft spielte, war nicht sonderlich attraktiv und miesfiel einem Großteil der Anhänger. Zum damaligen Zeitpunkt befanden sich die Dortmunder auf dem dritten Tabellenplatz, 21 Punkte hinter dem FC Bayern. Was für den BVB zählte, war die Qualifikation für die Champions League.

Photo by Imago

So verschieden wie die beiden Klubs sind, so verschieden waren ebenfalls die taktischen Herangehensweisen, die von den Trainern gewählt wurden. Während Peter Stöger seine Mannschaft in einem konservativen 4-2-3-1 ohne viele Facetten aufstellte, wählte Marco Rose eine Anordnung, die der Taktik-Laie nur schwer auf den ersten Blick als simple Anreihung von Zahlen zusammenfassen konnte. Der gebürtige Leipziger wählte ein 4-4-2, das sich je nach Spielsituation zu einem asymetrischen 3-1-4-2 oder einem 5-3-2 wandelte. Eine Schlüsselrolle spielte Xaver Schlager, der in Defensiv- und Offensivformation verschiedene Positionen auf der linken Seite besetzte.

 

Aufstellung und Statistiken:

BVB: Bürki – Castro, Toprak, Sokratis, Schmelzer – Weigl, Dahoud – Schürrle, Götze (61. Pulisic), Reus – Batshuayi (61. Phillipp)

Bank: Weidenfeller, Guerreiro, Zagadou, Sahin, Isak

Trainer: Peter Stöger


RBS: Walke – Lainer, Caleta-Car, Ramalho, Ulmer – Schlager (73. Minamino), Berisha, Samassekou, Haidara (90.+1. Yabo) – Dabbur, Hwang (69. Gulbrandsen)

Bank: Stankovic, Onguené, Leitgeb, Wolf

Trainer: Marco Rose


Tore: 0:1 Berisha (49.), 0:2 Berisha (56.), 1:2 Schürrle (62.)

Gelbe Karten: Toprak (48.), Lainer (59.), Schürrle (70.), Caleta-Car (79.), Minamino (88.), Weigl (89.)

 

Salzburg beim BVB: Intensive erste Halbzeit mit wenigen Großchancen

Dass der Europapokal-Abend des 8. März 2018 für den BVB nicht ideal verlaufen sollte, zeichnete sich bereits wenige Augenblicke nach Anpfiff der Partie ab. Der sonst so ballsichere Julian Weigl wurde vom aggressiven Pressing der Salzburger Doppelspitze überrascht und spielte nach vier Sekunden den ersten Fehlpass. Die Mannschaft von Rose stand in der Defensive sicher, was nicht bedeutete, dass die Salzburger in einem tiefen Block um den eigenen Strafraum verteidigten. Die Mozartstädter attackierten in gut getimten Pressingwellen, mit den die BVB-Profis sichtbar schlecht zurechtkamen.

Die Anfangsphase verlief ohne große Höhepunkte. Die Mannschaft von Stöger war bemüht den Takt anzugeben und hatte ein Übergewicht an Ballbesitz, doch spielerisch taten die Dortmunder sich schwer. Lediglich ein Abschluss von André Schürrle nach einem Eckball in der 6. Spielminute sorgte dafür, dass im Strafraum der Salzburger kurz Unruhe herrschte.

Der Plan des Salzburger Trainerteams ging auf. Die Defensive verteidigte kompakt und in den Umschaltmomenten deutete sich mehrfach an, dass der erste Treffer der Salzburger zeitnah folgen könnte. In der 40. Minuten kamen die Österreicher zur ersten Großchance der Partie. Mit einem ideal getimten Steilpass fand Schlager den einlaufenden Hwang, der erst am gut reagierenden Dortmunder Schlussmann und im Nachschuss an Marcel Schmelzer scheiterte. Kurz vor dem Ende der Halbzeit häuften sich die Konzentrationsfehler in der BVB-Defensive. Erst sorgten zwei Eckbälle für Gefahr im Dortmunder Strafraum und anschließend spielte Ömer Toprak einen Rückpass, der Roman Bürki in Bedrängnis brachte.

Dass der BVB die individuell bessere Mannschaft stellte, spiegelte sich in der ersten Halbzeit zwar an den Ballbesitzanteilen, aber nicht im Chancenverhältnis wieder. Die Salzburger wirkten hochkonzentriert und setzten den Matchplan diszipliniert um. Die Salzburger legten den Fokus darauf, das Aufbauspiel des BVB zu stören, keine Chancen zuzulassen und mit schnellen Angriffen nach Ballgewinnen von Überzahlsituationen zu profitieren.

Salzburg: Berisha bestraft die BVB-Fehler

Wenige Minuten nach Anpfiff der zweiten Halbzeit ließ sich Toprak zu einem ungeschickten Foul an Hwang im Strafraum hinreißen. Den daraus resultierenden Elfmeter verwandelte Valon Berisha zur nicht unverdienten Salzburger Führung.

In der 56. Minute traf die Mannschaft von Rose ein zweites Mal. Schmelzer konnte dem Druck der Salzburger Pressing-Maschinerie nicht standhalten und spielte einen Fehlpass in die Füße von Xaver Schlager, der den Ball mit einem Kontakt zu Amadou Haidara weiterleitete. Der Malier legte mit hohem Tempo einige Meter in Richtung Sechzehnmeterraum zurück und band Rechtsverteidiger Stefan Lainer ins Spiel ein, welcher den Ball zurücklegte. Berisha zog direkt ab und ließ Bürki keine Chance. Zwischen dem Ballgewinn und dem erfolgreichem Torabschluss lagen lediglich elf Sekunden. Während Schmelzer sich noch vehement bei dem dritten Offiziellen über das robuste Einsteigen Lainers beschwerte, befanden sich die Spieler des österreichischen Serienmeister schon in einer Jubeltraube.

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Infolge des zweiten Treffers reagierte Stöger mit einem Doppelwechsel. Fünf Minuten nach dem zweiten Treffer der Partie verließen Michy Batshuayi und Mario Götze den Platz. Christian Pulisic und Maximillian Phillipp ersetzten die beiden Offensivspieler. Der Wechsel sollte Wirkung zeigen. Unmittelbar nach dem Wechsel bekam Pulisic auf Höhe der Sechzehnerkante den Ball, sprintete zur Grundlinie und bereite mit einer halbhohen Flanke den Anschlusstreffer vor, den der eingelaufene Schürrle erzielte.

In den letzten 30 Minuten der Partie zeigten sich die Dortmunder zwar bemüht, große Chancen auf den Ausgleich ergaben sich gegen die kompakt verteidigenden Salzburger jedoch nicht. Unter Pfiffen des Publikums beendete Schiedsrichter Slavko Vincic die Partie nach Ablauf der dreiminütigen Nachspielzeit.

Salzburg besiegt BVB – Individuelle Klasse gegen kollektive Stärke

Obwohl es angesichts des Engagements des Red Bull-Konzerns etwas seltsam wirken mag, die Salzburger als Außenseiter darzustellen, waren die Rollen klar verteilt. Der FC Red Bull Salzburg ist eine klassische Zwischenstation für talentierte Jungprofis, die den Verein als Sprungbrett nutzen und kein Gigant des europäischen Fußballs. Die Strategie des Red-Bull-Konzerns sieht es nicht vor, dass die Youngster dort dauerhaft verbleiben. Dass die begehrtesten Spieler den Verein verlassen, wiederholt sich und nicht selten profitiert der deutsche Schwesterverein aus Leipzig. Was im BVB-Duell den Unterschied machte, war nicht die Kaderqualität, sondern die Art und Weise, wie die beiden Teams die Partie angingen.

Rose steht für einen intensiven Spielstil mit systematischem Pressing sowie einem schnellen Umschaltspiel, mit hohem Vertikalfokus, bei dem lange Ballbesitzphasen nicht vorgesehen sind. Dass Rose und Co-Trainer Rene Maric, Mitgründer des Taktikportals spielverlagerung.de, nicht nur eine klare taktische Philosophie vertreten, sondern ebenfalls mit Flexibilität überzeugen können, zeigte der Formationswechsel vom 4-4-2 auf das variable 3-1-4-2/3-5-2. Der BVB spielte im gewohnten 4-2-3-1, worauf sich die Bullen vor der Partie bestens einstellten und die eigene Marschroute anpassten. Besonders der zweite Treffer der Mozardstädter war exemplarisch für Roses Spielphilosophie und bestätigte ihn in seiner Herangehensweise.

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Durch ein 0:0 im Rückspiel belohnten die Salzburger sich für einen cleveren und disziplinierten Auftritt in der Fremde. Beim BVB hingegen war man um die Erkenntnis reicher, dass der anstehende Umbruch unvermeidlich war.

In den Folgemonaten wurde in Dortmund eine Trainerdiskussion geführt, auch Rose soll zwischenzeitlich Teil des Kandidatenkreises gewesen sein. Schlussendlich fiel die Wahl der BVB-Verantwortlichen auf den Schweizer Lucien Favre. Für Rose und sein Trainerteam öffnete sich ein Jahr später dennoch die Tür zur Bundesliga. Borussia Mönchengladbach aktivierte Roses Ausstiegsklausel und verpflichtete den gebürtigen Leipziger im Sommer 2019.

Nach zwei Jahren in Gladbach steht im kommenden Sommer der nächste Karriereschritt für Marco Rose und sein Trainerteam an. Über einen Wechsel zum BVB wurde lange spekuliert, ehe im Februar die Bestätigung des Wechsels nach Dortmund folgte. Eine Ausstiegsklausel im Vertrag des 44-Jährigen ermöglichte den BVB-Verantwortlichen eine Verpflichtung zum 01. Juli 2021.

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